• 13.09.2008 17:12

  • von Stefan Ziegler

Entscheidung in Monza: Pantano patzt und wird doch Meister!

In einem dramatischen Rennen holte sich Giorgio Pantano den Titel - Bruno Senna nach beherztem Einsatz nur Fünfter - Lucas di Grassi siegt

(Motorsport-Total.com) - Bei gemischten Bedingungen startete die GP2 in Monza in das vorletzte Saisonrennen, an dessen Ende schließlich die Titelentscheidung stehen sollte. Giorgio Pantano (Racing Engineering) und Bruno Senna (iSport) waren angetreten, die Meisterschaft zwischen sich zu entscheiden - mit der deutlich besseren Ausgangslage für Pantano. Der Italiener nahm sein Heimrennen von der Pole-Position und mit 13 Punkten Vorsprung in Angriff, Senna ging lediglich von P12 ins Rennen. Doch Spannung war geboten...

Titel-Bild zur News: Lucas di Grassi

Lucas di Grassi profitierte von Giorgio Pantanos Patzer und gewann in Monza

Bei regennasser Strecke und reichlich Gischt gingen die Verantwortlichen auf Nummer sicher und ließen den GP2-Nachwuchs hinter dem Safety-Car ins Hauptrennen gehen. Drei Umläufe blieb das Sicherheitsfahrzeug auf der Strecke, ehe sich die jungen Fahrer an die Bedingungen im Königlichen Park von Monza gewöhnt hatten - der Regen hatte mittlerweile aufgehört.#w1#

Pantano im Nassen an der Spitze

Die Rennleitung schickte das 25 Fahrer starke Feld in Runde vier auf die Reise und prompt konnten sich die Nachwuchspiloten in Kurve eins nicht über die Reihenfolge einigen: Pantano-Teamkollege Javier Villa verpasste seinen Bremspunkt und rauschte ins Heck von Andreas Zuber (Piquet), der seinerseits den Russen Vitaly Petrov (Campos) mit ins Aus riss - doch das Safety-Car kam nicht.

Unterdessen zog Pantano an der Spitze einsam seine Kreise, wobei die Strecke immer mehr abtrocknete und die Ideallinie in einigen Kurven schon ziemlich viel Grip bot. Letzteren ließen Ho-Pin Tung (Trident) und Marko Asmer (FSMI) freilich vermissen, denn die beiden rodelten in der Anfangsphase zu zweit durch das Kiesbett.

Michael Herck (David Price) legte sich in der Schikane mit Carlos Iaconelli (BCN)an, ansonsten verhielt sich das Feld relativ zivilisiert und präsentierte sich angesichts der schwierigen Bedingungen erstaunlich fehlerfrei. Nach nur wenigen Runden wurde dann Sakon Yamamoto (ART) in der Box gesichtet, nachdem der Japaner schon in der Anfangsphase um den Kurs geschlichen war.

Den ersten regulären Stop absolvierte Mike Conway (Trident), der schon nach zehn Runden bei seiner Crew vorstellig wurde. Noch war die Piste allerdings nicht für Slickreifen bereit, weswegen Conway erneut Regenreifen aufziehen ließ. Unbeeindruckt davon zog Pantano an der Spitze seine Kreise, dicht gefolgt von di Grassi und dem schnellen Pastor Maldonado (Piquet).

Die Strecke trocknet langsam ab...

Während Senna im Rennen kaum eine Rolle spielte und auf der abtrocknenden Strecke nur selten im Bild zu sehen war, zeigte ART-Pilot Romain Grosjean erneut eine tolle Leistung und einige spektakuläre Überholmanöver. Indes rauschte Leader Pantano mehrfach geradeaus in der ersten Schikane - di Grassi und vor allem Maldonado machten kräftig Druck. Aber auch Senna flog an P7 liegend öfters über die Kerbs in Turn eins.

Herrschten zu Rennbeginn noch Blindflug-Verhältnisse, so mussten die Fahrer schon nach einem Dutzend Runden in Monza ihre Regenreifen kühlen - die Linie trocknete immer mehr ab. Die große Frage war daher: Wer würde als erstes Slicks aufziehen lassen? Luca Filippi (Arden) ging in Runde 15 das große Wagnis ein und rutschte quer über den Parcour. Noch war es für Trockenreifen wohl etwas zu früh.

In Runde 16 verabschiedete sich DAMS-Pilot Kamui Kobayashi aus dem Rennen, nachdem er im Duell mit Alberto Valerio (Durango) den Kürzeren gezogen hatte - wobei der Brasilianer die Ideallinie äußerst großzügig interpretiert und den Japaner dabei ins Aus gezwungen hatte. Auffällig war jedenfalls, dass die kleinen Fahrfehler zunahmen, je trockener die Rennstrecke wurde.

Gegen Rennhälfte war es schließlich soweit: Die Slicks schienen den Regenreifen zumindest ebenbürtig zu sein. Der Portugiese Alvaro Parente (Supernova) wäre der nächste Pilot auf profillosen Reifen gewesen - doch seine Crew konnte das linke Hinterrad nicht fixieren. Kurz darauf war Schluss - nichts mehr zu machen bei Supernova und Parente.

Filippi als Erster auf Slicks unterwegs

Bei mittlerweile Sonnenschein auf der Gegengeraden lagen die Reifenwechsel jetzt aber dennoch in der Luft - Senna ging als Dritter in die Box, um Slicks aufziehen zu lassen. Die letzte Chance im Titelkampf! Elf Runden vor Schluss ging Senna in die Offensive und spielte seine letzte Trumpfkarte. Und das Feld folgte dem Trend...

Grosjean stieg als Nächster um, während Senna schon wieder auf der Strecke war. Auf der Zielgeraden kam es dann zum Fight zwischen di Grassi und Maldonado - der Venezolaner ging in einem spektakulären Manöver am Renault-Testfahrer vorbei, nachdem di Grassi erst einen Rempler versucht hatte - eine wirklich unschöne Szene am Ende der Gegengeraden, wofür sich die Grassi unmittelbar nach Rennende aber entschuldigte.

Pantano hatte sich dadurch etwas absetzen können und lag weiterhin unangefochten in Führung. Neun Runden vor Schluss kam die erste Slicks-Bestzeit und Pantano blieb weiter draußen! Maldonado und di Grassi bogen ab, Senna drehte mächtig auf. Erst eine Runde später, bei noch sieben ausstehenden Runden, fuhr Pantano bei seiner Crew vor und holte sich Trockenreifen ab - und nahm den Endspurt im Titelkampf in Angriff.

Eine Runde später sah die Welt allerdings schon ganz anders aus: Di Grassi und Maldonado hatten aufgeschlossen, da überschlugen sich die Ereignisse: Erst hagelte es eine Drive-Through-Strafe für Pantano, der nach seinem Pitstop die weiße Linie überfahren hatte. Unmittelbar in diesem Augenblick flog Filippi ab und crashte heftig in die Leitplanken.

Pantano entscheidet das Titelduell

Im Bummeltempo musste der Gesamtführende der GP2-Meisterschaft also durch die Boxengasse tuckern und büßte dabei nicht nur die Führung im Hauptrennen ein, sondern auch die Chance auf Punkte - P9. Rivale Senna lag drei Runden vor Schluss auf dem sechsten Rang und griff weiter munter an: Mit Grosjean lieferte er sich in den letzten Umläufen einen tollen Zweikampf.

Doch alle Mühe sollte vergebens sein, denn Pantano musste lediglich ins Ziel rollen. Am Ende setzte sich der Brasilianer di Grassi vor dem Venezolaner Maldonado durch, Sébastien Buemi (Arden) landete nach einem unauffälligen Rennen auf dem dritten Platz. Senna wurde abschließend Fünfter, Pantano kam auf P10 ins Ziel.

Damit war nicht nur der erste Lauf in Monza entschieden sondern auch das Titelrennen zwischen Giorgio Pantano und Bruno Senna. Ein Rennen vor Schluss setzte sich der Italiener die GP2-Krone auf und trat somit die Nachfolge von Toyota-Pilot Timo Glock an, der 2007 triumphiert hatte und schon im Jahr darauf einen Stammplatz in der Formel 1 sein Eigen nennen konnte...