powered by Motorsport.com
  • 02.08.2010 13:59

Vettel und Schumacher: Unreifer Junge und böser Bube

Die internationalen Medien lassen kaum ein gutes Haar an den Leistungen von Michael Schumacher und Sebastian Vettel: Viel Kritik nach Ungarn

(Motorsport-Total.com/SID) - Sebastian Vettel der unreife Junge, Michael Schumacher der böse Bube: Die deutschen Formel-1-Stars stehen nach dem Rennen von Budapest am Pranger. Für Fans, Experten und Medien ist Rekordweltmeister Schumacher der moralische, Vettel der sportliche Verlierer des Wochenendes. Während der siebenmalige Champion Schumacher in seiner wenig zufriedenstellenden Comeback-Saison um seinen Ruf kämpft, droht dem 18 Jahre jüngeren Vettel der größte sportliche Albtraum.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher, Rubens Barrichello

Der Aufreger von Ungarn: Barrichello und Schumacher auf der Ungarn-Zielgeraden

Als vermeintliche Nummer eins des augenscheinlich besten Teams muss er am Saisonende möglicherweise ausgerechnet seinem Teamkollegen Mark Webber zum Titel gratulieren, nachdem ihm in diesem Jahr bereits 128 Punkte durch die Lappen gegangen sind. Einzig die heftige Kritik an seinem sportlichen Idol Schumacher nahm den Red-Bull-Piloten nach der bereits sechsten verschenkten Pole-Position dieser Saison und dem letztlich enttäuschenden dritten Rang ein wenig aus der Schusslinie.#w1#

Als "unakzeptabel, unnötig und unfair" stufte der dreimalige Weltmeister Niki Lauda das Manöver ein, als Mercedes-Pilot Schumacher seinen ehemaligen Teamkollegen Rubens Barrichello ("Er wollte mich in den Himmel bringen!") beim Kampf um Platz zehn fast gegen die Mauer gerammt hätte. Schumacher selbst war sich keiner Schuld bewusst: "Es war noch genügend Platz, wir sind hier in der Formel 1 und nicht auf einer Kaffeefahrt", sagt er nach dem Rennen, akzeptiert aber die spätere Strafe der Rennkommissare, die ihm für das nächste Rennen in Spa zehn Startplätze abzogen.


Fotos: Michael Schumacher, Großer Preis von Ungarn


Schumacher: Riskiert er sein Image?

Doch außenstehende Kollegen verurteilten Schumachers Verhalten. "Er weiß einfach nie, wann es genug ist", meint David Coulthard, früher Schumachers Gegner in der Formel 1 und heute als Mercedes-DTM-Pilot quasi Markenkollege. Die italienische Presse, die Schumacher in erfolgreichen Ferrari-Tagen in den Himmel gehoben, ihm den Wechsel zu Mercedes aber übel genommen hatte, brach endgültig mit dem 41-Jährigen.

"Schumachers Verhalten ist seiner großartigen Karriere unwürdig", schreibt 'Tuttosport'. Der 'Corriere della Sera' konstatiert: "Er zerstört mit aggressivem Verhalten sein Image. Von dem alten 'Schumi' ist nur die lästige Gewohnheit geblieben, die Rivalen von der Bahn zu drängen." In Großbritannien schreibt die seriöse 'Times' Schumacher "schmutzige Methoden" und "die Gestalt des Bösewichts" zu. Die 'Daily Mail' fordert gar den Rücktritt des Superstars.

Michael Schumacher

Die internationalen Medien waren "not amused" über Schumachers Manöver Zoom

"Michael Schumacher, der Rücksichtslosigkeit seiner Jugend mit der Verzweiflung seiner Altersschwäche vermischte, zeigte einen schrecklichen Auftritt, von dem man nur hoffen kann, dass es der letzte seiner Formel-1-Karriere war", heißt es dort. In seinem Team genießt Schumacher aber Rückendeckung. "Es mag gefährlich gewesen sein, aber es war nicht Michaels Absicht, Rubens zu zerquetschen", sagt Mercedes-Teamchef Ross Brawn, der Schumacher bei Benetton und Ferrari zu all seinen sieben WM-Titeln geführt hatte.

Vettel verschenkt den Sieg in Budapest

Vettel hat da andere Sorgen, obwohl der 23-Jährige bei zehn Punkten Rückstand auf den nun an der WM-Spitze thronenden Webber und sieben ausstehenden Rennen eigentlich noch alle Titel-Chancen hat. Doch nachdem er durch eine unnötige Durchfahrtsstrafe wegen zu großen Abstands zum Vordermann beim Neustart nach einer Safety-Car-Phase wieder einen fast sicheren Sieg verschenkt hatte, halten viele Experten Vettel noch zu unreif für den Titel.

Lauda sah einen "riesigen Bock", 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer einen "dummen Fehler", und Ex-Pilot Alexander Wurz lästerte: "Er hätte sich mal das Reglement durchlesen sollen." Vettel hatte die Strafe als ungerecht empfunden, auch im Vergleich zum Teamorder-Skandal von Ferrari in Hockenheim, der "mit einem Scheck" geahndet worden war. Und sein bockiges Verhalten auf dem Podium sah Teamchef Christian Horner ebenso kritisch wie den an Webber verschenkten Sieg.

Mark Webber, Sebastian Vettel

Des einen Freud', des andern Leid: Mark Webber siegte, Sebastian Vettel wurde 3. Zoom

"Das ist Teil eines Lernprozesses", so Horner: "Es war eindeutig sein Fehler. Die Regeln sind klar, da muss man nicht herumreden." Auch die Erklärung, der Funk sei ausgefallen, lehnt Horner ab: "Die Lichter des Safety-Cars zeigen alles an." In der vierwöchigen Sommerpause wird Horner seinen Schützling nun aufbauen müssen. "Von dem stets lächelnden und heiteren Vettel ist keine Spur mehr geblieben", stellt die 'Gazzetta dello Sport' fest.