• 02.06.2011 12:39

  • von Pit Lane

200 Umläufe brandheiße "Nudeltopf"-Action

Kolumnist Pit Lane machte am vergangenen Wochenende einen Sprung über den Großen Teich zum Indy 500 und hat keine Sekunde bereut - ganz im Gegenteil

Titel-Bild zur News: Dan Wheldon

Näher dran geht nicht mehr: Mit meinem Kumpel Dan Wheldon in der Victory-Lane

Liebe Freunde des "Brickyard",

wie ihr sicher schon mitbekommen habt, habe ich entgegen meiner Gewohnheit am vergangenen Wochenende den Monaco-Grand-Prix einfach mal sausen lassen und mich stattdessen auf den Weg nach Indianapolis gemacht, um dem altehrwürdigen Indy 500 beizuwohnen.

Für meinen Besuch am "Brickyard" habe ich mir als alter Geschichtsfreak nicht irgendein Jahr ausgesucht, sondern das hundertjährige Jubiläum der größten Eintages-Sportveranstaltung auf unserem Planeten. Man hält es kaum für möglich, aber es ist tatsächlich schon 100 Jahre her, dass Ray Harroun mit seiner "gelben Wespe" - besser bekannt als "Marmon-Wasp" - als erster Indy-500-Sieger der Geschichte über die Ziegelsteine im Nudeltopf von Indianapolis geknattert ist.

Indianapolis statt Monte Carlo

Am 29. Mai 2011 setzte ich nun selbst meine Füße auf diesen geschichtsträchtigen Belag, der mittlerweile - vom berühmten Ziegelstreifen "Yard of Bricks" bei Start/Ziel mal abgesehen - aus Asphalt besteht. Was soll ich euch sagen? Das Gefühl war einfach awesome! Den Monte-Carlo-Belag kenne ich ja schließlich bestens, aber das war etwas Neues.

Nun war ich also im Indy-Infield unterwegs und machte mich direkt auf den Weg in Richtung Turn vier, wo ich aus nächster Nähe erfahren durfte, wie crazy die Amis drauf sind. Ob ich mit meinem alten Karren so einen Weitsprung-Weltrekord auch hingebracht hätte? Wohl eher nicht!

Tanner Foust hat sich jedenfalls nicht nur meinen Respekt verdient, sondern auch den der wie üblich mit Bier und Burger bewaffneten Fans auf den Grandstands. Ob ihr es glaubt oder nicht, die Amis fanden seinen spektakulären Satz auf 330 Fuß beim 100. Jubiläum einfach awesome, sodass die Angabe der Weite in Metern - es waren passenderweise ziemlich genau 100 - plötzlich selbst im Amiland salonfähig wurde.

Den Stunt noch vor Augen ging's in Richtung Pitlane. Warum die ausgerechnet nach mir benannt wurde, konnte mir nicht mal einer der greisen Einweiser mit den Indy-typischen gelben Hemden sagen. Who cares, die Pre-Race-Ceremony stellte jedenfalls alles in den Schatten, was ich bis dato an diversen Rennstrecken der Welt gesehen und gehört hatte.


Fotos: Indy 500, Indy 500


Dass das Indy 500 alljährlich am Memorial-Day-Weekend stattfindet, war mir zwar sowohl als Geschichts- als auch als Racing-Freak bekannt, aber einen solchen Auflauf an schwerem Geschütz hätte ich dann doch nicht erwartet. Unzählige Soldaten marschierten die Pitlane entlang. Die Salutschüsse vom Podium und nicht zuletzt der Flyover pfiffen mir auch die letzten Bierreste des Vorabends aus den Ohren.

300.000 Zuschauer im "Nudeltopf"

Der Sänger Seal machte seinem Namen alle Ehre und hielt vorher im Formel-1-Fahrerlager dicht, was unsere (anscheinend gemeinsamen) Pläne betraf, dem Monaco-Grand-Prix in diesem Jahr im Doppelpack fernzubleiben. Seal zog es vor, die mehr als 300.000 Indy-Zuschauer kurz vor der grünen Flagge mit seiner Version der amerikanischen Hymne zu unterhalten. Lautstarke Unterstützung bekam er von Kelly Clarkson.

Ich muss euch wohl nicht nochmal extra unter die Nase reiben, dass ich das Indy 500 standesgemäß aus der Pitlane verfolgt habe. Helio Castroneves hat in seiner Box einen Platz für mich freigehalten. Den Duft von frisch verbranntem Gummi nach einem Pitstop von Helio muss man ebenso erlebt haben wie den Sound, wenn die 33 IndyCars wenige Meter entfernt mit rund 350 Sachen die Frontstretch hinunter jagen. Gleiches gilt für den Jubel der Massen auf den Rängen, als Helios Kumpel Tony Kanaan kurz vor Schluss mit Riesenschritten Richtung Spitze vordrang.

Die Fans im Nudeltopf hatten sich im 200. von 200 Umläufen schon auf einen Sieg von J.R. Hildebrand im National-Guard-Boliden und damit einen noch exzessiveren Memorial-Day-Opus eingestellt, als der arme Kerl in der letzten Kurve, mit der Zielflagge in Sichtweite, das Indy-Biest brutal zu spüren bekam. Bei der letzten Überrundung einen Fuß zu weit nach rechts gekommen und schon ging's ab in Richtung Außenmauer.

Mein Landsmann Dan Wheldon schnappte sich den tragischen Helden im havarierten IndyCar auf den letzten Metern und ich stand in diesem geschichtsträchtigen Moment nur wenige Meter davon entfernt in der Straße, die meinen Namen trägt.

Pit Lane

Danke an Mattel! Der Spielzeughersteller hat mich nach Indianapolis eingeladen... Zoom

Über den zweiten Indy-Sieg von Dan habe ich mich zwar gefreut - zumal ich ihm in der Victory-Lane (wieder der gleiche Nachname) persönlich gratulieren durfte - aber ein Rookie-Sieg des National-Guard-Piloten am Memorial-Day hätte dem ganzen Zirkus sprichwörtlich die Krone aufgesetzt. Abends an der Hotelbar musste ich übrigens mit ansehen, wie beim NASCAR-Rennen dem dortigen National-Guard-Piloten und Liebling der Massen, Dale Earnhardt jun., ebenfalls der Sieg in der letzten Kurve der letzten Runde durch die Finger glitt. Zufall? Schicksal? Entscheidet selbst.

C'est la vie,


Pit Lane