• 20.12.2010 15:35

  • von Stefan Ziegler

Palmer: Die Stärken und Schwächen der Formel 2

Warum weniger manchmal mehr ist: Formel-2-Chef Jonathan Palmer über den Weg in die "Königsklasse" und die Rivalität zu anderen Serien

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr gab die "neue" Formel 2 ihr Debüt auf den Rennstrecken in Europa, in dieser Saison zählte die Rennserie von Jonathan Palmer bereits zu den etablierten Meisterschaften im Formelbereich. Erklärtes Ziel der Formel 2 ist, jungen Fahrern mit beschränkten finanziellen Mitteln den Aufstieg in höhere Klassen und letztendlich in die Formel 1 zu ermöglichen. Einfach ist das nicht.

Titel-Bild zur News: Jonathan Palmer Formel 2

Ex-Formel-1-Pilot Jonathan Palmer ist der Cheforganisator der "neuen" Formel 2

Besonders, wo Formelserien in den vergangenen Jahren doch regelrecht aus dem Boden geschossen sind und selbst Szenekenner ihre Schwierigkeiten damit haben, den Unterbau der Formel 1 überhaupt noch zu überblicken. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erläutert Palmer, was die Formel 2 von anderen Nachwuchsligen unterscheidet und wodurch seine Meisterschaft im direkten Duell punktet.

"Es ist gewissermaßen das Alleinstellungsmerkmal der Formel 2, dass jeder Fahrer genau die gleichen Chancen hat", meint der Brite. "Das findest du in keiner anderen Serie. In andere Klassen kommen zwar ebenfalls Einheitsautos zum Einsatz, doch die Leistung des Fahrzeugs variiert je nach dem, wie viele Energien das jeweilige Team in den Rennwagen fließen lässt", erklärt Palmer.

Wer bietet die beste Chancengleichheit?

"Die Fähigkeiten des Rennstalls und nicht zuletzt das Budget können durchaus einen Unterschied in Bezug auf die Leistung ausmachen. Im Prinzip kann man sagen: Je mehr Geld man ausgibt, umso besser wird das Team sein. In der Formel 2 ist das anders. Dort herrscht Chancengleichheit und die Kosten sind deutlich geringer" - weil die Rennserie für den Einsatz der Autos verantwortlich zeichnet.

Eine Philosophie, welche die meisten anderen Rennligen nicht teilen. Palmer sieht genau in diesem Punkt einen Vorteil der Formel 2, die er aber aktuell nicht als "die Nachwuchsklasse schlechthin" verstanden wissen will. "Die GP2 ist sicherlich das Sprungbrett in die Formel 1, nur ist diese Serie halt sehr teuer. Viele Piloten können es sich einfach nicht leisten, dort an den Start zu gehen."

"Die GP2 ist sicherlich das Sprungbrett in die Formel 1, nur ist diese Serie halt sehr teuer." Jonathan Palmer

Hat man aber ein gut gefülltes Sponsorenportfolio, so locken GP2 und auch GP3 mit dem Fahren vor den Augen des Formel-1-Fahrerlagers. Ein Umstand, den man positiv und negativ bewerten kann, wie Palmer hinzufügt. "Es gibt keine Zweifel daran: Im Rahmenprogramm der Formel 1 anzutreten ist das Beste, was dir als Rennserie passieren kann", meint der Organisator der Formel-2-Meisterschaft.

Die Formel 2 soll kostengünstig bleiben

"Andererseits hat es aber auch Vorteile, nicht bei einem Formel-1-Event dabei zu sein. Auf diese Weise bekommen wir mehr Streckenzeit für unsere Serie. Im Vergleich zur GP3 sind unsere Boliden fast doppelt so lange auf dem Kurs unterwegs. Außerdem ist auch das eine Kostenfrage, denn das Rahmenprogramm der Formel 1 ist nicht billig. Die Formel 2 spielt demnach eine andere Rolle."

"Sie richtet sich in erster Linie an die Fahrer, die kein riesiges Budget zusammen bekommen. Aus diesem Grund muss man darauf bedacht sein, die Kosten niedrig zu halten", sagt Palmer, der auch künftig ein kostengünstiges Rennprodukt anbieten will: "Wir wollen die Formel 2 entwickeln und auf einem geringen Budgetniveau halten. Trotzdem soll sie ein Sprungbrett in die Formel 1 darstellen.2

"Wir wollen die Formel 2 entwickeln und auf einem geringen Budgetniveau halten." Jonathan Palmer

"Das muss natürlich das Ziel sein", gibt der frühere Formel-1-Fahrer zu Protokoll. "Wir müssen eine gute Qualität und maximale Zuverlässigkeit bieten. Es ist vollkommen klar: Die GP2 wird immer schneller sein als die Formel 2. Unser kleines Budget erlaubt es uns nämlich nicht, diese Höhen zu erklimmen. Wir haben nur einen Bruchteil des finanziellen Einsatzes und müssen realistisch sein."

Die Tragödie von Brands Hatch

Dazu gehöre auch, nicht die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, sondern selbst aus den schwierigsten Stunden noch seine Lehren zu ziehen - wie nach Brands Hatch 2009, als die Formel 2 einen tödlichen Unfall und dessen Folgen zu verkraften hatte. Palmer: "Der Tod von Henry Surtees war eine große Tragödie. Das war vielleicht der schwärzeste Tag in meiner Motorsport-Karriere."

"Ich bin sehr traurig darüber, denn es war ein absolut unglücklicher Unfall. Leider ist der Rennsport halt nicht risikofrei, auch wenn wir versuchen, die Gefahren zu minimieren. Solche Zwischenfälle können eben immer auftreten", meint Palmer. "Ich dachte allerdings keineswegs daran, den Betrieb der Formel 2 einzustellen. Der Tod ist aber natürlich das Schlimmste, was passieren kann."

"Das war vielleicht der schwärzeste Tag in meiner Motorsport-Karriere." Jonathan Palmer

Beim Großbritannien-Event 2009 war Surtees jr. bei voller Fahrt von einem herumfliegenden Rad am Kopf getroffen worden und wenig später an seinen Verletzungen verstorben. Palmer und die Formel 2 leiteten anschließend umfangreiche Sicherheitsverbesserungen ein, um ähnlichen Zwischenfällen in Zukunft einen Riegel vorzuschieben. Bislang mit Erfolg - derart heftige Unfälle blieben seither aus.