• 10.02.2010 12:51

Vettel: "Ich setze mir meine Ziele selbst"

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel in seiner Medienrunde über den neuen RB6, seine WM-Ambitionen und das Comeback von Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Schon im vergangenen Jahr zählten Sebastian Vettel und Red Bull zu den Topgespannen der Formel 1 - in diesem Jahr will der österreichisch-britische Rennstall mit seinem deutschen Fahrer noch einmal nachlegen: Vettel hat es 2010 fest auf den Titelgewinn abgesehen und lässt sich durch die zahlreichen Weltmeister im Starterfeld nicht aus der Ruhe bringen. In seiner Medienrunde spricht der 22-Jährige über seine persönlichen Ziele, seinen Neuwagen und die neuen Formel-1-Regeln.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Frohnatur: Sebastian Vettel gibt sich vor seinem ersten Test 2010 betont gelassen

Frage: "Sebastian, viele Teams haben sich im Winter teilweise oder komplett neu aufgestellt. Bei Red Bull herrscht hingegen Kontinuität - ist das ein Vorteil?"
Sebastian Vettel: "Ich denke, das ist auf jeden Fall kein Nachteil. Eine gewisse Stabilität im Team zu haben - die gleichen Fahrer, die gleichen Leute -, tut mit Sicherheit gut. Man kennt sich und jeder weiß, wie der andere arbeitet."#w1#

"Wenn jemand neu hinzu stößt, dann braucht es natürlich seine Zeit, bis alles in Fleisch und Blut übergeht. Ich glaube aber, dass sich die Leute, die nun die Teams gewechselt haben, auskennen. Sie haben allesamt viel Erfahrung und wissen, wie sie das handhaben müssen. Das dauert sicherlich nicht allzu lange."

"Ich denke nicht, dass das ein großer Nachteil ist." Sebastian Vettel

"Zudem hatte man ja über den Winter recht viel Zeit, sich kennen zu lernen und sich auf den jeweils anderen einzustimmen. Leute wie Fernando, der von Renault zu McLaren, von McLaren zu Renault und von Renault zu Ferrari gewechselt ist, die wissen schon, wie man so etwas macht. Ich denke nicht, dass das ein großer Nachteil ist."

Frage: "Du und dein Team haben sich 2009 bis zuletzt im Titelkampf befunden. Hat das eure Herangehensweise irgendwie verändert? Fühlt es sich gut an, diese Ausgangsposition inne zu haben?"
Vettel: "Das interessiert mich nicht wirklich. In erster Linie war es ein langer Winter. Jetzt, da diese Testwoche begonnen hat, ist es wichtig, dass der Rennwagen fährt. Wir wollen unsere Zuverlässigkeit und unseren Speed evaluieren. Man schätzt uns zwar hoch ein, aber ich setzte mir meine Ziele selbst. Ich weiß, was ich in diesem Jahr erreichen will."

Vettel sehnt das Ende der Winterpause herbei

Frage: "Du bist seit dem WM-Finale nicht mehr gefahren. Wie schwierig ist diese neue Eingewöhnungsphase?"
Vettel: "Das ist schon schwierig, denn es ist eine lange Zeit. Man findet natürlich immer etwas, was man tun kann. Dennoch ist es knifflig: Für die Formel 1 gibt es nun einmal keinen wirklichen Ersatz."

"Manchmal hat man sich gefragt, was man überhaupt macht." Sebastian Vettel

"Es war eine lange Zeit. Manchmal hat man sich gefragt, was man überhaupt macht (lacht; Anm. d. Red.). Man steht auf, trainiert, isst zu Mittag, trainiert dann wieder und geht irgendwann ins Bett. Das ist eigentlich nicht das, was man am liebsten machen würde."

"Aber das ging wohl uns allen so - uns noch etwas mehr, denn wir hatten ja eine Woche länger Pause oder Schonfrist. Es ist schon gut, dass man jetzt hier ist. Leider brummt im Augenblick nichts mehr, weil es regnet, aber alleine die Motoren zu hören und die Autos zu sehen - jetzt geht es wieder los!"

Frage: "Wärst du gerne schon beim ersten Test am Start gewesen?"
Vettel: "Wir haben uns schon recht frühzeitig dazu entschlossen, nicht am Test in Valencia teilzunehmen. Das war uns allen bewusst."

"Es ist sicherlich kein Vorteil, allerdings ist es gewiss auch kein Nachteil, denke ich. Aber das werden wir sehen. Wir müssen eben schauen, dass wir die Tage nun ausnutzen. Das Wetter sieht in den kommenden Tagen allerdings nicht allzu vielversprechend aus. Warten wir ab."

Red Bull: Evolution statt Revolution

Frage: "Was hältst du von deinem neuen Fahrzeug?"
Vettel: "Es ist sehr schön geworden. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sehen die Autos in diesem Jahr nicht viel anders aus. Es ist eher eine Evolution des Vorjahresfahrzeugs."

"Der Wagen sieht sehr interessant aus - vor allem auch unter der Haube." Sebastian Vettel

"Der Wagen sieht jedenfalls sehr interessant aus - vor allem auch unter der Haube. Schauen wir einmal. Am wichtigsten ist natürlich, dass das Auto auch schnell und zuverlässig ist. Das wollen wir in den kommenden Tagen herausfinden."

Frage: "Machst du dir diesbezüglich Sorgen um das Wetter?"
Vettel: "Naja, was können wir dagegen schon tun? Nichts. Aber natürlich wäre es klasse, vier trockene Tage zu haben. Jetzt hat es schon getröpfelt und das hilft logischerweise nicht."

"Wir haben allerdings auch ein paar Regenreifen in der Garage und können auch bei nassen Bedingungen fahren. Trockene Verhältnisse wären aber in jedem Fall besser. Darauf haben wir eben keinen Einfluss."


Fotos: Präsentation des Red Bull RB6


Frage: "Hat sich am Fahrzeug etwas für dich persönlich verändert? Wie ist es um deine Sitzposition und die Bedienung bestellt?"
Vettel: "Ich habe einen neuen Sitz, doch ansonsten hat sich nichts Wesentliches verändert. Natürlich geht es immer noch etwas weiter und man versucht, das Ganze noch ein bisschen angenehmer zu gestalten und noch etwas handlicher. Vom Grundprinzip ist es aber das gleiche."

Das Ziel ist der WM-Titel

Frage: "Was erwartest du dir vom neuen Rennjahr?"
Vettel: "Am Saisonanfang ist das immer schwer zu sagen - vor allem beim Testauftakt. Zunächst einmal wird es darum gehen, das Auto zum Funktionieren zu bringen. Dann siehst du erst einmal, wo du bist. Ausgehend davon kannst du deine Erwartungen formulieren. Es gibt aber natürlich nur ein Ziel: Es in diesem Jahr etwas besser zu machen als 2009."

Frage: "Was sind deine konkreten Ziele für die neue Saison?"
Vettel: "Da muss ich nun wirklich nicht lange darüber nachdenken. Ich wusste schon im vergangenen Jahr, was in diesem Jahr das Ziel ist. Nämlich ganz klar: Weltmeister zu werden."

"Wie die meisten, so habe ich über die Medien verfolgt, dass er nun doch zurückkommt." Sebastian Vettel

Frage: "Du bist mit Michael Schumacher befreundet, ihr habt schon gemeinsam am Race of Champions teilgenommen, doch nun seid ihr Konkurrenten in der Formel 1. Hat sich dein Verhältnis zu Schumacher verändert? Wie ist eure Beziehung nun?"
Vettel: "Genau so wie vorher. Ich habe ihn schon seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen. Wie die meisten, so habe ich über die Medien verfolgt, dass er nun doch zurückkommt."

Frage: "Was sagen die Leute aus deinem direkten Umfeld dazu? Die freuen sich doch sicherlich auch auf diesen Zweikampf..."
Vettel: "Im Endeffekt gibt es doch mehr als uns beide oder mehr als zwei Fahrer in der Formel 1. Man darf niemanden abschreiben oder vergessen. Es gibt in diesem Jahr sehr viele Teams und Piloten, die ganz vorne mitmischen können. Michael war ein paar Jahre lang nicht mit dabei, ist jetzt aber wieder am Start."

"Wir müssen erst einmal abwarten, wie sich das Team schlägt. Es ist ja ein neuer Rennstall. Es gibt im Augenblick einfach viele Dinge, die man noch nicht einschätzen kann. Es ist natürlich anzunehmen, dass er meint, vorne mitfahren zu können, wenn er sich entscheidet, zurückzukommen. Michael ist wohl keiner, der einfach nur aus Spaß an der Freude mitfahren will."

Konstanz als Schlüssel zum Erfolg?

Frage: "Bist du gespannt auf die diversen Duelle in diesem Jahr? Es sind vier Weltmeister im Starterfeld vertreten..."
Vettel: "Erst einmal müssen wir herausfinden, wie gut die Fahrzeuge sind. In der Formel 1 gibt es darüber hinaus zahlreiche gute Fahrer und nicht nur ein oder zwei von dieser Sorte. Wir werden früher oder später herausfinden, wer dazu in der Lage ist, um den Titel zu fahren. Wir werden sehen."

"Ich hoffe natürlich darauf, dass wir so stark sind, wie im vergangenen Jahr." Sebastian Vettel

"Ich hoffe natürlich darauf, dass wir so stark sind, wie im vergangenen Jahr - oder sogar noch stärker. Teams wie Ferrari und McLaren sehen schon jetzt sehr konkurrenzfähig aus. Auch Mercedes, wo Michael am Start ist. Für euch Medienleute wird das gewiss eine sehr interessante Saison (lacht; Anm. d. Red.). Habt Spaß dabei!"

Frage: "Rechnest du damit, dass die neue Saison härter wird als das vergangene Jahr?"
Vettel: "Jedes Jahr ist hart, denn einfach ist es niemals. Das mag manchmal den Anschein haben - auch rückblickend. Du musst aber immer kämpfen, wenn du einen Grand Prix gewinnen willst. Es geht darum, möglichst konstant zu sein. 'Einfacher' oder 'schwieriger' gibt es da nicht."

Frage: "Du hast eben die Konstanz angesprochen, an der es dir im vergangenen Jahr zuweilen etwas fehlte. Werdet ihr speziell daran arbeiten?"
Vettel: "Naja, rückblickend muss ich in Bezug auf manche Rennen der vergangenen Saison wohl sagen: Es hat nicht sollen sein. Manchmal gehen die Dinge eben schief."

"Es ist wichtig, die Rennen zu beenden und die Punkte mitzunehmen." Sebastian Vettel

"Ab und an lagen die Dinge aber auch nicht in unseren Händen. Konstanz ist aber auf alle Fälle der Schlüssel. Durch das neue Punktesystem erhalten wir 2010 bis zum zehnten Platz sehr viele Zähler. Es ist wichtig, die Rennen zu beenden und die Punkte mitzunehmen. Aber so war es schon immer."

"Wenn du also nicht dazu in der Lage bist, um den Sieg zu fahren, dann musst du dein Maximum holen - sei es nun Platz drei, vier oder fünf. Das solltest du erreichen und die Punkte mitnehmen. Es sind 2010 auch wieder mehr Rennen, also wird das noch wichtiger."

Vettel gilt als Titelkandidat

Frage: "In dieser Saison giltst du als Titelkandidat. Wie gehst du damit um?"
Vettel: "Das freut mich natürlich, aber ich setze mir meine Ziele selbst. Mir ist egal, was geschrieben oder gesprochen wird. Ich will die Weltmeisterschaft gewinnen und weiß, wo wir als Team hinwollen. Sind wir die Favoriten, dann ist das okay für mich. Sind wir es nicht, auch gut."

"Ich sehe mir die anderen Autos schon auch an." Sebastian Vettel

Frage: "Manche Fahrer scheren sich nicht darum, wie die Autos der Konkurrenz aussehen, andere schauen bei den Gegnern schon einmal genau hin und interessieren sich für die technischen Aspekte. Wo muss man dich da einordnen?"
Vettel: "Ich sehe mir die anderen Autos schon auch an und lass mir die Dinge dann auch von unseren Leuten erklären, was der Unterschied ist und welche Idee hinter dem jeweiligen Teil oder der Herangehensweise steckt."

"Das interessiert mich auf jeden Fall. Wenn man aber im Auto sitzt, ist es egal, wie das andere Auto aussieht und warum es schneller ist oder langsamer. Abseits der Strecke interessiert es mich aber sehr wohl. Ich finde das unheimlich interessant. Die Formel 1 ist die Spitze des Motorsports und überaus komplex. Jedes einzelne Fahrzeug ist doch ein Kunstwerk. Das ist sehr interessant."

Der RB5 von 2009 macht Schule...

Frage: "Was ist dir bei den neuen Rennautos bis jetzt besonders aufgefallen?"
Vettel: "Es gibt zwei, drei Dinge, die sind mit Sicherheit neu. McLaren und Sauber haben zum Beispiel ein paar neue Sachen. Ich möchte da aber nicht zu weit gehen. Das behalte ich lieber für mich."

"Es gibt unheimlich viele und interessante Dinge zu sehen." Sebastian Vettel

"Es gibt aber unheimlich viele und interessante Dinge zu sehen. Auch viele Sachen, die man von unserem Auto aus dem Vorjahr kennt. Diese Elemente findet man nun zum Teil bei anderen Fahrzeugen wieder."

"Am auffälligsten sind vielleicht diese Höcker am vorderen Cockpitrand. Es sind aber auch andere Sachen - einfach rundherum. Es war durchaus interessant, die Bilder der anderen Fahrzeuge zu analysieren und zu schauen, wie viel von unserem Auto da drinsteckt."

Frage: "Gehst du davon aus, auf schnellen Kursen wie Monza auch 2010 etwas Probleme zu bekommen oder denkst du, dass ihr diese Schwäche ausmerzen konntet?"
Vettel: "Wir versuchen natürlich, unser Bestes zu geben. Wir hatten 2009 auch einige Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit. Das hat die Geschichte nicht einfacher gemacht - besonders für mich nicht. Das konnten wir aber verbessern."

"Wir versuchen natürlich, unser Bestes zu geben." Sebastian Vettel

"Wir waren zum Jahresende hin zwar etwas eingeschränkt was die Kilometerzahl betrifft und es war ein Kompromiss, aber immerhin haben wir die Saison ohne Strafe hinter uns gebracht. Das war prima. Schon zu diesem Zeitpunkt haben wir gesehen, dass die Zuverlässigkeit kein Problem mehr darstellte."

"Schwierigkeiten in diesem Bereich erwarte ich nicht. Manchmal hat es auch schlimmer ausgesehen, als es war. Wir werden sehen. Wir sind jedenfalls zuversichtlich. Es gibt keinen Grund, eine Motorenschwäche zu fürchten."

Gesucht: Eine Nachfolgerin für "Kate's Dirty Sister"

Frage: "Du hast deinem Auto immer Namen gegeben - wie heißt dein neues Fahrzeug?"
Vettel: "Es hat noch keinen Namen. Es gibt aber jedes Jahr einen neuen Namen. Bis jetzt haben wir aber noch keinen Namen gefunden. Wir sind noch am überlegen (lacht; Anm. d. Red.)."

Frage: "Es ist zwar für alle Fahrer gleich, aber was denkst du darüber, das Rennen künftig mit einem vollen Benzintank zu beginnen?"
Vettel: "Das kann ich noch nicht sagen. Es wird eine neue Erfahrung sein. Ich rechne damit, dass es vor allem zu Beginn des Rennens recht knifflig sein wird. Beim Start eines Rennens sind wir künftig mit einem schweren Auto unterwegs und die Strecken sind zu diesem Zeitpunkt meist noch recht schmutzig und rutschig."

"Die Boxenstopps werden von nun an recht kurz ausfallen." Sebastian Vettel

"Dass du in dieser Phase mit viel Gewicht zugange bist, hilft sicherlich nicht. Wir werden in den kommenden Tagen sehen, wie sich das anfühlt. Ich freue mich aber schon darauf. Das ist für alle eine komplett neue Erfahrung. Die Boxenstopps werden von nun an recht kurz ausfallen. Noch steht auch nicht endgültig fest, wie oft wir im Rennen an die Box kommen werden."

"Die Regeln sind diesbezüglich noch nicht klar aufgestellt. Wir wissen zudem noch nicht, wie viele Reifen wir brauchen werden. Insgesamt ist das eine neue Herausforderung. Die Testtage sind wichtig, um herauszufinden, wie das Auto funktioniert. Außerdem werden wir uns mit den neuen Regeln und dem größeren Benzintank beschäftigen."

Macht sich Erfahrung 2010 bezahlt?

Frage: "Glaubst du im Zusammenhang mit diesem Szenario an einen Vorteil für die älteren Rennfahrer, die Rennen ohne Nachtanken schon einmal bestritten haben?"
Vettel: "Ich weiß nicht, ob das ein Vorteil ist. Noch kann ich ohnehin wenig dazu sagen, da ich bislang noch nicht mit dieser großen Spritmenge gefahren bin."

"Ich habe mir sagen lassen, es sei nicht so schlimm." Sebastian Vettel

"Ich weiß nicht, ob man sich schnell daran gewöhnt oder ob man sich dabei schwer tut. Ich habe mir sagen lassen, es sei nicht so schlimm. Das sollte recht fix gelingen. Auf der anderen Seite gab es zuletzt ja auch den Wechsel zurück auf Slicks - und damals waren auch Piloten im Starterfeld vertreten, die schon Erfahrung damit hatten."

"Letztendlich war das kein großer Schritt. Wir waren das schließlich alle von den Nachwuchsformeln gewöhnt. Jetzt ist es natürlich etwas anderes, doch ich rechne nicht mit einem großen Vorteil für die erfahrenen Piloten."