• 08.07.2012 20:24

Webber: "Es fand ein gutes Ende"

Red-Bull-Fahrer Mark Webber ist stolz auf seinen zweiten Sieg in Silverstone und zeigt sich sehr zufrieden mit seinem bisherigen Saisonverlauf

(Motorsport-Total.com) - Mark Webber hat es geschafft: Der australische Rennfahrer wiederholte seinen Silverstone-Sieg von 2010, indem er Fernando Alonso (Ferrari) wenige Runden vor der Zieldurchfahrt noch abfing. Webber krönte damit eine sehr starke Leistung, denn er ließ natürlich auch Sebastian Vettel (Red Bull) hinter sich. In der Pressekonferenz spricht Webber, nach neun Rennen WM-Zweiter hinter Alonso und vor Vettel, über seine Leistung und die gute Form seines Red Bull RB8 in der aktuellen Saison.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber feierte seinen zweiten Sieg in Silverstone stilecht mit Champagner

Frage: "Mark, dein zweiter Sieg in Silverstone. Du bist sicher sehr zufrieden, nicht wahr?"
Mark Webber: "Ja, so ist es. Ich denke, es war ein sehr interessantes Rennen. Ich dachte am Start, dass Fernando eine sehr gute Geschwindigkeit vorlegte. Dann kam die Strategie ins Spiel. Fernando hatte das Rennen auf anderen Reifen begonnen. Du darfst halt niemals aufgeben. Wir machten weiter Druck und zum Schluss ging es halt nicht ganz auf für Fernando."

"Es war sehr eng, doch wir waren da, um es auszunutzen. Für das Team ist dies ein ganz besonderer Sieg. Die Fabrik steht quasi um die Ecke. Wir sind also eine einheimische Mannschaft. Das ist unglaublich für sie. Und Renault erzielte in Großbritannien einen weiteren Sieg. Ich bin sehr stolz darauf. Vielen Dank an alle Fans, dass sie uns in den vergangenen Tagen die Treue gehalten haben. Es war unglaublich."

Frage: "Wie sehr stellt dich dieser Sieg zufrieden?"
Webber: "Oh, sehr. Ich hatte ja nun schon ein paar Siege. Das ist toll. Dieser hier braucht aber wohl eine Weile, bis er richtig eingesickert ist. Zwischen mir und Fernando schien es wahrscheinlich anfangs kein besonders spektakuläres Rennen zu sein. Es war aber sehr interessant."

"Da spielte auch die Strategie eine gewisse Rolle. Vor allem auf unserer Seite. Wir orientierten uns bei unseren Stints an den Reifen und überlegten, ob es zwei oder drei Boxenstopps geben sollte, und wie sich die Reifen verhalten würden. Fernando begann auf der anderen Mischung. Mir war klar: Zum Ende hin würde er dann die aus seiner Sicht andere Variante fahren."

"Wir hatten die harte Mischung indes schon beim Start verwendet. Fernando war im ersten Stint richtig gut in Form und kam dem Sieg dadurch schon sehr nahe. Im letzten Stint kippte das Rennen aber in unsere Richtung. Ich bin absolut aus dem Häuschen. Auch aufgrund der Wings-for-Life-Aktion, die wir hier hatten. Eine tolle Initiative mit all den Bildern auf den Autos. Das ist eine tolle Geschichte."

"Fernando war im ersten Stint richtig gut in Form." Mark Webber

"Die Fans haben sich an diesem Wochenende mit dem schrecklichen Wetter herumgeschlagen, doch am Sonntag hatten wir einen herrlich trockenen Grand Prix. Manche werden heute Abend eine lange Heimreise haben, doch insgesamt bin ich sehr stolz. Wie ich schon sagte: Es ist ein besonderer Sieg. Fernando in den letzten Runden noch abzufangen und danach zum Sieg zu fahren, war wirklich klasse."

Frage: "Und das Timing ist sehr gut, denn es werden drei Rennen in nur vier Wochen ausgetragen, ehe es in die Sommerpause geht ..."
Webber: "Nun ja, wir haben in diesem Jahr eine Menge Rennen zu bestreiten. Melbourne war wichtig, auch Brasilien wird wichtig sein."

"Ich habe nun schon zweimal gewonnen. Es kommt also auch auf konstante Ergebnisse an. Wir wissen aber, wie eng es ist. Ich sehe, dass Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) als Vierter oder Fünfter oder was auch immer nur zehn Sekunden Rückstand hat. Es ist eng. Bei Seb sahen wir, dass er im ersten Stint ein bisschen Zeit verloren hat."

"Es ist eng." Mark Webber

"Das kann schon das Ende sein. Auch ich musste schon ein paar Mal in diesen sauren Apfel beißen. Es ist schwierig, sich dann davon zu erholen. Du musst solche Chancen daher mit beiden Händen ergreifen. Das habe ich am Sonntag getan. Ich hatte nur eine Möglichkeit, meine Duftmarke zu setzen. Diese Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen."

Alonso studieren und überholen ...

Frage: "Du schienst vor allem im Mittelsektor sehr viel Zeit auf Fernando Alonso gutmachen zu können. Teilst du diesen Eindruck?"
Webber: "Wenn du in Silverstone die Balance verlierst, dann wird es sehr, sehr schwierig. Die Geschwindigkeiten in diesem Sektor sind hoch. Wenn da etwas mit dem linken Vorderreifen nicht ganz in Ordnung ist, kannst du schier nichts machen."

"Als ich Fernando recht nahe auf die Pelle gerückt war, konnte ich sehen, dass er mit seinem Auto kämpfte. Es war klar ersichtlich, dass er so viel Druck wie möglich machte. Er hatte aber nicht die richtige Balance. Dann leckst du Blut und suchst deine Chance."

Frage: "Was war deine Hauptschwierigkeit während des Rennens? Waren es die Reifen, der Start oder vielleicht das Überholmanöver gegen Fernando Alonso?"
Webber: "Ja. Es ging darum, zu wissen, welche Geschwindigkeit man anschlagen konnte und darum, wie man das Rennen am besten einteilt, um eine Zweistopp-Strategie hinzukriegen. All dem galt meine Hauptaufmerksamkeit."

"Ich wollte sicherstellen, es bis zu den Runden zu schaffen, die die Jungs für meine Reifenwechsel berechnet hatten, und gleichzeitig die vorgegebenen Zeiten zu fahren. Du musst einfach das Beste aus den Reifen herausholen und ein möglichst gutes Tempo anschlagen. Das ist unterm Strich die beste Möglichkeit, um dem Ziel nahezukommen."

"Wir hatten viel Vertrauen in den Kommandostand." Mark Webber

"Wir hatten viel Vertrauen in den Kommandostand. Die Jungs dort helfen dir sehr dabei, einzuschätzen, welches Tempo du fahren kannst. Auch die Balancearbeit beim Boxenstopp war wichtig. Die Jungs haben am Frontflügel gearbeitet. Beim ersten Stopp nahmen wir eine ziemlich große Anpassung vor. Danach war ich im zweiten und im dritten Stint deutlich zufriedener mit dem Auto."

Red Bull ist selbst ein bisschen überrascht

Frage: "Hattest du im Rennen etwas mehr von deinem Auto erwartet, wenn du an Valencia zurückdenkst?"
Webber: "In Valencia sammelten wir viel Selbstvertrauen in das Auto. Ich denke, davor ging es nur darum, mit den neuen Regeln eine gewisse Richtung zu finden."

"In Valencia verstanden wir aber ein bisschen mehr über den RB8. Dieser Prozess hat sich hier fortgesetzt. Das Wort Potenzial wird ein bisschen zu oft benutzt, doch du musst probieren, bei allen Bedingungen das Beste aus deinem Auto herauszuholen. Meiner Meinung nach haben wir das Fahrzeug seit Barcelona definitiv verbessert."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Großbritannien


"Das hier ist eine sogar noch schnellere Strecke. Und du bist hier schnell in großen Problemen, wenn deine Balance beim Chassis nicht passt. Wir mussten das Auto im Wochenendverlauf also feintunen. Im dritten Freien Training lernten wir eine Menge dazu. Das war die einzige Gelegenheit auf trockener Strecke. Ich denke, wir waren sehr zufrieden, wie sich das Auto hier verhielt."

"Wir hatten wahrscheinlich nicht den Vorteil, den wir in ... Seb hatte einen sehr sauberen Grand Prix. Ich hing ein bisschen im Verkehr fest, doch Valencia war vielleicht noch etwas besser. Wir haben aber hier gewonnen. Es fand also ein gutes Ende. Fernando war nicht langsam. Das Team hat jedoch klasse Arbeit mit der Leistung der Fahrzeuge geleistet."

"Fernando war nicht langsam ..." Mark Webber

Frage: "Am Morgen hattest du noch gemeint, Regen oder nasse Bedingungen wären besser für euch., vor allem hinsichtlich der Temperaturen. Glaubst du, die steigenden Temperaturen hatten zum Ende hin irgendeinen Einfluss auf eure Leistung?"
Webber: "Als ich das sagte, hatten wir lediglich im dritten Freien Training eine trockene Strecke gehabt. Da war es nicht gerade sehr rund für uns gelaufen."

"Wir schauten uns an, wie Fernando in dieser Session abgeschnitten hatte. Er schien eine gute Balance zu haben und auch seine Sektoren machten einen sehr guten Eindruck, wenn man die Benzinladung und all dies bedenkt. Wir dachten: Fernando scheint richtig gut aufgestellt zu sein. Das hatten wir im Hinterkopf, als wir in dieses Rennen gingen."

"Wir durften auch das vergangene Jahr nicht vergessen. Damals lieferte er uns im Rennen ebenfalls einen heißen Tanz. Ferrari war hier schon immer ziemlich stark. Das Gleiche gilt für Fernando. Unterm Strich waren wir wohl ein bisschen überrascht von unserer Konkurrenzfähigkeit im Trockenen. Aber he, das ist doch ein tolles Problem. Wir haben einen guten Grand Prix hingekriegt."

Webber hat die Nase vor Vettel

Frage: "Du bist der Zweite, der in diesem Jahr ein zweites Rennen gewinnt. Das muss dir die Zuversicht geben, in diesem Titelkampf eine gute Rolle spielen zu können ..."
Webber: "Absolut. An Selbstvertrauen fehlt es mir im Augenblick sicher nicht. Es läuft gut. Ich denke, in Barcelona haben wir uns mit der Strategie im Qualifying keinen Gefallen getan."

"Dort sind wir aus eigener Schuld nicht in Q3 gelangt. Wir waren zu optimistisch, was das Tempo unseres Autos anbelangt. Insgesamt muss ich sagen: So weit, so gut. Wir genießen dieses Ergebnis, saugen es regelrecht auf. Das ist das Wichtige. Du musst dich daran erinnern, wie hart wir für solche Resultate arbeiten."

"Wir genießen dieses Ergebnis, saugen es regelrecht auf." Mark Webber

"Ab Montag dreht sich dann alles um Hockenheim. So muss das auch sein. Ich glaube, es ist eine lange, lange Saison. Von einer speziellen WM-Platzierung lasse ich mich jetzt nicht weiter beeindrucken. Sicher ist aber: Ich habe schon gute Punkte auf dem Konto. Ich sitze nicht bei 20 Punkten fest und muss mit einer solchen Ausbeute auskommen. Bislang läuft es wirklich gut."

Frage: "Du bist nun der WM-Zweite und liegst 16 Punkte vor Sebastian Vettel. Wirst du weiterhin attackieren oder lässt du Sebastian Vettel vorbei?"
Webber: "Ja. Ich denke, in Hockenheim werde ich Seb durchlassen. Nein, ehrlich, ich will versuchen, deine Frage mit dem gebührenden Respekt zu beantworten."

"Schau her, es ist für uns alle eine Meisterschaft. In den vergangenen Rennen hatte ich einen guten Lauf. Seb musste einen Ausfall hinnehmen, als er in Valencia führte. So war es nun einmal. Ich habe in diesem Jahr schon zwei sehr denkwürdige Siege eingefahren, allerdings unter unterschiedlichen Umständen."

"Ich habe lieber diese Punkte als die Zähler, die andere auf ihrem Konto haben. Es interessiert mich nicht, wer Dritter, Vierter oder Fünfter ist. Ich schaue auf den kleinen Kerl neben mir (Alonso; Anm. d. Red.), der ebenfalls sehr gut unterwegs ist. Wir müssen einfach weiterhin Druck machen."

Früher an später denken

Frage: "Macht dieses Ergebnis in Silverstone einen Unterschied, wo du 2013 fahren wirst? Du hast die Nummer zwei auf der Mütze, fuhrst aber wie eine Nummer eins ..."
Webber: "Es hilft mir sicherlich dabei, in der Formel 1 zu bleiben. Zu Jahresbeginn hatte ich noch keinen Vertrag. Ich mache viel Druck, um einen Vertrag für 2013 zu kriegen."

"Es läuft aber ganz ordentlich. Wir haben schon ein paar Punkte und ein paar Siege. Ich arbeite sehr hart daran, auch im kommenden Jahr in der Formel 1 zu fahren. Die Antwort auf die Frage lautet also: nein. Ich glaube aber, ich werde 2013 wieder in der Formel 1 sein."

Frage: "Silverstone scheint dir zu liegen. Du bist hier stets erfolgreich unterwegs. Was gefällt dir so sehr an dieser Rennstrecke?"
Webber: "Nun, am Morgen war ich mit meinen Hunden laufen. Das Gute ist: Wenn ich zu ihnen nach Hause komme, dann wissen sie nicht, ob ich einen beschissenen oder einen guten Tag hatte. Sie freuen sich immer, mich zu sehen. Es ist schön, mal zuhause sein zu können. Jeder von uns weiß, wie sehr wir Hotels lieben. Es ist einfach toll, zuhause zu sein."

"Ich glaube, ich werde 2013 wieder in der Formel 1 sein." Mark Webber

"Es ist natürlich mein Job - und das geht jedem Sportler und jeder Sportlerin so, egal ob Golfer, Tennisspieler, Rennfahrer - zu genießen, was dich an jedem einzelnen Austragungsort erwartet. Es ist aber vollkommen normal, dass es da ... wie Fernando in Barcelona. Es gibt dir einfach das extra Bisschen, das dich etwas ruhiger werden lässt und dir ein Wohlgefühl verschafft."

"Du versuchst, all dies bei jedem einzelnen Rennen erneut zu erzielen. Aber bei allem Respekt: In Hockenheim ist das nicht das Gleiche. Ich liebe es, überall Rennen zu fahren. Doch hier ist es einfach etwas Besonderes. 1996 habe ich hier mein erstes Rennen in der Formel Ford gewonnen. Diese Liebesbeziehung hat also weiterhin Bestand."

Frage: "Wirst du heute Abend zur Party deines Teamchefs Christian Horner gehen?"
Webber: "Schauen wir einmal, wie es wird. Ich bin normalerweise recht schnell gut dabei. Ich denke, ich werde den Abend einfach genießen und am Montag ein bisschen ausspannen ..."