• 10.06.2018 15:46

  • von D. Rencken, S. Ehlen & A. Cooper

Warum der Batterie-Streit wirklich eskaliert ist

Eine möglicherweise illegale Batterie von Ferrari ist nur ein Teil eines größeren Ganzen, weshalb in der Formel 1 zuletzt intensiv und kontrovers diskutiert wurde

(Motorsport-Total.com) - Ist der Ferrari SF71H von Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen legal oder nicht? Diese Frage hat die Formel 1 in den vergangenen Wochen intensiv beschäftigt. Denn eine kurzfristige Antwort darauf gab es nicht. Erst seit Monaco ist klar: Keine Beanstandung, alles korrekt - zumindest insoweit es die Experten um Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting nachvollziehen konnten. Denn die beanstandete Materie, die Batterie des Ferrari-Fahrzeugs, machte den ohnehin komplizierten Vorgang noch schwieriger.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Max Verstappen

Der Ferrari SF71H von Sebastian Vettel ist von der FIA als legal eingestuft worden Zoom

Dass sich ein Untersuchungsprozess über mehrere Wochen hinzieht, ist in der Formel 1 aber keine Ausnahme, sondern eher die Regel, erklärt Whiting. "Vor drei, vier Jahren gab es zum Beispiel ein Problem mit dem Unterboden von Red Bull. Wir haben drei Rennwochenenden gebraucht, um das Thema abzuschließen. Das ist hier nicht anders." Zumal sich die Vertreter des Automobil-Weltverbands (FIA) erst einmal eingehend mit der Technik vertraut machen müssen, in diesem Fall mit der zweigeteilten Batterie im Ferrari SF71H.

Weil Ferrari das Batterie-System in zwei Teile aufsplittet und damit anders vorgeht als die Konkurrenz, waren erst einmal etliche Erläuterungen notwendig. Schließlich stand der Verdacht im Raum, Ferrari könnte die beiden Batterie-Teile getrennt voneinander entleeren und damit womöglich einen (unerlaubten) Vorteil erzielen. Und die Formel-1-Regeln sehen in einer solchen Situation vor, dass das betroffene Team den Weltverband von der Legalität seines Materials überzeugen muss - ein langwieriger Prozess.

FIA muss sich in Ferrari-Technik einlesen

Noch ist der Fall aber nicht ganz abgeschlossen. Denn damit die FIA ihren Segen gibt, wurde Ferrari auferlegt, ab Kanada mit einer neuen Batterie-Software zu fahren - nach den entsprechenden Vorgaben des Weltverbands. Damit soll zweifelsfrei deutlich werden, dass keine illegale Lösung eingesetzt wird. Die FIA wiederum will ihre eigenen Prozesse beschleunigen, sagt Whiting. "Wir werden ab Kanada unsererseits ein besseres System haben, um solchen Themen rascher auf die Spur zu kommen." Ins Detail geht der Formel-1-Rennleiter dabei aber nicht.


Fotostrecke: Kontrovers: Zehn Rennsieger am grünen Tisch

Die Konkurrenz ist ohnehin erst einmal beruhigt. Mercedes-Teamboss Niki Lauda etwa meint, die Formel 1 könne von "Glück" reden, dass das Gerücht, der Ferrari sei illegal, endlich vom Tisch sei. "Es kursierte nämlich schon seit Melbourne", sagt Lauda. "Ich habe von Anfang an nur gesagt, dass wir das klarstellen sollten. Das ist jetzt passiert, sagt die FIA. Von jetzt an ist der Ferrari legal. So lese ich diese Information. That's it. Über die Vergangenheit reden wir nicht mehr."

Bewältigt ist die von Lauda angesprochene Vergangenheit aber noch lange nicht. Denn die Art und Weise, wie der Weltverband Wind vom möglichen Fehlverhalten Ferraris bekommen hat, warf Fragen auf: Ein ehemaliger Ferrari-Angestellter hatte den Hinweis auf das Batterie-System gegeben, wie Whiting erklärt. "Er arbeitet inzwischen für Mercedes. Doch seine Information ist schon alt, weil er zuletzt mit einer Arbeitssperre belegt war." Die FIA habe daher zu Beginn ihrer Nachforschungen einen monatelangen Rückstand gehabt, sagt Whiting.

Wolff: Bitte nicht persönlich werden!

Mercedes-Sportchef Toto Wolff wiederum verurteilt, dass Details über den Informationsfluss bekannt geworden sind - oder vielmehr, dass Einzelpersonen als Anstoßgeber genannt wurden. Dies sei in solchen Fällen "nicht das Richtige", wie Wolff erklärt. "Es ist in Ordnung, wenn gesagt wird, ein Team hat hier die Initiative geliefert. Aber es sollte niemand an den Pranger gestellt werden."

Grundsätzlich sei es nichts Verwerfliches, wenn ein Team die technischen Lösungen der Konkurrenz in Frage stelle, sagt Wolff weiter. "Es ist ein vollkommen normales Vorgehen, dass Teams bei bestimmten Legalitätsthemen auf die FIA zugehen. Das betrifft viele Bereiche. Und es passiert jedes Wochenende, wahrscheinlich täglich." Dem Klima im Fahrerlager tue dies aber keinen Abbruch. "Da hat sich nichts verändert. Auf der Strecke kämpfen wir hart und versuchen, einen Vorteil zu erlangen. Doch danach sollte man immer ein Bier zusammen trinken können. Außerdem wollen wir alle, dass die Formel 1 erfolgreich ist. Das eint uns", sagt Wolff.

Laut Whiting seien er und seine Kollegen in der Tat "ständig" mit Legalitätsfragen beschäftigt. "Gerade dann, wenn ein Mitarbeiter von einem Team zu einem anderen gewechselt ist. Aber jeder kommt zu uns und trägt uns seine Anliegen vor." So sei es auch in Sachen Ferrari-Batterie gewesen. "Also sind wir hingegangen und haben es überprüft", sagt Whiting. Er hätte aber nicht gedacht, welch hohe Wellen dieses spezielle Thema schlagen würde. "Es hat sich wie ein Lauffeuer durch das Fahrerlager verbreitet und wurde aufgebauscht. Das war meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt."

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