• 17.04.2016 13:44

  • von Dieter Rencken & Daniel Halder

Williams in China: Freude bei Massa, Bottas enttäuscht erneut

Williams ist auch beim dritten Rennen weit weg von der Spitze und backt kleinere Brötchen: Platz sechs für Felipe Massa sorgt für Freude, Valtteri Bottas im Nirgendwo

(Motorsport-Total.com) - Nicht nur die beiden Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton erlebten in China einen völlig unterschiedlichen Rennsonntag. Auch bei den Williams-Fahrern Felipe Massa und Valtteri Bottas gab es hinterher verschiedene Gefühlslagen: Bottas musste mit Platz zehn einmal mehr eine große Enttäuschung hinnehmen, Massa freute sich ungewöhnlich heftig über Platz sechs. Besonders, dass es ihm gelang, den drängelnden Weltmeister Hamilton in der Schlussphase hinter sich zu halten, sorgte für Begeisterung beim Brasilianer.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Massa vor Bottas - dieses Bild gab es diese Saison schön häufiger bei Williams Zoom

"Ich bin heute sehr glücklich! Das war ein fantastisches Rennen, auch wenn ich nicht auf dem Podium stehe", jubelt er im Interview mit 'SkyUK'. Der 34-Jährige ist sich sicher: "Das war heute das bestmögliche Ergebnis für mich." Massa fallen dabei gleich drei Gründe ein, weshalb er nach dem China-Grand-Prix mit sich und der Welt zufrieden ist: sein Start, der ihn in der ersten Runde von Position zehn auf sieben vorbrachte, sein Reifen-Management und das Duell mit Hamilton in den letzten 15 Runden des Rennens.

"Es war natürlich toll, dass ich Lewis hinter mir halten konnte. Als es mir gelang, ihn außerhalb der DRS-Sekunde zu halten, wusste ich, dass er mich nicht mehr überholen kann", beschreibt er seinen Kampf mit dem lädierten Mercedes des Weltmeisters. In den letzten 25 Runden des Rennens hatte der Brasilianer wie die meisten Piloten Medium-Reifen aufgezogen, hatte damit aber - im Gegensatz zu seinem Teamkollegen - keinen Leistungseinbruch.

Ungewöhnlich viel Jubel über Platz sechs

"Das war perfekt: Ich konnte heute viele Erfahrungen sammeln und vor allem besser verstehen, wie ich mit den Reifen umzugehen habe. Jetzt gehe ich mit viel Selbstvertrauen nach Sotschi", so Massas Fazit, wenngleich er einräumen muss, dass Mercedes, Red Bull und Ferrari auch in Schanghai wieder viel schneller als die Williams-Renner waren. Beim Traditionsrennstall aus Grove hat man eingesehen, dass man erst mal kleinere Brötchen backen muss - wohl auch deshalb fällt die Freude über einen sechsten Platz ungewöhnlich groß aus.

Weniger Spaß hatte dagegen einmal mehr Valtteri Bottas, der auch im dritten Grand Prix des Jahres nicht richtig in Schwung kam. Nach den Plätzen acht (Australien) und neun (Bahrain) musste er sich in China diesmal sogar nur mit Platz zehn zufrieden geben - viel zu wenig für den ambitionierten Finnen. "Sehr enttäuschend", klagt er, nachdem er am Ende durchgereicht und kurz vor Rennende sogar noch von Toro-Rosso-Pilot Carlos Sainz überholt wurde. "Auf dem Medium-Reifen hatte ich überhaupt keinen Grip und keine vernünftige Geschwindigkeit, deshalb habe ich am Ende einige Positionen verloren."


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Rätselraten über Bottas' Performance-Probleme

Der Finne hatte in der 30. Runde, eine Runde vor Massa, seinen dritten Boxenstopp absolviert und war auf die härteste verfügbare Mischung gewechselt. Weshalb er damit aber überhaupt nicht zurechtkam, ist ihm ein Rätsel: "Vielleicht war irgendetwas am Auto kaputt, ich weiß es nicht." Auch Williams-Chefingenieur Rob Smedley tappt noch im Dunkeln und kündigt Aufklärung an. "Das ist eigentlich völlig untypisch für ihn. Normalerweise ist er sehr gut darin, auf die Reifen aufzupassen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Wir müssen uns das ansehen und stärker zurückschlagen im nächsten Rennen."

Dann hofft Smedley darauf, dass für den Finnen in der bislang so enttäuschenden Saison endlich mal alles glatt läuft. "Es hatte heute schon schlecht begonnen für ihn. Er musste dem Ferrari-Crash in der Auftaktrunde ausweichen und verlor ohne sein Zutun einige Positionen. Schon wieder so viel Pech", stöhnt der Engländer. Bottas bestätigt: "Der Start und die Ferrari-Kollision hat mir schon vieles versaut. Danach lief es eigentlich ganz okay, ich konnte nach dem Reifenwechsel in der Safety-Car-Phase aufholen und kämpfen - bis zum letzten Stint eben."

Strategie passt endlich, Geschwindigkeit nicht

Und so treten Smedley und Co. mit sehr gemischten Gefühlen die Heimreise vom dritten Rennen des Jahres an. Nach dem Strategie-Desaster von Bahrain muss man sich diesmal wenigstens nicht vorwerfen lassen, wiederholt die falschen Entscheidungen an der Boxenmauer getroffen zu haben. "Wir haben bei einem sehr chaotischen und herausfordernden Rennen heute vieles richtig gemacht. Unser Ziel war es, die Anzahl der Stopps so gering wie möglich zu halten, das hat sich bei Felipe ausgezahlt", erklärt der Williams-Chefingenieur die unterschiedliche Strategie seiner Piloten.

Während Bottas schon in der vierten Runde während der Safety-Car-Phase von gebrauchten Supersoft- auf neue Soft-Reifen wechselte, absolvierte Massa seinen ersten Stopp erst nach 19 Runden und konnte somit einmal weniger Stoppen als sein Teamkollege. "Unsere Jungs waren auf unterschiedlichen Strategien, weil Felipe sich nach dem etwas schlechteren Qualifying den Reifen am Start aussuchen konnte. Er entschied sich für einen neuen Soft-Satz. Valtteri musste mit dem superweichen Quali-Reifen starten, deshalb war es beim Safety-Car klar, dass wir ihn hereinholen. Felipe konnte auf der Strecke bleiben und das hat ihm definitiv geholfen."

"Uns fehlt Geschwindigkeit und Leistung am Auto - und die brauchen wir!" Rob Smedley

Hoffnung macht dem Team ein relativ großes Update, das schon zum nächsten Rennen in Russland kommen soll. "In Sotschi werden wir ein paar Upgrades und ein paar neue Teile am Auto haben, darunter auch die neue Nase", bestätigt Smedley. Nach dem mehr als durchwachsenen Auftakt in die Saison ist die Marschroute bei Williams klar: "Wir müssen einfach unsere Leistung verbessern. Alles andere wie die Boxenstopps, Strategie, Fahrer und Entscheidungen an der Boxenmauer funktionieren schon so wie sie sollen. Uns fehlt aber noch die Geschwindigkeit und Leistung am Auto - und die brauchen wir", so der Brite abschließend.