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Holzer: "Wir halten die Opel-Fahne hoch"
Marco Holzer blickt im Exklusivinterview mit 'Motorsport-Total.com' auf tolle Erlebnisse zurück und einer harten Formel-3-Saison voraus
(Motorsport-Total.com) - Wir schreiben das Jahr 2007 nach Christus. Die ganze Formel-3-Euroserie ist von Mercedes-Motoren besetzt. Ganz? Nein, denn ein Häuflein unbeugsamer Opelaner aus dem schwäbischen Bobingen bei Augsburg hält in der Saison 2007 unbeirrt die Fahne der Rüsselsheimer hoch.

© xpb.cc
Marco Holzer testete im November 2006 einen BMW-Sauber F1.06 in Valencia
Marco Holzer ist der jüngste Spross aus dem Holzer-Clan, der nach zwei Jahren Formel BMW jetzt in die Formel-3-Euroserie aufgestiegen ist. Dabei hat der 18-Jährige schon einiges in seiner erst jungen Motorsportkarriere erreicht, denn er testete als Sieger des Formel-BMW-Weltfinales bereits einen BMW-Sauber F1.06, und war auch schon für Team Germany in der A1GP-Serie aktiv.#w1#
Jetzt holt ihn jedoch der Alltag ein, denn in seiner ersten Formel-3-Saison kämpft er gegen eine scheinbar übermächtige Gegnerschaft. Und Holzer macht sich diesbezüglich auch gar keine Illusionen, wie er jetzt in einem ausführlichen Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erzählte.
Eigentlich war Bahrain gar nicht geplant
Frage: "Marco, du bist schon einmal in einem Formel-1-Auto gesessen, quasi als Belohnung für den Sieg beim ersten Formel-BMW-Weltfinale in Bahrain. Wie kam das alles zustande?"
Marco Holzer: "In der Formel-BMW-Saison war ich damals nur auf Rang 13, und eigentlich wollten wir in Bahrain gar nicht an den Start gehen, weil wir keine Sponsorengelder hatten. Doch dann kam in letzter Sekunde, kurz nach nach Meldeschluss, doch noch ein Sponsor an Bord. Ursprünglich war unser Ziel eine Top-10-Platzierung, denn ich kannte ja auch die Strecke nicht, ich bin sie nur ein paar Mal auf der Play-Station gefahren."

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Einen Tag im Formel 1 als Belohnung für den Gewinn im Weltfinale Zoom
"Aber in Bahrain stand ich dann seit dem ersten freien Training unter den ersten Drei, und das ging auch so weiter. Im Weltfinale hat man fünf Heats, ein Pre-Finale und ein Finale. Ich habe dann drei von den Heats gewonnen und stand plötzlich auf Platz eins im Pre-Finale. Das hat 23 Runden und ich habe da einen konstanten Abstand zum Nico Hülkenberg halten können und habe dieses Rennen genauso gewonnen, wie später das Finale."
Frage:: "Mit anderen Worten: Da warst du selber überrascht?"
Holzer: "Ja. Mein Ziel war es eigentlich unter die Top 10 zu fahren und es war einfach unglaublich. Ich habe erst drei Wochen danach realisiert, was da unten alles passiert ist. Das hat eigentlich keiner erwartet - Familie, Team, Mechaniker, Ingenieure, das hat schon seine Zeit gedauert."
Formel 1 fahren kann man nicht beschreiben
Frage: "Was aber andererseits tolle Konsequenzen gehabt hat, denn du durftest ein Jahr später in Valencia dann den BMW-Sauber F1.06 fahren. Wie ist es denn, nur mit der Erfahrung eines Formel-BMWs auf einmal in einem Formel-1-Auto zu sitzen?"
Holzer: "Das kann man eigentlich gar nicht beschreiben. Vor allem bin ich ja vorher nur ein einziges Mal in einem Formel 3 gefahren, um das Linksbremsen zu üben. Und ein Formel-1-Auto ist da natürlich schon etwas ganz anderes. Allein die Bremskräfte, das kann man sich alles gar nicht vorstellen. Das ist wahrscheinlich so, wie wenn man mit einem normalen PKW gegen die Wand fährt. Auch die Beschleunigung und die Fliehkräfte sind abartig."

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Einen Formel 1 zu fahren, kann man nur schwer beschreiben Zoom
Frage: "Du hattest ja einen kompletten Tag Zeit. Wie viele Runden bist du denn gefahren?"
Holzer: "Insgesamt waren es 65 Runden. Gegen Mittag hatte man eigentlich schon gedacht, dass alles vorbei sei. Sie haben mich immer gefragt: 'Wie geht's dir? Passt noch alles?' Und ich habe immer gesagt: 'Ja, das geht schon noch'. Und dann wurde es ein Uhr, zwei Uhr und sie haben wieder nachgefragt. Ich bin immer sieben Runden-Stints gefahren und das letzte Outing war dann gegen 15 Uhr mit 13 oder 14 Runden. Ich glaube, die haben gar nicht damit gerechnet, dass ich solange fahren kann."
Frage: "Körperlich hattest du das also voll im Griff?"
Holzer: "Gut, am Ende habe ich das schon gemerkt. Es ist auch extrem, aber doch nicht so, dass ich sagen musste: 'Ich kann jetzt gar nicht mehr'."
Frage: "Das mit dem Bremskräften, das ist ja mittlerweile ziemlich bekannt. Aber wie ist es denn, wenn da auf einmal ein Formel-1-Motor einsetzt, im Vergleich zu einem Formel 3 oder einem Formel BMW?"
Holzer: "Das ist schon enorm. Aber man kann sich da ja quasi hinten anlehnen, daher ist das jetzt nicht so anstrengend, wie beim Bremsen."
Nur drei Zehntel langsamer als Vettel
Frage: "Jetzt gibt es ja den berühmten Spruch von Niki Lauda, der irgendwann einmal gesagt hat: 'Einen Formel 1 kann auch ein dressierter Affe fahren'. Du bist jetzt direkt aus der Formel BMW, mit nur einem Testtag in einem Formel 3, in einen Formel 1 eingestiegen. Ist das Ganze für einen Rennfahrer wirklich nicht mehr so schwer, wie man sich das allgemein vorstellt?"
Holzer: "Also einfach ist das nicht. Was wirklich leicht geht, ist die Lenkung, weil man ja eine Servolenkung hat. Auf der Geraden bin ich anfangs sogar ein bisschen Zick-Zack gefahren, bis ich den Dreh raus hatte. Aber das Schwierigste ist die Konzentration auf das Bremsen."

© BMW
Nur drei Zehntel fehlten am Ende auf die Zeit von Sebastian Vettel Zoom
Frage: "Also ist durch die Traktionskontrolle das Herausbeschleunigen aus den Kurven weniger das Problem?"
Holzer: "Wenn man den Punkt hat, wann man wieder auf das Gas gehen kann, dann geht das. Das Bremsen ist viel schwieriger."
Frage: "Wie lange braucht man in etwa, bis man sich wirklich ans Limit wagt?"
Holzer: "Ich bin meine schnellste Runde in meinem letzten Outing gefahren. Das hat sich pro Outing immer mehr aufgebaut und um 15 Uhr war dann die schnellste Runde. Ich war da nur drei Zehntelsekunden langsamer, als der Sebastian Vettel, der ja mit demselben Auto gefahren ist und der ja wesentlich mehr Testkilometer absolviert hat."
A1GP-Abenteuer in Indonesien
Frage: "Was in der ganzen Geschichte um deinen Formel-1-Test fast ein wenig untergegangen ist, ist die Sache mit deinem A1GP-Einsatz. Du hattest ja auch einmal die Gelegenheit, einen A1GP-Boliden zu bewegen. Wann und wo war das?"
Holzer: "Das war Anfang Dezember 2006 im Rahmen der Rookie-Sessions von Indonesien."

© A1GP
Erster Auftritt in der A1GP-Serie im indonesichen Sentul Zoom
Frage: "Wie kam das zustande?"
Holzer: "Ich war am Dienstag in der Arbeit, weil ich ja noch eine Ausbildung als KfZ-Mechaniker mache. Dann war es kurz vor 17 Uhr, also eigentlich Feierabend. Auf einmal klingelt mein Handy, mein Vater ist dran und sagt mir: 'Morgen fliegst du nach Indonesien'. Der Willi Weber hat mir nach dem guten Formel-1-Test von Valencia einfach die Chance für eine Erfahrung mit dem A1GP-Auto geben wollen."
Frage: War das eine einmalige Geschichte?
Holzer: "Meines Wissens war das von Willi Weber ganz klar so geplant, dass der Nico Hülkenberg fährt und als zweiter Mann der Christian Vietoris da ist. Die Entscheidung war einfach nach dem guten Formel-1-Test, dass man mich einmal ausprobieren wollte."
Viele Rote Flaggen haben massiv gestört
Frage:: "Wenn man jetzt einen A1GP-Boliden mit einem Formel 3 und einem Formel 1 vergleicht, wo steht der dann?"
Holzer: "Der A1GP hat natürlich viel mehr Power als der Formel 3. Er hat auch keine Traktionskontrolle, da muss man höllisch aufpassen, wann man aufs Gas geht. Für mich besonders war auch die schwere Lenkung des A1GP. So eine schwergängige Lenkung hatte ich noch in keinem Auto, das ich bisher gefahren habe. Das war im Vergleich zum Formel 1 und zum Formel 3 schon ein auffälliger Unterschied."

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Durch viele rote Flaggen war dies nur ein kurzer Fahrspaß für Team Germany Zoom
Frage: "Würdest du dann sagen, dass das A1GP-Auto ein richtiger, klassischer Rennwagen der alten Schule ist? Oder anders gefragt: Wer mit einem A1GP zu recht kommt, der hat mit vergleichbaren Rennwägen keine großen Probleme mehr?"
Holzer: "Man muss sich natürlich immer umstellen, aber es ist schon eine große Hilfe, dass man einmal mit so einem schweren Auto gefahren ist. Schwierig war der Tag insofern, als dass ich in den zweimal 25 Minuten insgesamt nur acht oder zehn Runden gefahren bin, weil für Rest der Session eigentlich die ganze Zeit Rote Flaggen draußen waren."
"Ich habe im Prinzip die Bremsen für den Nico angebremst. Und als ich mich rantasten wollte, war schon wieder Rot, dann musste ich wieder raus. In der Rookie-Session machen wir die Strecke sauber und da sind ein paar Leute so abgeflogen, dass fast komplett Rot war."
"Abends habe ich dann Willi Weber angerufen und mich für den Test bedankt. Ich habe ihm auch gesagt, dass es einfach zu kurz war, und dass es eben schade war wegen den permanenten Roten Flaggen. Dann meinte er: 'Vielleicht kann man das ja einmal wiederholen'."
Einziger Opel-Pilot im Feld
Frage: "Marco, jetzt fährst du 2007 die Formel-3-Euroserie im Holzer-Team von deinem Vater und deinem Onkel. Und du hast keinen Teamkollegen..."
Holzer: "Ja, das macht die Sache doppelt schwer."
Frage: "Dazu fährst du als einziger Pilot im gesamten Feld einen Opel-Motor. Warum ist das so? Hat das mit eurer DTM-Vergangenheit zu tun?"
Holzer: "Mein Cousin Thomas ist vor zwei Jahren auch in dem Team mit dem Opel-Motor gefahren, und wir haben uns jetzt wieder dazu entschieden, den Opel zu fahren. Das Holzer-Team war auch schon zu DTM-Zeiten ein Opel-Team, von daher gibt es da sicher historische Gründe."

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Nach zwei Jahren im Formel BMW jetzt die Formel-3-Euroserie Zoom
"Wir bekommen jetzt von unserem Tuner Spiess einen eigenen Motoren-Ingenieur für die Formel-3-Euroserie und wir versuchen einfach, die Opel-Fahne in der Serie aufrecht zu halten und den Motor weiterzuentwickeln. Wir denken, dass aus dem Opel-Motor noch nicht alles rausgeholt wurde, was da rausholbar ist und wir wollen einfach zusammen mit der Firma Spiess den Motor weiterentwickeln und konkurrenzfähig sein."
Frage: "Wenn man sich die Zeiten von den Hockenheim-Tests anschaut, dann stehst du auf der falschen Seite der Tabelle. Für jemand, der nur drei Zehntelsekunden langsamer als Sebastian Vettel ist, ist das ziemlich ungewöhnlich. Liegt das nur am Motor?"
Holzer: "Nein, das würde ich jetzt nicht sagen. Es liegt genauso an mir und am Auto. In den schnellen Kurven sind wir vom Speed her dabei, es fehlt uns eigentlich nur an den langsamen Ecken und daran müssen wir jetzt einfach arbeiten."
Wenig Tests und bescheidene Saisonziele
"Wir hatten auch noch nicht so viele Tests, wie die anderen Teams und haben jetzt bei den offiziellen Tests gesehen, dass uns noch etwas fehlt. Es ist zwar jetzt zeitlich gesehen alles ziemlich eng, aber dann müssen wir das halt alles in den freien Trainings probieren aufzuholen. Wir waren ja ansonsten nur zwei Tage im Auto."

© Holzer
Neues Auto, neues Motorhome - in der Saison 2007 wird sich vieles ändern Zoom
Frage: "Das bedeutet aber auch, dass deine Saisonziele als Formel-3-Rookie anders aussehen, als man von jemandem mit deiner Historie - Formel 1, A1GP - erwarten könnte?"
Holzer: "Ja klar. Jetzt ist einfach alles wieder neu. Das Team hat ein Jahr Pause gemacht, ich bin in meiner ersten Formel-3-Saison - ich will soviel wie möglich lernen und vielleicht ein paar Einzelergebnisse einfahren und einfach soviel aus dem Jahr herausholen, was geht."
"Top-10-Ergebnisse sind sicher mein Ziel, dafür gebe ich alles. Aber dann muss natürlich auch alles passen. Sowohl von meiner Seite, als auch vom Auto und vom Motor. Unser Paket müssen wir jetzt erst einmal zusammenbringen, denn wir können ja jetzt nicht sagen, dass wir ein Jahr nur am Fahren gewesen sind, sondern wir haben halt ein Jahr Formel-3-Pause gemacht."
Grosjean, Buemi und Hülkenberg als Favoriten
Frage: "Wie sieht es mit den Strecken aus? Welche der aktuellen Strecken kennst du schon?"
Holzer: "Ich kenne natürlich die deutschen Strecken alle, Zandvoort auch. Barcelona kenne ich von der Play-Station, aber Mugello, Brands Hatch, Nogaro und Magny-Cours sind für mich alle neu. Aber es war noch nie ein Problem für mich, mich auf neue Strecken einzustellen, das dauert vier bis fünf Runden, dann habe ich das drin.

© Holzer Rennsport
Die Saisonziele von Marco Holzer sind 2007 sehr bescheiden Zoom
Frage: "Was gibt es denn für bekannte Größen für dich in der neuen Saison?"
Holzer: "Einigermaßen bekannt ist für mich der Komplex Getriebeeinheit und Schaltung, wir schalten in der Formel 3 ja sequentiell. Auch das ziemlich enge Cockpit in der Formel 3 kenne ich vom Formel 1 her. Die Power an der Hinterachse ist eher weniger, verglichen mit dem, was ich schon fahren durfte."
Frage: "Und wie sieht es mit der Konkurrenz aus? Wer sind denn nach den ersten Eindrücken deine Favoriten?"
Holzer: "Zu den Favoriten zählen für mich in erster Linie der Romain Grosjean und der Sebastian Buemi, weil die schon ein Jahr Erfahrung haben, aber natürlich auch der Nico Hülkenberg."

