• 22.05.2011 19:00

  • von Dieter Rencken

Whitmarsh: "Diesen Gefallen tut uns Sebastian nicht"

Martin Whitmarsh gratuliert Sebastian Vettel zum Sieg in Barcelona, ist aber zufrieden mit der starken Rennpace seiner McLaren-Piloten

(Motorsport-Total.com) - Im Qualifying hatte McLaren noch eine Sekunde auf Red Bull gefehlt, doch heute in Barcelona war Lewis Hamilton ein ebenbürtiger Gegner für den knappen Sieger Sebastian Vettel. Jenson Button kam als Dritter sogar vor Mark Webber ins Ziel. Das britische Team brillierte im Grand Prix von Spanien mit einer hervorragenden Strategie und einer stark verbesserten Rennpace. Im Anschluss an das Rennen stellte sich Teamchef Martin Whitmarsh den Medien, um mit ihnen den fünften Arbeitstag der Saison zu analysieren.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh und Jenson Button

Teamchef Martin Whitmarsh ist mit der heutigen Leistung nicht unzufrieden

Frage: "Martin, es war ein sehr hartes und interessantes Duell zwischen Lewis und Sebastian. Wie bewertest du deinen Fahrer heute?"
Martin Whitmarsh: "Ich finde, er hat großartige Arbeit geleistet. Eindeutig sind sie im Qualifying noch schneller als wir, aber im Rennen waren wir schnell. Sie hatten die bessere Streckenposition und Sebastian fährt wirklich sehr gut. Es wäre nett, wenn er hie und da mal einen Fehler machen würde, aber diesen Gefallen tut er uns nicht."

Vettel unter Druck fehlerlos

"Lewis hat ihn aber unter Druck gesetzt. Gegen Ende liefen sie auf viele Überrundete auf, sodass sich Sebastian auch mit DRS verteidigen konnte, was schade war, denn sonst wäre es vielleicht anders ausgegangen. Aber das Team hat großartige Arbeit geleistet, wir hatten gute Boxenstopps. Der letzte Stopp war gut, aber es war unser langsamster. Wenn wir den ein bisschen schneller hinbekommen hätten, wäre er am Boxenausgang vielleicht direkt neben Sebastian gewesen."

"Das wäre sehr aufregend gewesen, aber zumindest konnten wir sie heute herausfordern. Das ist ein guter Fortschritt. Wir müssen an unserem Qualifying und ein bisschen am Start arbeiten, wo wir uns das Leben selbst schwierig gemacht haben, besonders Jenson. Er ist aber ein fantastisches Rennen gefahren. Nach der ersten Runde war er Zehnter, aber dann hat er das Feld überholt und ist noch Dritter geworden. Das Team hat eine gute Strategie ausgearbeitet und er hat seine Reifen gut geschont, war aber schnell, wenn es notwendig war. So arbeitete er sich nach vorne."

"Ich bin mir sicher, dass es den Zuschauern gefallen hat, am Ende eines Rennens einen Red Bull und einen McLaren so kämpfen zu sehen. Das war sehr aufregend. Ein paar Mal dachte ich, dass Lewis es packen würde, aber es kam anders. Aber noch einmal: Adrian (Newey, Technischer Direktor; Anm. d. Red.) und Red Bull leisten hervorragende Arbeit und Sebastian fährt im Moment außergewöhnlich gut."

"Aber wir sind näher dran, haben Fortschritte gemacht und werden versuchen, weitere Fortschritte zu machen. Wir mögen Monaco, haben dort glaube ich 14 Mal gewonnen - öfter als jedes andere Team. Es wäre schön, dem einen weiteren Sieg hinzuzufügen. Lewis ist dort immer phänomenal und Jenson mag die Strecke auch. Ich hoffe, dass wir dort wieder gewinnen können. Darauf konzentrieren wir uns."

Sebastian Vettel vor Lewis Hamilton

Lewis Hamiltons Jagd auf Sebastian Vettel blieb am Ende unbelohnt Zoom

Frage: "In den letzten Runden haben wir uns darüber amüsiert, als Lewis erst aufgefordert wurde, den blauen Knopf zu drücken, dann den gelben. Wie viele Boost-Buttons hat denn der McLaren?"
Whitmarsh: "Wir haben ein paar (lacht; Anm. d. Red.)! Da ist DRS, da ist KERS, ein Knopf für die Steuerung des Drehzahlbegrenzers und für die Benzinmischung. Wir haben alles gegeben."

Volle Attacke auf die Spitze

"Einmal dachten wir, dass er nicht mehr genug Benzin haben würde, um nach der Zieldurchfahrt die Auslaufrunde zu schaffen - was sollen wir tun? Ich habe gesagt: Wir geben alles und kümmern uns nachher darum! Aber es hat trotzdem nicht gereicht, auch wenn es eng war. Am Ende eines Rennens noch solche Spannung zu haben, ist genau das, worum es in der Formel 1 geht. Wir werden versuchen, in Zukunft vorne statt hinten zu liegen."

Frage: "Die FIA untersucht im Moment Lewis, Jenson und Mark, weil sie während der gelben Flaggen beim Kovalainen-Unfall nicht abgebremst haben. Was sagst du dazu?"
Whitmarsh: "Ich denke, sie werden sich die Daten anschauen. Von dem, was ich während des Rennens gesehen habe - danach hatte ich noch keine Gelegenheit, mir das anzuschauen -, haben sie in Kurve vier gelupft. Ich hoffe, dass man das in den Daten sieht, dann gibt es kein Problem."

Frage: "Du erwartest also keine Strafe?"
Whitmarsh: "Nein. Das tut man doch nie, aber manchmal kriegt man trotzdem eine! Ich hoffe es nicht."

Frage: "Wie erklärst du dir, dass eure Rennpace im Vergleich zum Qualifying so deutlich besser ist?"
Whitmarsh: "Red Bull macht einige Dinge, um das Auto speziell für das Qualifying abzustimmen, wodurch sie auf eine Runde sehr schnell sind. Wir arbeiten an diesen Bereichen und Eigenschaften, aber nicht auf Kosten der Rennpace, denn die brauchen wir auch. Aber wir brauchen etwas bessere Startpositionen."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Spanien, Sonntag


Frage: "Red Bull hat mit sehr frühen Boxenstopps auf eine sehr aggressive Strategie gesetzt. Hattet ihr das erwartet?"
Whitmarsh: "Nein, aber von dort aus, wo Jenson war, hatten wir diese Wahl ohnehin nicht. Ich glaube, wir haben die Strategie gut hinbekommen, hatten auch gute 3,3-Sekunden-Boxenstopps - alle Stopps waren heute schnell. Ich meine, dass wir das Beste aus der Situation gemacht haben, obwohl wir nach der ersten Runde ziemlich weit hinten waren."

Wird McLaren zum "Reifenflüsterer"?

Frage: "Glaubst du, dass euer Reifenmanagement besser ist? Denn am Ende der Stints sah es jeweils so aus, als wärt ihr schneller gewesen."
Whitmarsh: "Ich glaube, das waren wir tatsächlich. Das war ermutigend. Jenson hat fantastische Arbeit geleistet, aber Lewis auch. Wir wollten die Zeit auf dem harten Reifen am Ende minimieren. Es wäre uns entgegengekommen, wenn das Rennen noch drei, vier Runden länger gedauert hätte, aber Sebastian fährt wirklich gut."

Frage: "Habt ihr Lewis voll attackieren lassen?"
Whitmarsh: "Ja, denn zu dem Zeitpunkt hätte er einen weiteren Stopp einlegen können, wenn es notwendig gewesen wäre. Also hat er voll attackiert. Wir machten uns keine Sorgen um die Reifen, denn im schlimmsten Fall hätte er halt nochmal Reifen wechseln müssen, ohne dabei eine Position zu verlieren. Das macht einem das Leben strategisch gesehen ein bisschen einfacher."

Mark Webber und Jenson Button

Jenson Buttons Manöver gegen Mark Webber hatte es wirklich in sich Zoom

Frage: "Wie viel Rundenzeit habt ihr mit euren Updates gefunden?"
Whitmarsh: "Ich glaube, mehr als eine halbe Sekunde. Wenn wir zurückkommen, werden wir das genau evaluieren. Ich hoffe, dass wir noch ein paar halbe Sekunden finden, um die anderen zu schlagen."

Frage: "Was erwartest du für Monaco?"
Whitmarsh: "Ein schwieriges Rennen. Hoffentlich gewinnen wir es. Aber die Konkurrenz ist stark, nicht nur Red Bull. Fernando hat gestern eine fantastische Qualifying-Runde hingelegt, auch wenn wir unter normalen Umständen einen Vorsprung auf sie haben. Allerdings können sie sich sehr rasch steigern, genau wie auch Mercedes."

Frage: "In Monaco ist das Qualifying ein Teil des Schlüssels. Könnt ihr Red Bull dort näher kommen als hier?"
Whitmarsh: "Es ist ein anderer Streckentyp und wir bekommen dort auch Supersoft-Reifen, mit denen wir bisher noch nicht gefahren sind. Ich könnte genau wie jeder andere auch spekulieren, aber das bringt nichts. Es kommt nur darauf an, wie wir uns am Samstagnachmittag schlagen. Ich hoffe, wir werden näher dran sein, aber ich weiß es nicht."