• 28.07.2010 19:13

  • von Pete Fink

Exklusiv: IndyCar-Chef Randy Bernard im Interview (1)

Es geht aufwärts: Der neue IndyCar-Chef Randy Bernard erklärt gegenüber 'Motorsport-Total.com', wie seine Pläne aussehen - hier der erste Teil

(Motorsport-Total.com) - IndyCar-Chef Randy Bernard wird in einigen Wochen eine ausgedehnte Europa-Reise unternehmen. Neben Italien und Großbritannien wird der neue starke Mann der IndyCars auch Deutschland besuchen, um mit einigen Herstellern über ein mögliches Engagement in den USA zu sprechen. Im Vorfeld dessen nahm sich der 43-Jährige Zeit, und sprach mit 'Motorsport-Total.com' in aller Ausführlichkeit über die aktuellen IndyCar-Themen. Hier der erste Teil des Exklusiv-Interviews.

Titel-Bild zur News: Randy Bernard IndyCar-Chef

IndyCar-Chef Randy Bernard sprach mit 'Motorsport-Total.com'

Frage: "Randy, zuerst einmal mitten in die Aktualität: Wie sehen Sie die Sache rund um Helio Castroneves, die am vergangenen Wochenende in Edmonton geschah?"
Randy Bernard: "Die Regel war klar und wurde auch im Fahrermeeting deutlich angesprochen. Ich habe aber auch mitbekommen, dass es eine Menge Fans gibt, denen diese Regel nicht gefällt. Wichtig ist jedoch, dass diese Regel angewendet wurde. Die Rennleitung hat dabei die völlige Unterstützung der IndyCars und auch von mir selbst. Trotzdem müssen wir uns alle Regeln ansehen und sicherstellen, dass sie auch im Interesse des Sports sind. Ich kann Helios Ärger und seine Emotionen zwar nachvollziehen, aber es war wirklich nicht passend, dass sie genau dann geschehen sind, als viele TV-Kameras der ganzen Welt darauf gerichtet waren."#w1#

Frage: "Ein etwas unglücklicher Zwischenfall also?"
Bernard: "Ja. Und auch eine Frage des Sportsgeistes, das ist gar keine Frage. Wir werden uns mit Helio zusammensetzen und ihm klar machen, was wir bei den IndyCars erreichen wollen. Helio ist immerhin ein Riesenvorbild für viele Kinder."

Frage: "Mit anderen Worten: Helio wird um eine Strafe nicht herum kommen?"
Bernard: "Ja, er wird irgendeine Form der Strafe erhalten."

Wie eine Ente auf dem Wasser

Randy Bernard IndyCar-Chef

Randy Bernard ist seit viereinhalb Monaten in Amt und Würden Zoom

Frage: "Nach alldem, was in den vergangenen Wochen und Monaten passiert ist, kommt man nicht um den Eindruck herum, dass ihr Job kein Leichter ist. Wie würden sie selbst ihre ersten Monate als neuer Chef der IndyCars zusammenfassen?"
Bernard: "Als Erstes ist es eine Ehre, in einen Sport zu kommen, von dem ich vor viereinhalb Monaten so gut wie nichts wusste. Ich habe viel gelernt und was mich besonders beeindruckt hat: Es gab unglaublich viele Menschen, die mir dabei geholfen haben. Ich habe noch nie zuvor in meinem Leben so viele leidenschaftliche Fans getroffen, die mich alle sehr herzlich begrüßt haben."

"Im Prinzip habe ich seither nichts anderes gemacht, als Wasser aus einem Feuerwehrschlauch zu trinken. Also soviel wie möglich in kürzester Zeit aufzusagen. Die Tradition, die Kultur. Und natürlich, wie wir die wichtigen Fragen der Zukunft des neuen IndyCars entscheiden. In erster Linie das neue Chassis und die neuen Motoren."

Frage: "Ist dieser neue Job für Sie ganz persönlich schwieriger als Sie dachten? Oder eher etwas leichter?
Bernard: "Ich erwartete nichts anderes als eine große Herausforderung und genau das ist dieser Job auch. Mir war klar, dass mir eine Menge Herausforderungen bevorstehen würden, gleichzeitig aber auch eine ganze Menge an Möglichkeiten. Manchmal fühlte ich mich wie eine Ente auf dem Wasser. Von außen betrachtet, treibt sie einfach nur im Wasser, aber von unten sieht man, dass sich die Beine in einem irrsinnigen Tempo bewegen. Aber ich liebe diesen Job und ich verstehe auch zu 110 Prozent, was meine Aufgabe ist. Es ist also genau das, was ich auch erwartet habe."

Ab sofort nur noch IndyCars

Tony George und Kevin Kalkhoven

Tony George und Kevin Kalkhoven beendeten 2008 ihren Dauerstreit Zoom

Frage: "Vor knapp 20 Jahren war die IndyCar-Serie sehr bedeutend. Sie machte in Europa sogar der Formel 1 Konkurrenz. Dann kam der unsägliche Split, der die IndyCars ziemlich weit zurückgeworfen hat. Nun ist die Serie seit zweieinhalb Jahren wiedervereinigt. Glauben Sie, dass die ganzen alten Streitereien nun endgültig und ein für allemal beigelegt worden sind?"
Bernard: "Ja, das glaube ich. Seit Mitte der 1990er Jahre haben wir zehn bis 20 Millionen Fans verloren. Es ist eine meiner Hauptaufgaben, diese Fans wieder zurück zu gewinnen. Wir wissen, dass diese Menschen da draußen irgendwo noch sind. Und es ist mein Job, die Leidenschaft, die sie früher einmal für den Formelsport aufgebracht haben, wieder zu entflammen."

"Jetzt sind wir wiedervereinigt und ich glaube, dass wir sagen können, dass wir die besten und vor allem die vielseitigsten Piloten der Welt haben. Und genau diese Vielseitigkeit unterscheidet uns von NASCAR und der Formel 1. Es gibt nun einmal keine andere Serie, die Rennen auf den Short-Tracks, auf den großen Superspeedways, auf Rundstrecken und auf Stadtkursen austrägt. Das wollen die Fans sehen und genau das muss unsere Message sein, die wir nach außen tragen."

Frage: "Sie sind also davon überzeugt, dass die IndyCars nun wieder an einem Strang ziehen und mit einer Stimme sprechen?"
Bernard: "Definitiv. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass alle Beteiligten sehen wollen, wie die IndyCar-Serie wieder wächst. Es ist eine sehr gute Sache rund um meine Person, dass ich eben keine Verbindungen mit der früheren Politik habe. Für mich gehören ChampCars und die IRL in die Vergangenheit. Die IRL hat ihren Ruf durch den Split, aber den Begriff IndyCars kennt man auf der ganzen Welt. Deswegen möchte ich, dass wir alle in Zukunft nur noch von den IndyCars sprechen. Das ist für uns sehr wichtig."

Frage: "Roger Penske und Chip Ganassi erklärten beim Indy 500 beide, dass die IndyCars nun ihren Wendepunkt erreicht haben. Stimmen Sie ihnen zu?"
Bernard: "Ja, das tue ich. Vergangenes Jahr erlebten wir in bestimmten Märkten einen Rückgang. Aber jetzt befinden wir uns in einem echten Aufschwung. Wir haben in den letzten zwölf Monaten 14 neue Sponsoren für die IndyCars gewinnen können. Das alleine ist ein großartiger Indikator und in meinen Augen ein ganz wichtiger Schritt. Denn auf diese Weise sind wir nun in der Lage, eine echte Marke zu schaffen und den Fans ganz deutlich mitzuteilen, dass es uns wieder gibt."

Die besten Piloten der Welt

Danica Patrick

Danica Patrick ist eine der wenigen US-Amerikaner bei den IndyCars Zoom

"Was auch wichtig ist: Wir haben es geschafft, von 18 Autos nun auf regelmäßig 25 Autos zu erweitern. Ich bekomme fast jede Woche Anrufe von Menschen, die versuchen bei den IndyCars als Teambesitzer aufzutreten. Wir werden also sehen, dass wir im Laufe der Zeit immer mehr Autos an den Start bringen können. Speziell 2012, wenn unser neues Auto kommt."

Frage: "Trotzdem ist klar, dass die IndyCars derzeit zwei ganz große Probleme haben: Die Einschaltquoten und die Tatsache, dass nur ganz wenige US-amerikanische Piloten mitfahren. Wie gehen Sie mit diesen beiden Problemen um?"
Bernard: "Das sind zwei sehr gute Fragen. Die Einschaltquoten bei 'Versus' sind nicht gut, das ist klar. Aber die langfristige Perspektive bei 'Versus' ist sehr gut. 'Comcast', die Muttergesellschaft von 'Versus', ist gerade dabei, 'NBC' zu kaufen. Die Angelegenheit liegt gerade bei den Behörden und den Juristen, und sollte bis Dezember erledigt sein. Wenn dieser Deal durchgehen sollte, dann wäre dies eine sehr große Hilfe für uns. Denn dann würde sich die Anzahl der Haushalte massiv erhöhen, die 'Versus' empfangen können."

"Dazu kommt: Es ist mein Job, dass wir auch die entsprechenden Überschriften schaffen, damit die Fans einen Grund haben, unsere Rennen anzusehen. Wir können es uns nicht leisten, dass wir Leute haben, die eine nervöse Fernbedienung in den Händen halten. Wir wollen Fans, die sich vor dem Fernseher auf unsere Rennen freuen. Dazu brauchen wir gute Geschichten und eine gute Übertragung. Einfach ein gutes Entertainment."

"Und zu den Piloten: Für mich ist es wichtiger, dass wir die besten Fahrer der Welt haben. Das steht bei mir an Nummer eins. Man kann nicht glaubwürdig die IndyCars vertreten, wenn du nicht die besten Fahrer der Welt hast. Natürlich können wir einen besseren Job erledigen, um Amerikaner in die Serie zu bringen. Natürlich ist es unsere Priorität, dass diese Amerikaner dann bei uns und nirgendwo anders fahren. Ich will aber nicht, dass ein Amerikaner einem anderen ein Cockpit wegnimmt, wenn derjenige besser ist."

Nicht nur der Blick auf die USA

Milka Duno

Milka Duno kann bei den IndyCars ganz einfach nicht mithalten Zoom

"Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich glaube nicht daran, dass die IndyCars ein Klub der reichen Männer sein sollten. Ich finde, es sollte ein Sport sein, in dem die besten Piloten der Welt fahren. Ich glaube nicht daran, dass man sich seinen Platz im Startfeld mit Sponsorendollars kaufen sollte. Das ist etwas, um was ich mich wirklich von ganzem Herzen kümmern möchte. Das will ich ändern."

Frage: "Sie sprechen dabei von Milka Duno?"
Bernard: (lacht; Anm. d. Red.) "Das haben sie gesagt!"

Frage: "Naja, das ist ja nahe liegend..."
Bernard: "Natürlich. (lacht immer noch; Anm. d. Red.) Die Leute sind zu mir gekommen und haben mich nach meiner Meinung gefragt. Klar ist sie eine tolle Botschafterin des Sports. Sie erreicht jede Menge Menschen und es ist wirklich sehr schade, dass sie einfach nicht auf die Qualität der Kollegen kommt. Also ist es auch nicht fair, sie auf der Strecke zu sehen. Das nimmt in meinen Augen Glaubwürdigkeit von unserer Serie weg."

Frage: "Das klingt aber alles danach, als würden Sie wollen, dass die Serie etwas internationaler wird?"
Bernard: "Egal wo wir hinkommen, möchte ich Partnerschaften aufbauen. Echte Partnerschaften, also keine lockeren Dates, sondern Ehen. Wenn wir in eine Stadt kommen, egal ob in den USA oder außerhalb, dann müssen beide etwas davon haben. Natürlich bleibt die USA unser Kernmarkt und wird es auch immer sein, schließlich kommen die meisten unserer Sponsoren aus den USA. Wenn es also außerhalb Amerikas geht, dann muss das für alle einen Bonuseffekt haben."

Im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews mit Randy Bernard spricht der IndyCar-Chef über Danica Patrick, Simona de Silvestro, einen deutschen Piloten und was es mit seiner Europa-Reise auf sich hat. Teil zwei wird am Donnerstag auf 'Motorsport-Total.com' veröffentlicht.

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