• 22.05.2013 23:59

  • von Pete Fink

Buddy Lazier: Der erfahrene Underdog

Der ganz große Außenseiter: Wie Buddy Lazier zu seinem Indy-500-Comeback kam und was sich der Ex-Champion des Jahres 1996 am Sonntag ausrechnet

(Motorsport-Total.com) - Die Underdogs sind beim Indy 500 oft die Würze in der Suppe. Katherine Legge war am vergangenen Wochenende eine dieser positiven Überraschungen, die quasi aus dem Nichts auf Startplatz 33 fuhr. Doch es gibt in diesem Jahr noch eine weitere erfolgreiche Meldung, mit der vor wenigen Wochen niemand gerechnet hatte. Und im Gegensatz zur 32-jährigen Britin, die einen dritten Sam-Schmidt-Honda fährt, ist das Unternehmen rund um Buddy Lazier sozusagen eine echte One-Man-Show. Oder besser gesagt: Eine One-Family-Show.

Titel-Bild zur News: Buddy Lazier

Kann Buddy Lazier dem IndyCar-Establishment einheizen? Zoom

Doch der Reihe nach. Buddy Lazier ist nicht nur der Indy-500-Sieger des Jahres 1996. Der mittlerweile 45-Jährige aus Vail im US-Bundesstaat Colorado wird am kommenden Sonntag in sein 17. Indy 500 starten. Neben seinem Sieg anno 1996 kam er noch zweimal auf Rang zwei (1998 und 2000), einmal auf Platz vier (1997), einmal auf P5 (2005) und einmal auf Rang sieben (1999). Sein letzter Start war in der Saison 2008, als er mit fünf Runden Rückstand als 17. gewertet wurde. Sein bislang letzter Qualifikationsversuch 2009 scheiterte.

Lazier ist ohne jeden Zweifel einer der letzten Indy-500-Spezialisten aus einer fast vergangenen Fahrergeneration. Ein Publikumsliebling, dessen Lazier-Chevrolet mit der Startnummer 91 am kommenden Sonntag bei der Präsentation eine Menge Applaus der rund 250.000 erwarteten Zuschauer bekommen wird. Und wenn es für den Indy-Veteran der Start Nummer 17 sein wird, so wird sein Dallara-Chassis das zweite Indy 500 erleben. Denn vor genau einem Jahr begann das Unternehmen von Lazier Partners Racing, so der offizielle Team-Titel, Formen anzunehmen.

Der Hintergrund dazu heißt Jean Alesi. Buddy Lazier war im Mai 2012 dessen Fahrercoach, der dem oval-unerfahrenen Franzosen die nötigen Tipps und Tricks beibrachte. Der Rest des Alesi-Unterfangens ist bekannt: Mit dem unterklassigen Fan-Force-Team und vor allem den leistungsschwachen Lotus-Motoren war kein Kraut zu gewinnen. Im Winter verabschiedete sich Lotus endgültig von den IndyCars, das Dallara-Chassis war aber noch da. So schlug die Stunde der Laziers, die sich zusammen mit einigen Geldgebern das Auto für kolportierte 300.000 US-Dollar leisteten.

In 77 Runden auf P32

Buddy Lazier

Familienunternehmer Buddy Lazier fährt am Sonntag sein 17. Indy 500 Zoom

Im Gegensatz zu 2012 gab es dieses Jahr auch genügend Motoren und Lazier leistete sich einen der Short-Deals mit Chevrolet, der rund 125.000 US-Dollar an Leasinggebühren kostet. Das bedeutet: Es gibt nur einen Motor und der muss die gesamte Trainingszeit plus Qualifikation und Rennen halten. Das Team, das die Startnummer 91 betreut, rekrutiert sich zu großen Teilen aus der alten Conquest-Mannschaft von Eric Bachelaert, der zusammen mit Buddys Papa Bob Lazier vor Ort nach dem Rechten sieht.

Unter diesen Vorraussetzungen ließ es das Team verständlicherweise langsam angehen. Am Donnerstag gab es ein paar Shakedown-Runden, um sicher zugehen, dass alle Systeme vorschriftsgemäß laufen. Am Fast-Friday drehte Lazier 18 Runden und verzichtete am Pole-Samstag auf einen ernsthaften Run. Erst im Freien Training am Sonntagmorgen ließ der Routinier sein Auto fliegen und kam in seiner schnellsten Runde auf einen Schnitt von 225,167 Meilen pro Stunde. Lazier wusste: Seine 91 war nun bereit für das Indy 500.

Dementsprechend "fast ein wenig enttäuscht" zeigte er sich von seinen vier fliegenden Runden, bei denen er am sonntäglichen Bump-Day einen offiziellen Schnitt von 223,442 Meilen pro Stunde erreichte. Doch das war genug. Weil Michel Jourdain Jr. in seinem Rahal-Honda noch größere Probleme erlebte, stand der Lazier-Chevrolet sicher auf Startplatz 32. Nach insgesamt nur 77 absolvierten Runden auf dem 2,5 Meilen langen Indianapolis Motor Speedway. "Ich bin begeistert", war seine erste Reaktion. "Wir sind ein sehr kleines Team und hatten fast keine Streckenzeit. Das war eine sehr große Herausforderung für uns."

Und das Wichtigste: Das Auto hat bis jetzt gehalten. Mehr noch: "Mein Auto aus der Saison 2009 hatte ganz einfach nicht den nötigen Speed", urteilt Lazier. "Dieses Auto jetzt hat diesen Speed." Und er hat Lunte gerochen. "Die meiste Zeit waren wir mit dreiviertelvollen Tanks unterwegs. Am Carb-Day muss ich jetzt noch ein wenig Dirty-Air schnuppern und danach sehen wir für das Rennen vielleicht recht gut aus." Am Freitag ist die letzte Trainingsmöglichkeit für das 97. Indy 500.

Seltsame Dinge passieren ...

Buddy Lazier

Buddy Lazier startet am Sonntagabend aus der letzten Reihe Zoom

Und mit welchen Erwartungen geht der so erfahrene Underdog Lazier nun ins Rennen? "Ganz ehrlich: Ich habe mich noch nicht getraut, überhaupt an einen Sieg zu denken. Aber wer weiß? Im Motorsport sind schon seltsame Dinge geschehen. Ich kann mich zumindest auf meine Erfahrung verlassen. Ich weiß, was im Rennen passieren wird und wie sich die Gripverhältnisse verändern werden. Wir wollen schon ein gutes und richtig starkes Rennen fahren."

Die wirtschaftliche Rechnung dieses Projektes ist umfangreich: Chassis, Motoren, das ganze Team, die Werkzeuge, die Windkanaltests im Vorfeld, die anfallenden Kosten für Hotels, Catering, Uniformen, die Einschreibegebühren, womöglich eine Crash-Versicherung - die gesamte Liste der Ausgaben dürfte die anfallenden Kosten in Richtung der Millionengrenze verschieben. Immerhin ist mit Advance Autoparts mittlerweile ein Hauptsponsor an Bord.


Die Höhepunkte vom Freien Training

Natürlich: Der 45-jährige Lazier ist alles andere als einer der Favoriten. Aber so erging es 1987 auch Al Unser Sr., der damals kurz vor seinem 48. Geburtstag stand. Unser fuhr damals einen Jahreswagen und lag kurz vor dem Rennende tatsächlich auf Rang drei. Dann fielen Leader Mario Andretti (Motor) und der zweitplatzierte Roberto Guerrero (Kupplung) aus - Unser gewann völlig unerwartet sein viertes Indy 500. Sind solche Motorsport-Geschichten 25 Jahre später noch möglich? Der Sonntag wird es zeigen.

Oder der Indy-500-Sonntag im Jahr 2014, denn die Lazier-Familie denkt gar nicht daran, dass der diesjährige Auftritt der Letzte gewesen sein könnte. "Das Auto bleibt bei uns in der Garage, bis wir es im kommenden Jahr wieder versuchen", kündigte Bob Lazier bereits jetzt an. Und wie sieht es bis dahin mit weiteren IndyCar-Starts zum Beispiel in Pocono oder Fontana aus? "Wer weiß. Wenn ein Sponsor daherkommt und will, dass wir fahren, dann würden wir das auch machen". Kein Zweifel: Lazier Partners Racing hat wieder IndyCar-Lunte gerochen.