• 21.05.2011 19:30

Vettel: "Mark war schneller und hat es verdient"

Sebastian Vettel gibt sich in der Qualifikation von Barcelona geschlagen, hofft aber auf eine Trendwende im Rennen: "Schauen wir einmal..."

(Motorsport-Total.com) - Beim fünften Rennen des Jahres musste Sebastian Vettel erstmals 2011 eine Niederlage einstecken. Der junge Deutsche kam in der Qualifikation zum Großen Preis von Spanien nicht über den zweiten Rang hinaus, weil Red-Bull-Teamkollege Mark Webber eine starke Runde erwischte und weil das KER-System im Heck des RB7 von Vettel nicht ordnungsgemäß funktionierte. Letzteres will der WM-Spitzenreiter aber nicht als Ausrede gelten lassen, wie er in seinen Medienrunden zu Protokoll gibt.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel gibt nicht kleinbei und möchte in Barcelona um den Sieg fahren

Frage: "Sebastian, es ist vermutlich nur ein schwacher Trost, dass du zum zehnten Mal in Folge aus Reihe eins ins Rennen gehst. Wie enttäuscht bist du darüber, dass deine Pole-Position-Serie hier zu Ende ging?"
Sebastian Vettel: "Ich denke, wir können hier nicht von großen Enttäuschungen sprechen. Unterm Strich ist uns meiner Meinung nach nämlich wieder ein Fortschritt gelungen. Barcelona ist üblicherweise der Ort, an dem man viele neue Teile einführt. Hier kann man herausfinden, ob sie auch funktionieren. Wir verbesserten uns, doch das trifft auch auf die anderen zu."

"Es sieht ganz so aus, dass wir diese Strecke mögen. Das Auto fühlt sich gut an. Mark machte heute den besseren Job. Es war ein Zweikampf zwischen uns. Nun schauen wir einmal. Das Rennen ist lang. Wir sparten uns einen Reifensatz auf, aber das taten auch die anderen Piloten aus den Top 3 und auch Jenson (Button; Anm. d. Red.). Schauen wir einmal, was wir im Rennen tun können."

In Q2 und Q3 ohne KERS-Schub

Frage: "Du stehst erstmals seit Brasilien 2010 nicht auf der Pole-Position. Was klappte denn nicht so gut wie bei den vergangenen Grands Prix?"
Vettel: "Wir hatten wohl kein ganz rundes Qualifying. In Q1 fühlte ich mich nicht wohl auf den harten Reifen, wobei es zum Ende hin besser wurde. Da hatten die Reifen ihre beste Zeit aber auch schon gesehen."

"Meine letzte Runde war nicht so gut, dass sie mich vom Hocker gerissen hätte." Sebastian Vettel

"Auf den weichen Pneus fühlte ich mich gut und wohl. In Q2 und Q3 konnten wir nicht mehr auf KERS zurückgreifen, was natürlich keine Hilfe ist. Das kostet Zeit. Wie viel genau, das kann man sicherlich ausrechnen, aber von dergleichen halte ich nicht viel. Mark war schneller und er hat es verdient, vorne zu stehen. Meine letzte Runde war aber auch nicht so gut, dass sie mich vom Hocker gerissen hätte. Es war eng."

"Wenn man ans Limit geht, rutscht man manchmal halt auch darüber hinaus. Alles in allem kann ich heute nicht ganz mit meiner Leistung zufrieden sein. Das ist ja immer, auf die Pole-Position zu fahren. Ich war nicht gut genug. Wenn ich mich jedoch korrekt erinnere, fuhr ich damals in Brasilien von Startplatz zwei direkt an die Spitze. Das würde mir auch hier gefallen (lacht; Anm. d. Red.)!"

Frage: "Weshalb fuhrt ihr nach der einen schnellen Runde in Q3 nicht noch einmal hinaus?"
Vettel: "Das hätte ich gerne getan, deswegen fuchst es mich auch ein bisschen. Mit meiner Runde war ich nämlich nicht ganz zufrieden."

"Gut, in Q2 und Q3 hatten wir KERS nicht mehr zur Verfügung, doch darauf kann man es nicht schieben, denke ich. Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung, denn gerade die Autos hinter uns sparten sich hier und da einen frischen Reifensatz auf. Da wäre das Risiko zu groß gewesen, am Sonntag ins Hintertreffen zu geraten."

"Ich wäre am liebsten herausgesprungen und hätte den Anlasser selbst angeschmissen..." Sebastian Vettel

Frage: "Flucht man ein bisschen in seinen Helm rein, wenn man nicht mehr hinausfahren darf, obwohl man eigentlich wollte?"
Vettel: "Schon. Im ersten Moment wäre ich am liebsten herausgesprungen und hätte den Anlasser selbst angeschmissen, um die Kiste zum Fahren zu bringen."

"Im Nachhinein war es aber wahrscheinlich die richtige Entscheidung. Ich dachte zu diesem Zeitpunkt schon, dass die McLaren aufgrund des großen Abstandes gar nicht mehr hinausgehen würden. Sich dann für einen Platz in der Startaufstellung, für den es keine Punkte gibt, im Hinblick auf das Rennen in Gefahr zu bringen, wäre unnötig gewesen."¿pbvin|512|3691||0|1pb¿

Vettel peilt trotzdem den Sieg an

Frage: "Wie groß war die Verlockung, doch noch einmal hinauszufahren? Zweite Frage: Ist dieser so eingesparte weiche Reifensatz wichtiger als eine mögliche Pole-Position?"
Vettel: "Das werden wir am Sonntag herausfinden. Unterm Strich hielten wir es für besser, in der Garage zu bleiben und darauf zu verzichten, einen Startplatz auf der rechten Seite gegen einen auf der linken Seite einzutauschen."

"Warum hätten wir das tun sollen? Die Lücke nach hinten war groß genug, außerdem sparten sich unsere Verfolger einige Reifen aus. Ich war ein bisschen gegen die Versuchung, denn uns war klar: Eines unserer Autos würde vorne stehen, auf jeden Fall ein Red Bull."

"Es wird hart und McLaren ist im Renntrimm stets konkurrenzfähig." Sebastian Vettel

"Ein Rennen ist aber lang, die Distanz ist groß. Es wird hart und McLaren ist im Renntrimm stets konkurrenzfähig. Das trifft auch auf Ferrari zu. Ich möchte nur an das Tempo dieser Teams in der Qualifikation in der Türkei erinnern und daran, wie sie im Rennen fuhren. Sicher ist nichts. Die Versuchung war aber doch recht groß, weil ich mit meiner Runde nicht zufrieden war."

"Es ist anders, wenn du alles zu einhundert Prozent hinkriegst und das Gefühl hast, dein Maximum erreicht zu haben, um ein oder zwei Zehntel zurückzuliegen. Dann bist du beim Aussteigen etwas entspannter. In diesem Fall war ich erpicht darauf, noch einmal hinauszufahren. Einfach, um es mir zu beweisen. Ich bekam meine Chance aber nicht. Vielleicht ist es morgen soweit."

Frage: "Inwiefern werdet ihr beim Start taktisch fahren? Wirst du vielleicht nicht gar so hart angreifen? Steht der Teamgedanke im Vordergrund?"
Vettel: "Ich denke, das macht man ohnehin so. Ich habe mittlerweile gelernt, dass das Rennen nicht in der ersten Kurve und auch nicht in der ersten Runde gewonnen wird. Die Grands Prix sind 2011 einfach ein bisschen anders und es kann sehr viel passieren - auch noch ganz am Ende."

"Es wäre Schwachsinn, sich am Anfang in etwas hineinzureiten." Sebastian Vettel

"Es wäre Schwachsinn, sich am Anfang in etwas hineinzureiten. Wenn die Lücke oder die Chance da ist, wird man sie natürlich nutzen. Da spielt es keine Rolle, ob es die erste, die fünfte oder die 66. Runde ist. Ich glaube, das steckt in jedem Fahrer drin. Das kann auch jeder verstehen. Im vergangenen Jahr sind wir uns da zum Teil an die Hörner gekommen, doch 2011 sollte das kein Problem sein."

Frage: "Darfst du siegen, auch wenn du nach den Boxenstopps noch immer hinten liegen solltest?"
Vettel: "Natürlich. Ich denke, deswegen wurde ich auch eingestellt und dafür werde ich bezahlt."

Frage: "Wie beruhigend ist der Vorsprung, den Red Bull derzeit auf die Konkurrenz hat?"
Vettel: "Ich sehe das überhaupt nicht als beruhigend. Es ist noch ein ganz weiter Weg. Am Sonntag findet ein langes Rennen statt, in dem sehr viel passieren kann. Wir müssen hart arbeiten. Die Anfahrt zur ersten Kurve ist lang."

"Dort kann das Bild schon wieder ganz anders aussehen und vor uns könnte entweder ein rotes oder ein silbernes Auto fahren. Das muss man abwarten. Wir haben ein gutes Fahrzeug, das ist richtig. Am Freitag fühlte ich mich auf den Longruns auch sehr wohl damit. Das heißt aber nicht automatisch, dass alles andere von alleine flutscht."

Wenig Fahrbetrieb im Training als Handicap?

Frage: "Wie sehr warf dich das dritte Freie Training zurück? Du konntest in dieser Einheit kaum fahren..."
Vettel: "Ja, nicht zu sehr. Es war keine große Sache. Wir mussten das Auto reparieren und ich konnte mir keinen großen Eindruck davon verschaffen."

"Es gibt nichts, worüber wir uns heute oder morgen den Kopf zerbrechen müssten." Sebastian Vettel

"Wir wollten eigentlich ein paar Dinge testen, was aber leider nicht ging. Die Jungs leisteten aber tolle Arbeit, um das Fahrzeug wieder auf die Strecke zu bringen. Ich konnte zumindest eine Runde absolvieren. Es gibt nichts, worüber wir uns heute oder morgen den Kopf zerbrechen müssten."

Frage: "Du hast es eben angesprochen: Diese Runde im dritten Freien Training war gigantisch..."
Vettel: "Wahrscheinlich war sie sogar besser als mein Versuch in Q3. Es war wichtig, diese eine Runde hinzukriegen. Am Nachmittag war es etwas schwieriger. In Q1 fühlte ich mich nämlich nicht gar so wohl und verlor etwas zu viel Zeit. Meine letzte Runde auf weichen Reifen war vielleicht nicht mein bester Anlauf an diesem Wochenende. Ich büßte etwas zu viel Zeit ein."

Frage: "Machst du dir Sorgen um KERS, wo jetzt das Rennen bevorsteht? Wie groß wäre der Nachteil, sollte das System ausfallen?"
Vettel: "Das fürchte ich nicht, denn das Problem vom Samstag sollte sich leicht beheben lassen. Während des Qualifyings ging es aber leider nicht. Es scheint ein bisschen eine unendliche Geschichte zu sein. Die Jungs machen da aber viel Druck und ich denke, wir leisteten heute wieder großartige Arbeit."

"Wir konnten unter Beweis stellen, dass unser Auto schneller wurde." Sebastian Vettel

"Wir konnten unter Beweis stellen, dass unser Auto schneller wurde. Unsere Basis war schon schnell, doch nun ist das Fahrzeug noch besser. Vielen Dank an die Aerodynamik-Abteilung in der Fabrik und an all die Jungs. Ja, wir arbeiten hart an KERS, und nein, ich nutzte es nicht in Q2 und Q3. Am Sonntag werden wir es aber wieder verwenden. Es ist schwierig zu sagen."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Spanien


"Es wäre auf jeden Fall nicht richtig, zu behaupten, Mark sei nur aufgrund von KERS auf der Pole-Position. Er hat die Pole verdient. Er machte den besseren Job, für mich lief es nicht ideal. Für das Rennen und gerade für den Start ist es natürlich sehr wichtig, KERS dabeizuhaben. Es sollte auch funktionieren, doch da müssen wir uns, so glaube ich, keine großen Sorgen machen. Zumindest ist das mein jetziger Wissensstand."

66 Runden sind eine lange Distanz...

Frage: "Was erwartest du vom Großen Preis von Spanien? Wie viele Boxenstopps wirst du am Sonntag absolvieren müssen?"
Vettel: "Wir werden sehen. Das hängt auch davon ab, was die anderen machen. Wenn du selbst auf einer Dreistopp-Strategie unterwegs bist, deine Verfolger aber vier Stopps einplanen, dann musst du gegebenenfalls darauf reagieren."

"Es ist schwierig zu sagen. Ich denke, wir werden am Sonntag zwischen drei und vier Reifenwechsel pro Auto erleben. Das ist kein großes Geheimnis. Wenn der Reifenverschleiß gleich zu Beginn sehr hoch ist, wird es wohl eher in die Richtung von vier Boxenstopps gehen."

Frage: "Vor uns liegt ein langes Rennen. Was denkst du darüber?"
Vettel: "Es ist sehr lang - 66 Runden, wenn ich mich nicht irre. Da verbringt man viel Zeit im Auto. Wie wir bisher gesehen haben, können bis zur Zielflagge sehr viele Dinge geschehen."

"Das Rennen ist erst dann vorbei, wenn es abgewinkt ist." Sebastian Vettel

"Das Rennen ist erst dann vorbei, wenn es abgewinkt ist. Barcelona ist üblicherweise ein kniffliges Pflaster. Ich hatte hier schon Rennen, in denen ich 60 von 66 Runden ein und dem gleichen Auto hinterherfuhr. Das ist nicht sonderlich erbauend. Am Sonntag könnte es aber anders laufen."

Frage: "Im Parc Ferme warfst du einen intensiven Blick auf den Ferrari von Fernando Alonso. Gab es da etwas Spezielles, was deine Aufmerksamkeit auf sich zog? Normalerweise bräuchtet ihr euch ja keine Sorgen zu machen..."
Vettel: "Es sah interessant aus. Ich denke, alle Teams haben einige Updates dabei."

"Es ist doch schön, unseren Auspuff mehr als zweimal in der Boxengasse zu sehen. So läuft das üblicherweise. Ich arbeite natürlich nicht in der Aerodynamik-Abteilung, aber ein genauer Blick ist immer gut. Wir kommen sonst nämlich nicht allzu nahe an die Autos heran. Im Parc Ferme sind keine Mechaniker, die uns wegschaffen würden. Da fällt so etwas leichter."