• 02.12.2007 13:18

  • von Fabian Hust

Der Selbstversuch: Auf den Spuren der Formel BMW

Im Rahmen des Formel BMW Weltfinales in Valencia durften einige Journalisten im Rennfahrzeug auf die Strecke - 'Motorsport-Total.com' war mit von der Partie

(Motorsport-Total.com) - Am letzten November-Wochenende kämpften die besten 35 Formel BMW Piloten beim Formel BMW Weltfinale in Valencia nicht nur um 10.000 US-Dollar Preisgeld. Der Sieger des finalen Rennens auf dem 'Circuit de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo' vor den Toren der drittgrößten Stadt Spaniens darf erste Runden im Formel-1-Auto des BMW Sauber F1 Teams drehen. Der Österreicher Philipp Eng sicherte sich im 22 Runden langen Rennen am Sonntag den Start- und Zielsieg.

Titel-Bild zur News: Formula BMW Racing Center

Im Formel BMW ging es am Montag nach dem Weltfinale auf die Strecke

Am Montag nach dem Rennwochenende laufen im Fahrerlager die Abbauarbeiten bereits auf Hochtouren. Dennoch heulen auch an diesem Tag die Motoren der Boliden der Formel BMW wieder auf. Der bayerische Automobilhersteller hat ein Dutzend Journalisten dazu eingeladen, auf der Rennstrecke von Valencia Runden im Junior-Rennfahrzeug zu drehen.#w1#

Noch vor 8 Uhr geht es vom Hotel in Richtung Rennstrecke - schließlich soll so viel wie möglich auf der Strecke gefahren werden. Der schaltfaule Busfahrer stimmt die Insassen mit hohen Drehzahlen auf den Tag ein - die ungewöhnlich engen Sitze des Mini-Busses werfen beim einen oder anderen Kollegen schon jetzt die Frage auf, ob im Monocoque überhaupt genug Platz ist.

An der Rennstrecke begrüßen die prominenten Instruktoren - WTCC-Pilot Jörg Müller und Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel -, die Teilnehmer. Der 38-jährige Müller aus Hückelhoven startete seine Karriere wie die meisten Rennfahrer im Kart und holte sich diverse Titel in Formel-Serien, unter anderem in der Formel 3, wo er 1994 Deutscher Meister wurde, sowie in der Europa-Meisterschaft der Formel 3000 (1996).

Formula BMW Racing Center

Erst die Theorie, dann das Vergnügen: Instruktionen vor der Ausfahrt Zoom

Müller war auch in der Formel 1 tätig. 1997 als Testfahrer beim Arrows-Team, 1998 bis 1999 war er Versuchspilot bei Sauber. Von 1999 bis 2001 arbeitete er als Testfahrer des BMW WilliamsF1 Teams bei der Entwicklung der Motoren und Michelin-Reifen beim Comeback der Franzosen mit.

Sebastian Vettel kennt die Serie aus dem Effeff. 2004 sicherte sich der heute 20-Jährige mit 18 Siegen in 20 Rennen den Titel in der deutschen Formel BMW ADAC Meisterschaft. Nur zwei Saisons später kam er als Test- und Ersatzfahrer des BMW Sauber F1 Teams zum Einsatz. 2007 absolvierte er für Robert Kubica in Indianapolis sein erstes Formel-1-Rennen.

Bei seinem Premieren-Rennen gelang es Vettel als jüngstem Piloten aller Zeiten, einen WM-Punkt zu gewinnen. Anschließend rückte er bei der Scuderia Toro Rosso zum Stammfahrer auf, wo er 2008 an der Seite von Champ Car-Meister Sébastien Bourdais seine erste volle Formel-1-Saison absolvieren wird.

Formula BMW Racing Center

Erste Sitzprobe im Rennfahrzeug: Das Lenkrad muss abgenommen werden Zoom

Die erste Aufgabe für die beiden ist wohl nicht ganz "artgerecht". Sie helfen bei der Suche nach dem passenden Rennoverall, Helm, Balaklava, Handschuhe und Schuhe für die Teilnehmer. Bei der Frage nach der passenden Größe für den Rennoverall muss ich passen. "Da geht es mir nicht anders", grinst Vettel und hält einen Anzug zum Maßnehmen per Auge vor mich. Nach dem "Villeneuve-Motto" - besser eine Nummer zu groß als zu klein -, entscheide ich mich gleich für diesen.

Anschließend darf im Formel BMW Platz genommen werden - allerdings nicht zum Fahren, sondern zum Probesitzen und zum Erklären der Bedienung des Autos. Je zwei Teilnehmer von ähnlicher Statur teilen sich ein Auto, damit das austauschbare Polster möglichst gut passt.

Selbst das Einsteigen in ein Rennfahrzeug dieser Art will geübt sein. Bevor man sich in der halb liegenden Position niederlassen kann, gilt es beide Beine im Fußraum unterzubringen und den Oberkörper durch Abstützen auf der Seite des Autos noch in der Luft zu halten. Beim Einsteigen dabei bitte keinen Spiegel abbrechen oder auf dem Seitenaufprallschutz abstützen. Nachdem die Schulter unter diesen durchmanövriert wurde, kann das Lenkrad aufgesteckt werden.

Formula BMW Racing Center

Auch das Einsteigen in das Rennfahrzeug will geübt sein Zoom

Selbst ohne Helm auf dem Kopf sehe ich, dass ich nicht viel sehe. Die Nase des Autos kann ich aus dieser Position nicht mehr erkennen, die Straße direkt vor mir liegt nicht im Blickwinkel, lediglich der obere Teil der Reifen: "Die Straße musst du auch nicht sehen. Wichtig ist nur, dass man die Reifen sieht, damit man erkennt, wann diese blockieren", meint Vettel.

Das Monocoque ist erstaunlich breit, sodass selbst größere und etwas breitere Fahrer unterkommen: "In der Formel 1 habe ich nur so viel Platz", meint Vettel und zeigt mit seinen beiden Händen die Breite seines Toro Rosso. "Da passen gerade beide Beine nebeneinander rein". Im Formel BMW ist neben den Beinen noch ordentlich Luft, nur im Schulterbereich ist es etwas enger.

Die Bedienung des Renners ist schnell erklärt, denn viele Knöpfe gibt es nicht. Leerlauf einlegen oder Kupplung drücken, Zündung einschalten und Startknopf drücken - schon startet der Motor. "Bitte nicht mit dem Knopf darüber verwechseln, denn der löst den Feuerlöscher aus. Und diese Sauerei zu entfernen, kostet die Mechaniker viel Zeit..."

Den Schalter für das Rücklicht brauchen wir dank Sonnenschein ebenso wie die verschiedenen Seiten der LCD-Anzeige mit Daten über Wassertemperatur, Öldruck, Bremsdruck, Drehzahl, den eingelegten Gang sowie die letzte beziehungsweise beste gefahrene Rundenzeit mit Ausnahme des eingelegten Gangs nicht - Rundenzeiten werden keine gestoppt.

Sebastian Vettel

Tipps vom Profi: Sebastian Vettel erteilt Ratschläge Zoom

Nach der Überprüfung, dass der Anzug nicht kneift, die Schuhe nicht drücken und der Helm ausreichend fest sitzt und es sich im Auto einigermaßen komfortabel Platz nehmen lässt, heißt es wie so oft im Leben: Erst die Theorie, dann die Praxis - zumindest für die eine der beiden Gruppen. Die zweite Hälfte darf schon einmal im Auto Platz nehmen, um Gas zu geben.

Die Theorie-Lektion wird angenehm kurz gehalten. Natürlich sollen die Teilnehmer wissen, welches Auto sie heute bewegen dürfen. Der Formel BMW gehört zu den sichersten Rennfahrzeugen im Nachwuchssport. Das Monocoque ist aus Kohlefaser und damit nicht nur sehr leicht, sondern im Fall der Fälle auch eine gute Lebensversicherung.

Im Heck arbeitet ein 140 PS starker Motor, der auch in Motorrädern von BMW verbaut wird. Natürlich stellt sich unweigerlich die Frage, was ein Motorrad-Motor in einem Rennfahrzeug zu suchen hat? "Der Motor klingt nicht nur sehr gut, er ist auch sehr zuverlässig", erklärt uns der Instruktor. Und warum einen eigenen Motor entwickeln, wenn es bereits eine Lösung gibt? Schließlich soll eine Nachwuchs-Rennserie so kostengünstig wie möglich sein.

Formula BMW Racing Center

In der Boxengasse wird fleißig das Schalten geübt Zoom

Die Teilnehmer des "Formula BMW Racing Centers" müssen sich mit einer Handvoll weniger Pferdestärken zufrieden geben, denn das Drehzahllimit wurde um 1.000 Umdrehungen pro Minute nach unten gesenkt: "Schließlich soll nicht jeder Verschalter gleich den Motor kosten". Beim Gewicht des Autos von rund 500 Kilogramm fällt das aber im wahrsten Sinn des Wortes kaum ins Gewicht.

Geschaltet wird mit einem in der Formel 3 erprobten Getriebe mit sechs Vorwärts- und einem Rückwärtsgang. Geschaltet wird sequenziell, den Schalthebel zu sich heranziehen schaltet einen Gang hoch, drückt man den Hebel nach vorn, wird ein Gang runter geschaltet. Für das Schalten in den Leerlauf und den Rückwärtsgang muss das Getriebe mit einem Zug an einem Hebel links am Lenkrad zunächst entsperrt werden.

Grundsätzlich kann mit dem Getriebe beim Fahren geschaltet werden, ohne die Kupplung zu verwenden. Doch um das Getriebe zu schonen werden die Teilnehmer gebeten, nicht nur zu kuppeln, sondern auch Zwischengas zu geben: "Wer damit nicht zurecht kommt, der kann das Zwischengas weglassen, muss dann aber die Kupplung sehr vorsichtig kommen lassen", warnt der Instruktor.

Das Getriebe des Formel BMW ist im Gegensatz zu Getrieben in Pkw nicht synchronisiert. Dadurch kann die Hinterachse für einen Sekundenbruchteil blockieren, wenn die Zahnradkombination für den niedrigeren Gang ineinander greift. Das macht das Auto auf der Hinterachse nervös und kann zu einem Dreher führen.

Formula BMW Racing Center

Das Beschleunigen fällt leicht, das Bremsen hat es in sich Zoom

Also heißt die klare Empfehlung: Beim Runterschalten Zwischengas geben. "Wamm, wamm, wamm", beschreibt der Instruktor den Teilnehmern das Vorgehen und zeigt mit seinen beiden Händen, was die Teilnehmer mit ihren beiden Füßen tun sollen.

Der linke Fuß drückt die Kupplung, der rechte Fuß hält den Druck auf dem Bremspedal aufrecht und wird gleichzeitig nach rechts abgekippt, um einen kurzen Stoß auf das Gaspedal zu geben. Mit der rechten Hand wird im gleichen Augenblick einen Gang runter geschaltet.

Parallel zum Bremsen gilt es, den richtigen Gang für die folgende Kurve zu finden und mit Zwischengas in diesen zu schalten. Das Bremsen ist in einem Formel-Auto aufgrund der Aerodynamik und des fehlenden ABS eine Angelegenheit für sich.

Ab rund 80 bis 100 km/h beginnt die Aerodynamik zu arbeiten, dadurch wird das Auto auf die Straße gepresst. Bei Geschwindigkeiten jenseits dieser Grenze kann voll auf die Bremse gestiegen werden. Der Bremsdruck muss dann jedoch sukzessive reduziert werden, weil mit dem Wegfallen des aerodynamischen Anpressdrucks die Räder blockieren und man unweigerlich von der Strecke rutschen würde.

Formula BMW Racing Center

Die ersten Runden drehen die Teilnehmer zusammen hinter dem Instruktor Zoom

Und weil eine Ausfahrt im Formel-Auto keine Kaffeefahrt ist, verabschieden sich selbst die Profis immer einmal wieder von der Rennstrecke. "Es ist kein Zufall, dass wir Valencia als Rennstrecke für diese Ausfahrten und unsere Lehrgänge ausgewählt haben".

Die 3,1 Kilometer lange Variante, die befahren wird, hat nicht nur großzügige Auslaufzonen auf der Außenseite der Strecke, sondern - und das haben nicht alle Rennstrecken - auch einige Meter Auslauf an der Innenseite der Strecken: "Anfänger verabschieden sich meist in die Innenseite der Kurve", weiß der Instruktor. Ein ausbrechendes Auto wird überkorrigiert und schon dreht es die Fahrer zur Innenseite der Kurve.

Nach einer weiteren Lektion mit der Nennung der Gänge, die für die verschiedenen Kurven notwendig sind und der Erklärung der Ideallinie werde ich im Auto das erste Mal angeschnallt. Auch wenn ich bereits zweimal zuvor in einem Formel-Fahrzeug gefahren bin, ist es doch immer wieder im ersten Augenblick ein seltsames Gefühl, fast im Auto zu liegen und dabei auch noch so fest gezurrt zu sein, dass nicht mal ein paar Millimeter Bewegungsfreiheit drin sind.

Dann geht es los zur ersten Lektion: Boxengerade rauf, Zielgerade runter und wieder zurück. Rund 20 Minuten heißt es zunächst einmal, das richtige Schalten zu lernen. Leerlauf einlegen, Motor starten. Erster Gang einlegen, klack. Drehzahl auf rund 2.500 Umdrehungen pro Minute erhöhen und die Kupplung langsam kommen lassen. Ich bin überrascht. Das Losfahren geht fast so geschmeidig wie in einem normalen PKW. Kein Vergleich zu den Formel-Renault und Formel-Ford-Autos, die ich vor einigen Jahren fuhr.

Formula BMW Racing Center

Wenn die Reifen kalt sind, merkt man den fehlenden Grip deutlich Zoom

Kaum setzt sich das Fahrzeug in Bewegung, ist die seltsame Sitzposition vergessen. Es kostet nicht viel Überwindung, das Gaspedal ganz durchzudrücken. Von 0 auf 100 schafft es das Auto in unter 4 Sekunden. Auch das Hochschalten ist kein Thema, auch wenn man den Hebel mit viel Kraft an sich heranziehen muss.

Der Spruch "Wer bremst, verliert" ist im Rennsport völliger Blödsinn. Denn die Spreu vom Weizen trennt sich nicht beim Beschleunigen sondern beim Bremsen. Das wird mir sofort deutlich. Die ersten paar Runden nutze ich die Bremse nicht richtig aus, da muss man sich erst herantasten.

Am Ende der Start- und Zielgeraden nehme ich meinen Mut nach ein paar Versuchen zusammen und drücke das Bremspedal mit rund einem Zentner Druck nach unten. Das Auto verzögert, als würde man einen Anker werfen. Doch innerhalb weniger Zehntelsekunden ist der Großteil der Geschwindigkeit abgebaut und die Räder blockieren - weil ich den Bremsdruck nicht reduziert habe. In der Tat, das Bremsen verlangt nach Übung.

Aber auch an den richtigen Schaltpunkt muss man sich gewöhnen. Das Gehör sagt ob der hohen Drehzahlen und der lauten Geräuschkulisse, dass man schalten muss - dabei leuchtet von der LED-Leiste, die das Drezahllimit ankündigt, nicht einmal die erste LED.

Formula BMW Racing Center

Es braucht ein paar Runden, bis man die richtigen Bremspunkte kennt Zoom

Sebastian Vettel und Jörg Müller beobachten unterdessen die Teilnehmer jeweils an einem Ende der Boxengasse und winken diese nacheinander zu sich heraus. "Das ist wie Kraut und Rüben bei dir", so die vernichtende Kritik von Müller an meinem Runterschalten. In guter alter Formel-Ford-Manier (Doppel-Kupplung) traue ich mich nicht, gleichzeitig zu Kuppeln, zu Schalten und Zwischengas zu geben sondern erledige dies jeweils in kurzer Abfolge nacheinander. Der Profi lässt mich das ganze einmal "trocken" üben und schickt mich wieder auf die Strecke.

Bei der nächsten Vorbeifahrt bekomme ich von ihm den Daumen nach oben gezeigt. Dennoch zieht mich kurze Zeit später Sebastian Vettel "aus dem Verkehr". Er klopft mit seiner Hand auf den Cockpitrand vor mir: "Das Ding hier ist ein Rennfahrzeug. Du musst da keine Rücksicht nehmen, nimm' das ruhig richtig ran." Mit anderen Worten: Ich bin immer noch auf Schonung des Getriebes getrimmt.

Nun mache ich es tatsächlich in der "Wamm, wamm, wamm"-Manier. Und siehe da: Butterweich schaltet das Getriebe die Gänge runter, das Auto bleibt stabil, keine blockierende Hinterachse und es ist auch kein Kratzen vom Getriebe zu vernehmen. Gut, dass wir zunächst das Schalten üben dürfen, ohne uns auf das Kurvenfahren konzentrieren zu müssen.

Sebastian Vettel

Sebastian Vettel meint, dass ich das Auto härter rannehmen soll Zoom

Nachdem es rund läuft, freue ich mich auf die Ausfahrt auf der Strecke, doch zunächst ist die andere Gruppe an der Reihe und wir erhalten erneut eine Lektion Theorie vermittelt. Was bedeutet Übersteuern und Untersteuern und wie habe ich darauf zu reagieren?

Untersteuern bedeutet, dass das Auto über die Vorderachse schiebt, weil die Vorderreifen an Haftung verlieren. Um den Vorderreifen wieder Haftung zu verleihen, heißt es, vom Gas zu gehen, um den Schwerpunkt des Autos nach vorn zu verlagern, eventuell sogar ein bisschen zu bremsen. Zudem die Lenkung etwas öffnen. Und wenn das Auto nicht mehr kontrollierbar ist, nicht auf die Strecke "zwingen" sondern zur Not Lenkung auf und durch das Kiesbett zurück auf die Piste, um einen Dreher zu vermeiden.

Beim Übersteuern verliert die Hinterachse an Haftung und ein Dreher droht. Gegenmittel: Das Auto durch Einschlagen des Lenkrads in Fahrtrichtung versuchen abzufangen, wenn das nicht hilft, sofort auskuppeln. Und wenn das Auto erst einmal verloren ist, keine Experimente, sondern voll auf die Bremse, um möglichst viel Geschwindigkeit abzubauen.

Anschließend folgen die ersten Runden auf der Strecke - zunächst hinter Sebastian Vettel im BMW Straßenfahrzeug. Jeder Fahrer verbringt eine Runde hinter dem Deutschen, dann lässt er sich am Ende der Start und Zielgerade zurückfallen.

Formula BMW Racing Center

Jeweils sieben Autos sind gemeinsam auf der Strecke Zoom

Nach einem Mittagessen mit reduzierter Portion - schließlich wird man im Auto gleich wieder festgezurrt - steht das freie Fahren auf der Strecke an - inklusive Überholerlaubnis an drei Stellen am Ende einer Geraden.

Die erste Gruppe bekommt die rote Flagge gleich mehrfach zu sehen, weil sich ein Teilnehmer von der Strecke gedreht hat. Dabei war noch gewarnt worden, dass die Reifen die ersten Runden kalt sind und man sich damit schnell von der Strecke dreht. Sogar hinter dem "Safety Car" hatte sich ein Teilnehmer einen Dreher erlaubt.

Immer wieder steigen Vettel und Müller in den Pkw und rasen zur Abflugstelle - obwohl eigentlich überall Streckenposten platziert sind. "Bei den Spaniern kannst du das vergessen. Die sagen 'Geht nicht' und lassen das Auto abschleppen anstatt es auf die Strecke zurückzuschieben", meint Müller, von oben bis unten voll mit Staub aus dem Kiesbett. "Da würden wir zu viel Zeit verlieren. Wir wollen doch schließlich viel fahren!"

Formula BMW Racing Center

Endlich frei fahren, endlich das eigene Limit suchen Zoom

Nach einem Dreher muss der Betroffene an die Box zurückkehren. Zum einen, um seinen Puls etwas zu senken, bevor er wieder auf die Strecke geht, schließlich ist ein zweiter Dreher direkt im Anschluss nicht selten. Zudem werden die Autos geprüft - es könnte ja auch ein Defekt vorliegen - und die Steinchen aus dem Kiesbett mit einem Staubsauger aus den Bremsen und Kühlereinlässen entfernt.

Unsere zweite Gruppe wird mit der Ermahnung auf die Strecke geschickt: "Denkt an die kalten Reifen!". Und prompt können wir rund eine viertel Stunde fahren, ohne dass eine rote Flagge den Spaß verdirbt.

Runde für Runde taste ich mich mehr an das Limit des Autos heran. Am Ende der Zielgeraden erreiche ich nach ein paar Runden erstmals den Drehzahlbegrenzer im sechsten Gang und damit über 200 km/h. Voll auf die Bremse, Bremsdruck reduzieren und zwei Gänge runter in den vierten Gang schalten. Innen über den Randstein und in der schnellen Linkskurve außen über den Randstein tragen lassen. Klingt spektakulär, aber ich bin mir ganz sicher, dass da noch viel Luft nach oben ist.

Im schnellen Rechts-Links-Knick - den die Formel 1 nicht fährt - habe ich meinen Schreckmoment. Voll auf dem Gas stehend erwische ich am Scheitelpunkt den inneren Randstein etwas zu hart, das Heck bricht aus. Reflexartig gehe ich kurz vom Gas und lenke gegen. Der Formel BMW erweist sich dabei als äußerst gutmütig und liegt sofort wieder ruhig.

Formula BMW Racing Center

Für ein Foto-Shooting hieß es Platz nehmen im Auto von Sebastian Vettel Zoom

Runde für Runde steigere ich mich, bremse die Kurven später an und gehe einen Tick früher aufs Gas. Doch dann sehe ich einen Streckenposten die rote Flagge schwenken. Eine Kurve später weiß ich, wofür. Ausgangs einer Kurve steht ein Teilnehmer im rechten Winkel auf der Strecke. Der Heckflügel ist abgeknickt, weil er beim Dreher die Leitplanke berührt hat.

In langsamer Fahrt geht es zurück an die Box. Der Motor wird wie immer sofort abgestellt, weil er sich ansonsten ohne den Fahrtwind schnell überhitzen würde. Nach einigen Minuten des Wartens dann das Zeichen zum Aussteigen. Schade, aber die Zeit reicht nicht mehr aus, schließlich muss der Transfer zurück zum Flughafen rechtzeitig erfolgen.

Die Karttalente haben zwei Tage Zeit, um beim Lehrgang ihr neues Auto kennen zu lernen. Trotz der beachtlichen Fahrzeit auf der Strecke weiß ich, dass ich noch viele Runden Übung brauchen würde, um nicht nur an ein paar Stellen der Strecke annähernd am Limit des Autos zu sein. So etwas geht einem eben nicht in ein paar Runden in Fleisch und Blut über.

Formula BMW Racing Center

14 Teilnehmer durften im Formel BMW Platz nehmen Zoom

Oder vielleicht doch? Wieder in Deutschland angekommen steige ich in meinen Pkw. Normalerweise fühlt sich der im Vergleich zu "normalen" Autos sportlich an, aber jetzt fühle ich mich, als würde ich in erhöhter Sitzposition in einem LKW sitzen und an einem gigantischen Lenkrad drehen.

Die notwendigen Kräfte aus dem Formel BMW gewohnt, bin ich froh, dass ich die Kupplung nicht beim ersten Tritt durch das Bodenblech befördert habe und den Schaltknüppel nicht aus seiner Halterung gerissen habe. Und auf der kurvigen Autobahnauffahrt erinnern mich meine Reifen daran: Du sitzt nicht mehr im Rennfahrzeug! Ausgeträumt! Aber für einen Tag durfte ich einen Traum zumindest ein bisschen wahr werden lassen.