Was uns die Daten über die jüngsten Probleme von Mercedes sagen

Die Schwäche des W15 in Highspeed-Kurven kam für Mercedes überraschend, was eine Lösung umso komplizierter macht - Daten zeigen, wie groß das Problem ist

(Motorsport-Total.com) - Vor dem Grand Prix von Australien in Melbourne an diesem Wochenende hat Mercedes zwar Hinweise, aber keine Antworten auf die Probleme, die den Start des deutschen Herstellers in die neue Formel-1-Saison getrübt haben.

Titel-Bild zur News: George Russell

George Russell kritisiert die inkonstante Performance des W15 über ein Wochenende Zoom

Nachdem man gehofft hatte, dass der neue W15 dem Team helfen würde, in Reichweite von Red Bull zu kommen, haben die jüngsten Probleme in Saudi-Arabien als Weckruf dafür gedient, wie viel mehr Arbeit noch getan werden muss.

Doch während die Konkurrenzsituation in Dschidda nicht allzu gut aussah - das Team landete hinter McLaren und Aston Martin - hat das Team das Gefühl, dass sein wahres Potenzial durch ein ganz bestimmtes Problem verschleiert wird.

Dabei handelt es sich um eine mysteriöse Eigenschaft, die den W15 in Highspeed-Kurven nicht so leistungsfähig macht, wie er sein sollte. Dort kostet eine Kombination aus Bouncing und dem Verlust von Abtrieb sowie Grip wertvolle Zeit.

Das Team ist der Meinung, dass diese Schwäche so ziemlich den gesamten Rückstand ausmacht, da das Auto in anderen Bereichen der Strecke konkurrenzfähig zu sein scheint.

Wie Mercedes-Teamchef Toto Wolff in Saudi-Arabien sagte: "Wir sind so ziemlich überall sonst schnell. Wir wissen, dass wir einen kleineren Heckflügel haben. Damit kompensieren wir das, was wir in den Kurven verlieren. Aber es ist nur in den Highspeed-Abschnitten, wo wir die ganze Rundenzeit verlieren."

Quali-Vergleich 2023/24 zeigt Unterschiede

Wolffs Bemerkungen scheinen durch Daten aus der realen Welt untermauert zu werden. Denn GPS-Vergleiche der Qualifying-Performance von Mercedes bei den letzten beiden Grands Prix von Saudi-Arabien haben Details des Problems aufgedeckt.

So zeigen GPS-Überlagerungen der Qualifikationsrunden von 2023 und 2024, dass der W15 vom Scheitelpunkt der Hochgeschwindigkeitskurve 4 bis zur Kurve 8 langsamer ist.

Vergleicht man Russells Daten (er war in den beiden Jahren der schnellste Mercedes), wird deutlich, dass er vor einem Jahr den größten Teil dieses Abschnitts ohne Probleme durchfahren konnte, während er dieses Mal ziemlich viel liften musste.

Der Geschwindigkeitsverlust (rund zehn km/h) bedeutete, dass Russell, nachdem er bis Kurve 4 noch ziemlich Kopf an Kopf war, allein in der folgenden Sequenz rund 0,130 Sekunden einbüßte - ein Rückstand, der erst kurz hinter der unteren Haarnadelkurve nach der Hälfte der Runde aufgeholt werden konnte.


Dschidda-Strategie: Warum holte Mercedes Hamilton nicht rein?

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Von da an bis zur Start-/Ziellinie war der Mercedes deutlich schneller als im vergangenen Jahr. Er beendete die Runde mit einem Vorsprung von mehr als einer halben Sekunde - ein Beweis dafür, dass die Fortschritte beim Topspeed und in den Kurven mit mittlerem und niedrigem Tempo deutlich besser sind.

Da klar ist, wie viel Rundenzeit in den Highspeed-Kurven verloren geht, weiß Mercedes, worauf man sich konzentrieren muss, hat aber im Moment keine klaren Antworten.

Ursachenforschung gestaltet sich schwierig

Besonders verwirrend ist, dass das Verhalten des Autos auf der Strecke nicht mit dem im Simulator und mit den Simulatordaten übereinstimmt. Der unvorhersehbare Grip-Verlust, der sich eindeutig auch auf das Vertrauen der Fahrer auswirkt, konnte nicht auf eine offensichtliche Ursache zurückgeführt werden.

Hinzu kommt, dass das Problem im Qualifying und Rennen nicht einheitlich zu sein scheint. Übersteuern bei niedrigem Benzinstand wird durch das Bouncing des Autos noch verstärkt, aber im Rennen liegt es eher an unbeständigem Grip und Abtrieb.

Andrew Shovlin, leitender Ingenieur, sagte: "Wenn mehr Sprit im Auto ist und man ein bisschen langsamer fährt, schien es sich zu beruhigen. Aber dann ist da das Problem, dass wir nicht genug Grip haben. Das ist eines der Dinge, an denen wir diese Woche hart arbeiten, denn die Kurven in Melbourne sind ähnlich."

Erschwerend kommt hinzu, dass die Pace des Mercedes W15 im Vergleich zur Konkurrenz nicht über ein ganzes Rennwochenende hinweg stabil zu sein scheint.


Fotostrecke: Formel 1 2024: Der Mercedes W15 von Hamilton und Russell

Am Freitag, wenn die Teams normalerweise ziemlich konstant sind, was die Benzinmengen angeht, war der W15 bisher in der Lage, einen guten Start hinzulegen. Aber er kann nicht weiter zulegen, wenn die Strecke sich einspielt. Russell glaubt sogar, dass der Mercedes im Laufe eines Rennwochenendes abfällt.

Nach Saudi-Arabien sagte er: "Im FT1 waren wir auf Anhieb an der Spitze der Zeitenliste und immer unter den ersten drei. FT2, P2. An beiden Wochenenden fiel die Pace dann ab. Das lag nicht daran, dass unsere Konkurrenten schneller wurden, sondern daran, dass wir langsamer wurden. Das müssen wir verstehen."

Droht in Melbourne die nächste Klatsche?

Seither hat Mercedes alles daran gesetzt, seine Probleme in den Griff zu bekommen. Aber jeder Fortschritt kann nur auf der Strecke bewiesen werden, weshalb man für Melbourne von der Vorbereitung von "Experimenten" gesprochen hat.

Einer dieser Tests wird wahrscheinlich darin bestehen, dass man auf den Unterboden aus dem Bahrain-Test zurückgreifen wird, um zu sehen, ob das Upgrade für das erste Rennen einen unbeabsichtigten Nebeneffekt mit sich gebracht hat.

Denn die Strecke im Albert Park liegt von Kurve 7 bis zur Hochgeschwindigkeitsschikane in Kurve 9/10 genau in dem 250-km/h-Bereich, der die Schwäche des W15 bisher offenbart hat. Insofern ist sich Mercedes bewusst, dass man sofort reagieren muss, wenn man nicht noch mehr Probleme bekommen will.