• 05.06.2012 11:55

  • von Dominik Sharaf

Vom Twitter-Gaukler zum VIP-Gast der Rennleitung

Wie Mark McArdle beim Kurznachrichten-Dienst als Charlie Whiting Tausende Follower unterhält und warum sich der echte FIA-Renndirektor geschmeichelt fühlt

(Motorsport-Total.com) - Dass Formel-1-Fans sportlichen Idolen wie Sebastian Vettel oder Fernando Alonso nacheifern, ist altbekannt. Dass ein gewisser Mark McArdle sich aber hellauf für die Arbeit von Charlie Whiting begeistern kann und ihm die Leidenschaft für den FIA-Renndirektor, Sicherheitsbeauftragen und Technischen Delegierten jetzt sogar exklusiven Zugang zu seinem Idol und dessen heiligen Hallen in Montreal verschafft hat, ist genauso ungewöhnlich wie die Tatsache, dass der Kanadier alles einem gefälschten Twitter-Account zu verdanken hat.

Titel-Bild zur News: Charlie Whiting (Technischer Delegierte der FIA)

Weiß nicht so genau, was Twitter ist: Whiting überlässt es einem verrückten Fan

Denn Whiting wunderte sich nicht schlecht, wenn Leute auf ihn zukamen und sagten: "Ich liebe deine Tweets." Soviel der 59-Jährige von Ampel und Safety Car versteht, so ahnungslos ist er in den Weiten des World Wide Web. "Ehrlich gesagt weiß ich kaum, was Twitter ist", räumt Whiting im Gespräch mit der kanadischen Tageszeitung 'The Globe and Mail' ein. Seine Präsenz im sozialen Netzwerk verdankt der Brite nämlich McArdle.

Knapp 17.000 Follower binnen drei Jahren

Der in Kalifornien lebende 43-Jährige meldete sich vor drei Jahren als Nutzer "Fake Charlie Whiting" beim Kurznachrichten-Dienst an und veröffentlichte seitdem mehr als 8.400 Tweets. Dabei äußert sich McArdle als sein Alter Ego humorvoll und ironisch zu Formel-1-Themen, wenn er beim Monaco-Grand-Prix vor dem Hintergrund einer Funk-Beschwerde Hamiltons schreibt: "Smedley in der BBC. Fragt ihn, wieso er Lewis mit Boxentafel-Nummern bewerfen lässt."

Aber auch Alltägliches greift McArdle auf, wie während des Thronjubiläums der Queen: "Nach dieser Parade hat der Herzog von Edinburgh zwei neue Plaketten an seiner Jacke", ließ er seinen Whiting twittern. "Irgendwie hat das ganze ein Eigenleben entwickelt", stellt McArdle fest, der mit der Zeit immer mehr Follower hatte. Heute sind es knapp 17.000. "Mir hat die Konversation mit den anderen Nutzern gefallen. Es war ein Schneeballeffekt", erklärt der Familienvater.

Whiting war amüsiert und erfreut

Und einer dieser Follower ist seit einigen Monaten Carleton Jefferis: Die Cousine von Whitings Ehefrau machte den Renndirektor auf sein vermeintliches Profil aufmerksam. Der nahm es - ganz britisch - mit Humor. "Er versucht doch nicht wirklich, mich zu imitieren oder vorzugeben, dass er ich sei", erklärt ein amüsierter Whiting, obwohl viele Twitter-Nutzer genau das annehmen.

"Würde er dumme Sachen schreiben, würde ich vielleicht etwas unternehmen. Aber so ist es doch ein Heidenspaß, weil er mich nicht in ein schlechtes Licht rückt", so Whiting. Und statt Post vom Anwalt gab es für McArdle, er als glühender Formel-1-Fan schon bei Rennen in Istanbul, Spa und Silverstone war, eine Einladung nach Montreal. Der Ingenieur darf als persönlicher Gast Whitings am kommenden Donnerstag die Kommandozentrale der Rennleitung besuchen.

Für sein Internet-Double wird sich dessen Chef eine halbe Stunde Zeit nehmen, um ihm seine Fragen zu beantworten. "Ich kneife mich noch immer. Ich kann nicht glauben, dass das passiert ist", meint McArdle, der in Montreal auch bei vielen Teams - allesamt Follower - auf der Gästeliste steht.