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  • 18.09.2014 19:25

  • von Roman Wittemeier

Freunde bleiben Freunde: Heidfeld und Prost im Interview

Die Freundschaft von Nick Heidfeld und Nicolas Prost hat trotz des Formel-E-Unfalls nicht gelitten: "Zwei Fahrer, eine Meinung - so etwas gibt's nicht"

(Motorsport-Total.com) - Die Bilder von dem schweren Unfall von Nick Heidfeld in der letzten Runde des Formel-E-Rennens in Peking gingen um die Welt. Der erfahrene Deutsche war im Kampf um den Sieg beim Debüt der neuen Serie auf der Zufahrt der allerletzten Kurve mit dem bis dorthin führenden Auto von Nicolas Prost kollidiert und heftig eingeschlagen. Ausgerechnet Prost - mit dem Franzosen teilt sich der Mönchengladbacher seit Jahren ein LMP1-Fahrzeug in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Die beiden vereint eine Freundschaft - auch nach dem Crash, wie Heidfeld und Prost im Interview mit 'Motorsport-Total.com' bestätigen.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld Nicolas Prost

Bestens gelaunt im WEC-Fahrerlager in Austin: Nick Heidfeld und Nicolas Prost Zoom

Frage: "Nick und Nico, wie steht es denn nun um eure Freundschaft?"
Nicolas Prost: "Alles bestens. Du hast doch gesehen, wie wir uns gerade freundschaftlich und ohne Probleme unterhalten haben, als du dazu kamst."
Heidfeld: "Es gibt wirklich kein Problem. Dass wir seit Jahren befreundet sind, hat in diesem Fall wirklich einen Unterschied ausgemacht. Wenn das nicht so gewesen wäre, dann wäre meine Reaktion wahrscheinlich etwas anders ausgefallen."

Frage: "Nico, im ersten Moment hast du Nick die Schuld gegeben, dich aber später bei ihm entschuldigt. Wie lautet die finale Version deiner Erklärung?"
Prost: "Es war klar mein Ding. Ich habe in jenem Moment auf meine Anzeigen geschaut, weil ich Sorge wegen des Energieverbrauchs hatte. Ich bin in Nicks Auto gekracht, weil ich ihn nicht gesehen habe. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, was eigentlich passiert ist. Als ich später die Bilder sah, war mir sofort klar, dass es meine Schuld war. Dann habe ich mich möglichst schnell entschuldigt. Dafür musste ich erst einmal in China twittern können - nicht so einfach (lacht). Ernsthaft: Es ist immer ein Unterschied, ob heißblütige erste Reaktion oder kühle Aussage mit Bedacht."

Frage: "Nick, wie magst du deinen WEC-Teamkollegen denn lieber: heiß oder kalt?"
Heidfeld: "Ich mag beide Seiten an ihm. So etwas ist doch im Motorsport ganz normal. Ich habe noch nie einen Crash erlebt, wo zwei Fahrer eine Meinung haben - das gibt es nicht. Es ist immer viel leichter, eine Situation zu beurteilen, wenn man sich in Ruhe die TV-Bilder anschauen konnte. Von außen ist es immer einfach zu sagen, aber im Cockpit nimmt man die Situationen manchmal wirklich zunächst anders war. Später hast du verschiedene Perspektiven, hast Zeitlupen und so weiter. Dann kann man ganz leicht urteilen. Das ist wie bei strittigen Dingen im Fußball."

"Wenn du im Auto sitzt, dann passieren die Sachen innerhalb von Millisekunden. Man hat außerdem eine eingeschränkte Sicht. Da passieren solche Dinge eben manchmal. Ich habe übrigens auch selten einen Fahrer gesehen, der sofort einen Fehler zugibt. Meistens wehrt man sich erst einmal. Es war doch nett, dass er sich sofort entschuldigt hat, als ihm es klar wurde. Ich war mir nur aus meiner Perspektive sofort sicher, dass es nicht mein Fehler war. Und trotzdem war ich mit meinem Urteil vorsichtig. Ich habe es schon zu oft erlebt, dass sich die Situation auf den zweiten Blick anders darstellen."

Frage: "Nick, du hattest zuerst einige Schmerzen in der Wade und am Ohr. Wie geht es dir jetzt?"
Heidfeld: "Wenn man den Crash so sieht, dann kann ich wirklich von Glück reden, dass ich fast gar nichts abbekommen habe. Am Morgen danach habe ich nichts gespürt. Das war ein gutes Zeichen, denn meistens kommen dann die Schmerzen erst so richtig. Es gibt ein paar kleine muskuläre Problemchen, aber wirklich fast nichts. Das geht mit Massagen wieder weg. Beim Blick auf die Bilder ist es schon überraschend, dass ich so gut beisammen bin."


Fotos: Formel E in Peking


Frage: "Da nun klar ist, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist, darf ich das fragen: Ihr habt mit dem Crash eine riesige PR für die Serie gemacht. Hat euch Serienchef Alejandro Agag dafür anständig bezahlt?"
Prost: "Hat er nicht. Er könnte uns aber wirklich für die Nummer ein bisschen Geld geben (lacht)."
Heidfeld: "Wenigstens das Preisgeld, das uns durch die Lappen gegangen ist, könnte er uns doch vielleicht geben."
Prost: "PR-mäßig war es wohl der Hammer. Ich hätte das Rennen gern normal beendet, aber wenn wir der Serie auf diesem Wege helfen konnten...okay (lacht). Nein, Spaß beiseite: Solche Unfälle sind generell nicht gut."