Frijns vs. Bianchi: Der Unfall unter der Lupe

Die Kollision zwischen Robin Frijns und Jules Bianchi in Barcelona sorgte für viele Diskussionen - Die Beteiligten lassen die kontroverse Situation Revue passieren

(Motorsport-Total.com) - Auch zwei Wochen nach dem Saisonfinale der Renault World-Series wird die Kollision von Jules Bianchi und Robin Frijns noch heiß diskutiert. Speziell Bianchi ist nicht zufrieden, denn seiner Meinung nach hätte Frijns für den Unfall härter bestraft werden und nicht mit dem Titel belohnt werden müssen. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass die Vorkommnisse vor zwei Wochen in Barcelona komplett abgeschlossen sind. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich an das Ende der Meisterschaft denke. Ich war in einer starken Position, aber das ist nicht der Punkt. Ich hätte gerne ohne Zwischenfälle bis zum Ende um den Titel gekämpft, aber das hat nicht sollen sein."

Titel-Bild zur News: Robin Frijns

Robin Frijns stand nach dem Manöver als neuer Meister der Renault-World-Series fest Zoom

Bianchi ging mit vier Punkten Rückstand auf Frijns in das zweite Rennen. Dadurch war der Franzose unter Zugzwang und musste vor seinem Konkurrenten ins Ziel kommen und die entsprechenden Zähler aufholen. Nach dem ersten Boxenstopp lagen die beiden auch direkt hintereinander auf der Strecke. Frijns folgte im Windschatten seines Konkurrenten, der noch weitere Plätze gutmachen musste. Im letzten Renndrittel spitzte sich die Situation zu.

In der langgezogenen Kurve drei kann man dem Vordermann gewöhnlich nicht dicht folgen, denn man würde sofort Abtrieb verlieren und die Reifen würden zu rutschen anfangen. Bianchi hatte am Ende von Kurve drei auch einen geringen Vorsprung. Hinter Frijns folgte Kevin Magnussen. Bei der Anfahrt zur Kurve vier täuschte der Däne ein Überholmanöver innen an. Frijns zog ebenfalls nach innen, bremste aber spät und kam an die Innenseite von Bianchi. Diesen drückte er in Kurve vier von der Strecke und der Franzose steckte im Kiesbett.

"Ich habe ihn nicht kommen sehen. Nach Kurve drei sah ich, dass er zu weit hinten war, um ein Überholmanöver zu starten", wird Bianchi von 'Autosport' zitiert. "Plötzlich attackierte er in der nächsten Kurve und ich konnte nichts tun. Ich machte die Lenkung auf, aber es war direkt vor dem Zusammenstoß. Es ist schwierig zu sagen was passiert wäre, wenn ich das nicht getan hätte. Mein Auto hätte dann mehr nach rechts gedeutet und es wäre wahrscheinlich ein größerer Unfall gewesen", schätzt Bianchi.

Frijns verteidigt sein Manöver

Frijns sah die Situation anders: "Ich habe mich nicht gegen Magnussen verteidigt, sondern ich wollte Jules überholen. Wir haben uns nach dem Scheitelpunkt der Kurve berührt und wir waren nebeneinander. Für mich war es ein normales Überholmanöver", hält der Niederländer fest. Da Bianchi nach diesem Manöver ausgeschieden war, war Frijns automatisch neuer Meister. "Die Daten zeigen, dass ich 18 Meter später als normal gebremst habe. Das ist aber normal, wenn man versucht jemanden zu überholen."

"Es gibt Leute die sagen, dass ich die Kurve nie geschafft hätte, wenn Jules nicht dort gewesen wäre. Mein Tempo am Scheitelpunkt war aber nur um sechs bis sieben km/h höher. Das ist auch normal, denn wenn man jemanden überholt, dann reduziert man die Geschwindigkeit später", schildert Frijns die Situation aus seiner Sicht. Bianchi kann das nicht nachvollziehen und hat seine eigene Theorie. "Ich bin mir sicher, dass er zu diesem Zeitpunkt gedacht hat, dass er den Titel an mich verliert. Deshalb hat er auch ein merkwürdiges Manöver gemacht."

Jules Bianchi

Jules Bianchi ist auch zwei Wochen nach dem Finale sauer auf Robin Frijns Zoom

"Magnussen versuchte ein Manöver zu setzen. Wenn Magnussen ihn überholt hätte, dann wäre ich der Meister gewesen. Robin wusste das." Magnussen, der Sohn von Ex-Formel-1-Pilot Jan, ist eher auf der Seite von Bianchi: "Ich glaube er war schockiert, dass ich hinausgezogen bin und ein Manöver versucht habe. Er hat sofort nach innen geblockt. Dabei blockierte er die Bremsen und realisierte, dass er Bianchi treffen würde."

Durchfahrtsstrafe für viele zu wenig

Bianchi steckte nach dieser Kollision im Kiesbett und Frijns wurde durchgereicht, kam aber ins Ziel. Die nächsten Diskussionen standen nach dem Rennen an. Beide wurden sofort zur Rennleitung zitiert. Nach vier Stunden fiel schließlich die Entscheidung, dass Frijns für das Manöver eine Durchfahrtsstrafe erhält. Da die Strafe nach dem Rennen ausgesprochen wurde, wurden 25 Sekunden auf seine Rennzeit addiert. Damit fiel er auf Platz 14 zurück. Für die Meisterschaftsentscheidung hatte das allerdings keine Auswirkungen mehr.

"Ich weiß nicht warum wir vier Stunden darauf gewartet haben", lautet Bianchis Kommentar. Am Abend fand noch die Siegerehrung statt. Bianchi gratulierte Sam Bird, der die Meisterschaft als Dritter beendete, aber nicht Frijns. "Wir sind gemeinsam auf das Podium gegangen, aber Jules hat Sam gratuliert, aber mir nicht. Er sagte, dass er einige gute Duelle hatte, aber dass andere Fahrer ihn nicht respektieren", berichtet der Niederländer. "Es war nicht sehr schön zu hören, aber ich kann damit leben."

Abgesehen von Magnussen beobachtete auch Bird den Unfall genau: "Ich habe es sehr klar gesehen. Er hat in der Kurve Richtung Jules gelenkt. Man kann das nicht tun. Es ist nicht das erste Mal, dass er so etwas in diesem Jahr getan hat", findet der Brite gegenüber 'Autosport' klare Worte. "Er muss seine Lektion lernen. Und er wird sie nicht lernen, indem man ihm den Meisterpokal gibt."

Beide Kontrahenten haben einen Fuß in der Türe zur Formel 1. Ferrari-Junior Bianchi ist schon einige Freitagstrainings für Force India gefahren. Fijns wird beim Young-Driver-Test in Abu Dhabi für Sauber und Red Bull testen.