Was im Otodrom sonst noch geschah

Die Boulevard-Revue aus der Türkei: Von streunenden Hunden, Muttertagsüberraschungen, Partys und einem Küsschen von Nick Heidfeld...

(Motorsport-Total.com) - Bei einem Lokalaugenschein in Istanbul im Februar 2005 - also ein halbes Jahr vor dem ersten Grand Prix der Türkei - fielen uns einige streunende Hunde im Otodrom, wie die fahrerisch sehr anspruchsvolle Strecke heißt, auf. Und auch wenn unsere kritische Story damals den Zorn einiger in Deutschland lebender Türken auf sich zog, sollten die streunenden Hunde tatsächlich noch einmal auftauchen...

Titel-Bild zur News: Formula Unas

Red Bulls Formula Unas stolzierten auch in Istanbul wieder durch den Paddock

Genauer gesagt machte Bruno Senna im GP2-Rennen am Sonntagmorgen Bekanntschaft mit einem Vierbeiner - allerdings nur äußerst kurz: Das arme Tier lief mitten auf der Rennstrecke rum und wurde vom iSport-Boliden des Brasilianers erfasst. Senna hatte Riesenglück und kam mit dem Schrecken (und einer gebrochenen Radaufhängung) davon, aber der Hund wurde in 1.000 Teile zerfetzt. Zum Glück ersparte uns die TV-Regie die sicher unschönen Replays der Szene.#w1#

Vor den Hund gekommen...

Hund von Jenni Räikkönen

Ja, sehr süß, aber Hunde haben in Istanbul eine geringe Lebenserwartung... Zoom

Natürlich herrschte daraufhin große Aufregung, schließlich lief gleichzeitig auch noch ein zweiter Hund auf die Strecke, der während einer Safety-Car-Phase eingefangen werden musste. Darüber hinaus stand ja das Formel-1-Rennen unmittelbar bevor - und eine solche Panne vor einem weltweiten TV-Publikum wäre für die Organisatoren eine Riesenblamage gewesen. Der Veranstalter musste sich auch einiges an Kritik gefallen lassen - zurecht, so der Tenor im Fahrerlager.

Dass die vierbeinige Invasion nicht unbedingt ein Zufall war, mag uns zwar nicht schon seit unserem Lokalaugenschein im Jahr 2005 bewusst gewesen sein, spätestens aber seit dem Freien Training am Samstag, denn da verzweifelte ein Streckenposten am gelungenen Haken eines Hasen, den er einfangen wollte. Und noch eine Panne unterlief den Türken: Die ersten Trainingsminuten verkamen überhaupt zur Farce, weil die Strecke nach einer viel zu spät angesetzten Reinigung noch nass war.

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten - und dem wie immer nervigen Stau über die Bosporusbrücke - war es freilich auch abseits des Sports wieder ein wunderschönes Wochenende in einem wunderschönen Land. Hermann Tilke hat in der asiatischen Region um Istanbul ein wahres Schmuckstück hingebaut, das viel sympathischer daherkommt als viele andere moderne Rennstrecken, weil auf den Gigantomanismus à la Shanghai verzichtet wurde.

Kicken für einen guten Zweck

Fernando Alonso und Sebastian Vettel

"Fernando, was soll das? Dein Steilpass ging ja voll ins Leere!" Zoom

Sympathisch auch die Formel-1-Stars Fernando Alonso, Sebastian Vettel, Giancarlo Fisichella und Vitantonio Liuzzi, die am Mittwoch im Stadion von Galatasaray Istanbul mit ihren Nazionale Piloti auf dem Fußballfeld gegen ein türkisches All-Star-Team antraten. Alle vier Rennfahrer steuerten Treffer bei - und handelten sich damit Applaus von Galatasaray-Kicker Ümit Karan ein, der am Wochenende einer Einladung von Red Bull folgte und sich das Rennen anschaute.

Vettel machte auf dem Fußballfeld recht gute Figur, auf der Rennstrecke dann weniger - fünfte Nullnummer im fünften Rennen. Trotzdem zweifelt natürlich niemand an seinem Talent. Woher er dieses hat, das enthüllte er nun erstmals: "Ich bin mit dem Kart immer im Hof auf und ab gefahren aus Spaß an der Freude. Da war ich dreieinhalb oder vier Jahre alt. Und dann hat mir mein Vater immer einen Wäschekorb vor das Kart geworfen, damit ich bremsen lerne..."

Überhaupt gab es am Donnerstag einige Bereicherungen für unsere inzwischen schon traditionelle Boulevard-Revue: So wurde zum Beispiel Jenson Button von seiner Langzeitfreundin Florence Brudenell-Bruce verlassen. Die 22-Jährige soll schon wieder einen neuen Freund an ihrer Seite haben. Button ist darüber offenbar alles andere als begeistert - angeblich hat er versucht, seine Angebetete mit einem über 100.000 Euro teuren Gemälde zurückzugewinnen...

Hamiltons peinlicher PR-Stunt

Lewis Hamilton

Au weia, Lewis: Das sah wirklich alles andere als elegant aus! Zoom

Peinlich war der PR-Auftritt von Lewis Hamilton in einer Troja-Inszenierung von McLaren-Mercedes-Sponsor Vodafone. Wie peinlich, davon können Sie sich bei 'YouTube' ein Bild machen. Hamilton bereute die Sache im Nachhinein: "Ich habe das gemacht, was mir gesagt wurde. Nun habe ich die Aufnahmen gesehen. Es ist mit das Schlimmste, was ich je gesehen habe! Schlussendlich verkörpere ich ein cooles Image. Solche Dinge helfen da nicht."

Uncool finden wir die Art und Weise, wie die schreibende Zunft in Istanbul neuerdings abgezockt wird. Die Internetleitungen, die früher immer kostenlos waren, schlagen sich nämlich inzwischen mit schlappen 30 Euro pro Tag oder 100 für alle vier Tage auf unsere Spesenrechnung nieder. Zum Vergleich: In Barcelona kostet die Leitung für das Wochenende gerade mal 40 Euro. Ob das etwas damit zu tun hat, dass das Otodrom seit 2007 von Bernie Ecclestone kontrolliert wird?

Computersorgen ganz anderer Art hatte Adrian Sutil: Sein Vater Jorge brachte unlängst einen alten PC auf ein Altstoffsammelzentrum. Die Festplatte mit persönlichen Infos seines in der Formel 1 fahrenden Sohnes und mit E-Mails von Lewis Hamilton fiel einem Mann in die Hände, der das Material der 'Auto Bild motorsport' andrehen wollte. Die Kollegen verhielten sich aber vorbildlich, inszenierten eine Scheinübergabe und informierten die Polizei.

Grünes Licht für Kovalainen

Nick Heidfeld und Vitantonio Liuzzi

Nick Heidfeld und Vitantonio Liuzzi lieferten sich am Kicker ein Match Zoom

Bei McLaren-Mercedes zitterte man indes lange um den Start von Heikki Kovalainen, denn nach dem schweren Crash in Barcelona musste sich der Finne am Donnerstag einem Check bei den FIA-Ärzten unterziehen. Vor dem Medical-Center warteten die Journalisten und Fotografen auf Nachrichten - und Kovalainen musste nicht einmal ein Wort über die Entscheidung verlieren, da wussten schon alle Bescheid, weil er mit gestrecktem Daumen und einem breiten Grinsen herauskam.

Nicht ganz gesund war Nick Heidfeld, aber das hielt den gebürtigen Mönchengladbacher nicht davon ab, an einer Bootstour teilzunehmen - sein Heuschnupfen wurde dadurch auch nicht mehr schlimmer. Einmal im Fahrerlager angekommen, suchte er dann die Energy-Station von Red Bull auf, wo er sich beim Tischfußball ein kleines Match mit Vitantonio Liuzzi lieferte. Apropos Energy-Station: Dort wimmelt es neuerdings nur so von Dietrich Mateschitz' neuem Red-Bull-Cola...

Mark Webber drehte auf einer KTM-Motocross ein paar Runden mit seinem Vater als Beifahrer, aber dass Motorradfahren gefährlich sein kann, musste Kazuki Nakajima in Istanbul lernen: Ein ihn durch die Stadt eskortierender Polizist kam zu Sturz, zog sich dabei jedoch zum Glück keine ernsthaften Verletzungen zu. Nakajima handelte geistesgegenwärtig, rief mit seinem Handy sofort die Rettung und lud das Unfallopfer dann zum Grand Prix ein - mit VIP-Ticket, versteht sich.

Bier für das Team, Wasser für Kazuki

Fußballer Ümit Karan

Fußballstar Ümit Karan in Begleitung von zwei hübschen Formula Unas Zoom

Noch am Donnerstagabend ließ sich Nakajima von den Williams-Marketingleuten zum Essen einladen, die sich mit Burgern und Bier den Bauch vollschlugen, während der Japaner nur Salat und Mineralwasser verdrückte. Wenn du dich bei Engländern beliebt machen willst, musst du weniger kultiviert werden, Kazuki! Figurbewusst auch PR-Lady Claire Williams: Sie joggte wie sonst immer ihr abwesender Kollege Liam Clogger eine Runde um den gut fünf Kilometer langen Kurs - in 28 Minuten.

Am Freitag schmiss dann Force-India-Boss Vijay Mallya auf seiner Jacht Indian Empress eine Party, die sich gewaschen hatte. Anwesend war das komplette Who-is-Who der Formel 1, angefangen bei Bernie Ecclestone bis hin zu den Teamchefs, die die Gelegenheit gleich nutzten, um sich vom Partygeschehen abzuseilen und über das zukünftige Reglement zu diskutieren. Tänzer, Buffet und Co. - geboten wurde alles, was das Society-Herz begehrt.

Für die musikalische Unterhaltung der rund 200 Gäste sorgte neben dem indischen Star-DJ Aqeel auch Renault-Testfahrer Sakon Yamamoto, der zu Hause gerne mal in Discotheken auflegt, wenn er gerade nicht mit der Formel 1 auf Welttournee ist. Abgerundet wurde der Abend mit einem spektakulären Feuerwerk. "Wir brauchen mehr solche Partys", sagte Ecclestone anschließend. Wir können dich beruhigen, Bernie: In Monaco soll es schon eine Fortsetzung geben.

Rote Socken für die Partybesucher

Christian Klien, Robert Kubica und Nick Heidfeld

Werbung für die Fußball-EM: Christian Klien, Robert Kubica und Nick Heidfeld Zoom

Übrigens: Für etwas Verwunderung sorgten die roten Kingfisher-Socken, die an alle Partygäste verteilt wurden, weil Mallya um den wertvollen Boden seiner Jacht fürchtet und daher keine Schuhe an Deck wünscht. Dadurch sahen natürlich die Securitys, für die keine Ausnahme gemacht wurde, weniger furchteinflößend aus als sonst. Wegen des schlechten Wetters gab es auch Strickjacken und Decken im Kingfisher-Design.

Am Samstag wurde dann bei BMW gefeiert, nämlich der 31. Geburtstag von Nick Heidfeld. Für "Quick Nick" gab es eine Schokotorte mit Spritzkerze in der Mitte, die offenbar köstlich gewesen sein muss, weil sie in keinem Gesicht landete, wie das sonst in der Formel 1 üblich ist. Ein viel kleineres Schokotörtchen gab es dann auch von unserem 'Premiere'-Kollegen Peter Lauterbach, was Heidfeld vor laufender Kamera mit einem spontanen Küsschen dankte!

Apropos BMW: Ein paar besonders aufmerksamen Fotografen ist aufgefallen, dass Heidfeld (Deutschland), Robert Kubica (Polen) und Testfahrer Christian Klien (Österreich) jeweils aus Ländern kommen, die in einer Vorrundengruppe der Fußball-EM gegeneinander spielen werden! Also wurde kurzerhand ein Fotoshooting im Fußballoutfit organisiert. Die vierte Nation in der Vorrundengruppe ist übrigens Kroatien.

Istanbul und der schleppende Verkehr...

Rubens Barrichello mit seiner Familie

257 Grands Prix: Rubens Barrichello feierte mit seiner ganzen Familie Zoom

Fußball war dann auch der Grund dafür, dass der ohnehin schon beschwerliche Weg mit dem Auto durch Istanbul am Samstagabend noch etwas beschwerlicher war als sonst, denn zum ohnehin schon gewohnten Stau über den Bosporus kam noch die Meisterfeier des Fußballklubs Galatasaray hinzu. Die Fans stürmten nach dem Entscheidungsmatch die Stadt und legten damit den Verkehr lahm. Einige Formel-1-Mitarbeiter mussten die letzten Kilometer in die Hotels tatsächlich zu Fuß gehen.

Sonntag war nicht nur Muttertag, sondern vor allem auch Rubens Barrichellos großer Moment, denn der Honda-Pilot fuhr sein laut eigener Rechnung 257. Formel-1-Rennen und übertraf damit den alten Rekord von Riccardo Patrese. Patrese, heute TV-Kommentator für einen italienischen Fernsehsender, kam persönlich zum Gratulieren. Von Honda gab es für "Rubinho" eine Honda CBR 1000 RR Fireblade sowie eine neue Lederkombi von Alpinestars.

Nick Fry und Ross Brawn haben diese Geste bestimmt gut gemeint, aber im Nachhinein betrachtet wurde so wieder einmal der lange Schatten von Michael Schumacher aufgewärmt, an den sich Barrichello nur ungern erinnert. Denn Schumacher fuhr eine Woche später in Oschersleben sein erstes professionelles Motorradrennen in der IDM - ausgerechnet auf einer Fireblade, wie sie nun auch sein langjähriger Ferrari-Teamkollege besitzt!

Rubens-Masken zum 257. Grand Prix

Formula Una

Diese bezaubernde Formula Una lieferte für uns den Smile of the Weekend ab Zoom

Die Honda-Mechaniker überraschten Barrichello mit selbstgebastelten Rubens-Masken - so mancher konnte daraufhin das Original nicht mehr vom Plagiat unterscheiden! Und Brawn erinnerte sich in seiner Ansprache an eine gemeinsame Feier zu Ferrari-Zeiten: "Es war Weihnachten in einem stillen Restaurant. Rubens kam mit ein paar Freunden daher. Ich weiß nur noch, dass ich um 5:00 Uhr morgens zu Fuß nach Hause getorkelt bin, weil ich mir kein Taxi nehmen wollte!"

Anlässlich des Muttertags wurden von den Kollegen von 'Premiere' ein paar in der Formel 1 präsente Mütter mit einer Rose überrascht: erstens die Mutter von Barrichello, außerdem Williams-Pressedame Sylvia Hoffer, die wegen ihres Bruce-Springsteen-Ticks eigentlich nur "The Boss" genannt wird, Force-India-Köchin Diana, David Coulthards Verlobte Karen Minier, die eine zehnjährige Tochter hat, und Mary-Gold Newey.

Felipe Massa brachte seine Mutter sogar extra in die Türkei mit und stellte ihr am Sonntagmorgen, als er selbst schon an die Strecke musste, noch schnell einen riesigen Strauß Tulpen ins Hotelzimmer. Das schönste Geschenk war dann freilich sein dritter Sieg hintereinander in Istanbul. Keke Rosberg war nicht so aufmerksam, hätte den Muttertag glatt vergessen und wurde durch die 'Premiere'-Berichterstattung daran erinnert: "Da habe ich sie noch schnell angerufen", sagte er.

Mutter Rosberg kann bei den Rennen nicht hinschauen

Nico Rosberg

Dachte im Gegensatz zu seinem Vater brav an den Muttertag: Nico Rosberg Zoom

Sohn Nico sagte über seine Mutter Sina: "Die schaut sich immer nur die Nachberichte oder eine Wiederholung an. Sie hat Angst, putzt wie wild in der Wohnung, um auf andere Gedanken zu kommen. Zur Zeit meines Vaters war die Formel 1 ein sehr gefährlicher Sport. Aber die Zeiten ändern sich auch: Früher ist sie mit meinem Vater noch mit einem Ultraleichtflieger über die Copacabana gesegelt, aber heute steigt sie nicht einmal mehr in einen Linienjet."

Übrigens ließ sich im Fahrerlager in Istanbul erstmals in diesem Jahr der frühere Formel-2-Guru Fred Opert blicken, der in den 1970er-Jahren mit Rosberg Sr. zusammengearbeitet hat. Ansonsten ist uns noch der türkische Popstar Kenan Dogulu aufgefallen, der bei Red Bull zu Gast war, und Thomas Godoj, bekannt als Finalist der TV-Castingshow 'Deutschland sucht den Superstar'. Godoj durfte sich sogar in der McLaren-Mercedes-Box den aktuellen Silberpfeil anschauen.

Das Rennen nach dem Rennen gewann dann das Williams-Team: Frank Williams und sein Technikchef Sam Michael düsten fünf Minuten nach der Zielflagge von der Strecke ab, um dem Verkehrschaos zu entgehen und rechtzeitig den sehr knapp gebuchten Flieger zu erwischen. Das Duo kam tatsächlich pünktlich am Flughafen an - und saß zur Tea-Time schon wieder gemütlich im Büro in der Fabrik in Grove...