• 21.04.2013 21:03

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken aufgezeichnet

Whitmarsh: "Checo ist noch ein junger Kerl..."

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh spricht über das heiße Duell zwischen seinen beiden Fahrern und erklärt, dass er sowohl Button als auch Perez versteht

(Motorsport-Total.com) - In der Haut von Martin Whitmarsh wollten beim Großen Preis von Bahrain wohl die Wenigsten stecken. Denn die beiden Fahrer seines McLaren-Teams gaben es sich auf der Strecke so richtig. So sehr, dass dabei sogar Karbonteile flogen und sich die Autos gleich mehrfach berührten. Dennoch ließ Whitmarsh seine Piloten Jenson Button und Sergio Perez weiter frei fahren. In seiner Medienrunde erklärt der Brite, wie er den überaus aufregenden Zweikampf als McLaren-Teamchef erlebt hat.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Die Fahrer von Martin Whitmarsh lieferten sich in Bahrain ein überaus enges Duell Zoom

Frage: "Martin, wie wertest du das Auftreten von Sergio Perez im Rennen?"
Martin Whitmarsh: "Nun, er ist ein junger Kerl und lernt noch dazu. Er kämpft. Das ist okay für mich."

Frage: "Hast du schon mit ihm gesprochen?"
Whitmarsh: "Ja."

Frage: "Und, hast du geschimpft?"
Whitmarsh: "Nein (lacht; Anm. d. Red.). Ich habe ihm meine Sicht der Dinge geschildert."

Frage: "Jenson Button schien sehr aufgebracht zu sein..."
Whitmarsh: "Klar. Er ist aber auch ein erwachsener Bursche. Die beiden werden sich sicher zusammensetzen und die Sache nochmals im kleinen Kreis ausdiskutieren. Sie werden das unter sich aussortieren. Sie haben schließlich beide aufgrund des Duells etwas Zeit liegenlassen. So etwas passiert aber, wenn du deine Fahrer ihr Rennen fahren lässt. Da kannst du nicht einfach in Runde 38 deine Meinung ändern. Entschuldigung, Jungs, ich hatte es nicht so gemeint. Das geht nicht."

"So etwas passiert, wenn du deine Fahrer ihr Rennen fahren lässt." Martin Whitmarsh

"Du musst dann schon dabei bleiben. Und es ist stets der Hintere, der sagt: 'Ich hätte aber schneller fahren können...' Es sind halt Rennfahrer. Und ein Rennfahrer wird es sicher niemals gut finden, wenn sein Teamkollege so über ihn herfällt. Ich kann Jenson aber verstehen. Beim ersten Stopp holten wir Checo vor Jenson herein. So kam er vor ihm auf die Strecke zurück."

"Wir hatten Jensons Team die Wahl gelassen. Sie haben sich aber dazu entschlossen, diese Möglichkeit nicht wahrzunehmen. Checos Team nutzte die Gelegenheit und lag prompt vor Jenson. Und ich weiß ja, was im Kopf eines Rennfahrers vor sich geht. Er stellt sich die Frage: 'He, wie konnte das passieren?' Jenson ist aber, wie gesagt, erfahren genug dafür."

Die Teamleitung greift nicht ein - wie besprochen

"Checo dagegen ist noch ein junger Kerl, der noch lernen muss, wie er mit gewissen Drucksituationen als McLaren-Fahrer umzugehen hat. Das kann er tun, wenn wir ihm ein Auto geben, das gut genug ist. Er musste sich da draußen beweisen und zeigen, dass er es mit Jenson aufnehmen kann. Jenson ist ein klasse Rennfahrer und hat ihn bisher in jeder Hinsicht geschlagen. Es ist nur natürlich. Ich freue mich, dass Sergio für sein Ergebnis gekämpft hat."

Frage: "Wie groß war die Versuchung, vom Kommandostand aus einzugreifen?"
Whitmarsh: "Die Versuchung war sicher vorhanden. Unterm Strich ist es ja schließlich meine Entscheidung. Ein paar Leute um mich herum meinten auch, dass es gewisse Spannungen gäbe. Ich hielt es aber nicht für das Richtige, einzuschreiten. Wie auch immer du es machst: Der Hintere wird stets sagen, der Schnellere gewesen zu sein. Langfristig gesehen war es jedenfalls sicher das Richtige, nicht einzugreifen."

"Ich hielt es aber nicht für das Richtige, einzuschreiten." Martin Whitmarsh

Frage: "Wird sich durch die Aktionen heute das Verhältnis zwischen Jenson Button und Sergio Perez verändern?"
Whitmarsh: "Ich glaube nicht. Sie sind Rennfahrer und respektieren sich gegenseitig. Und sie treten an, um den jeweils Anderen zu schlagen."

Frage: "Im Duell mit Jenson Button hat sich Sergio Perez den Frontflügel beschädigt. Was genau ging dabei eigentlich kaputt?"
Whitmarsh: "Es hätte viel schlimmer sein können. Er hätte seinen Frontflügel abreißen und den Hinterreifen seines Teamkollegen aufschlitzen können. Das ist sicherlich nicht die klügste Aktion in einem Rennen."

Frage: "Wie erklärst du dir, dass McLaren im Rennen so stark war. Die Geschwindigkeit war wahrscheinlich besser als erwartet..."
Whitmarsh: "Offen gestanden: Ja. Wir waren etwas stärker, sind aber noch nicht am Ziel. Wir haben ein paar Fortschritte gemacht, sollten uns aber nicht blenden lassen. Die Jungs haben heute gute Arbeit geleistet. Unser Auto ist derzeit jedoch nicht schnell genug. Wir müssen uns verbessern und das ziemlich rasch. Genau das haben wir vor."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Bahrain, Sonntag


Frage: "Waren die heißen Temperaturen vielleicht eine Hilfe?"
Whitmarsh: "Nun, ausgehend vom gesamten Wochenende eher nicht. Wir hatten nicht das Gefühl, dass es eine Hilfe wäre. Vor allem bei Jenson nicht. Er hatte Probleme mit den Reifen."

"Unser Auto ist derzeit nicht schnell genug." Martin Whitmarsh

Frage: "Was lief schief? Jenson Button ist ja normalerweise für seinen schonenden Umgang mit den Reifen bekannt..."
Whitmarsh: "Ich weiß es nicht. Jenson war selbst etwas überrascht. Bei seinem zweiten Reifensatz meinte er schon früh, dass der Verschleiß einsetzte. Da hatte er zu kämpfen. Sergio fühlte sich in diesem Augenblick stärker. So kam es zu diesem Duell."

Frage: "Wertest du dieses Rennen trotz allem als Fortschritt für Sergio Perez?"
Whitmarsh: "Absolut und zweifelsohne. Das war ein großer Schritt für ihn. Er kam zu McLaren und wurde gleich mal von Jenson in den Schatten gestellt. Deshalb stand er in der Kritik, denn als McLaren-Fahrer stehst du nun einmal auch unter Druck."

"Es war ein aufregendes Rennen. Als er Jenson von hinten traf, schoss er aber etwas über das Ziel hinaus. Er fuhr ansonsten aber sehr solide auf den sechsten Platz. Das war gut für ihn. Ich freue mich für ihn. Über ein paar Dinge müssen wir uns noch unterhalten, doch ich denke, er geht gestärkt aus diesem Rennen hervor."

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