Verfolger ziehen vorbei: Wo ist Aston Martins Pace hin?

Sechs Podien in den ersten acht Rennen, doch in Silverstone nur noch fünfte Kraft: Aston-Martin-Teamchef Mike Krack erklärt die Formschwankungen seines Teams

(Motorsport-Total.com) - Fernando Alonso konnte beim Großen Preis von Großbritannien zwar mit Platz sieben sechs Punkte holen, allerdings war dies ein schmeichelhaftes Ergebnis für sein Aston-Martin-Team, da der Spanier wie andere Fahrer von einem Safety-Car zum richtigen Zeitpunkt profitierte.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Carlos Sainz

In Silverstone konnte Fernando Alonso die Ferraris nur mit Safety-Car-Glück schlagen Zoom

Denn eigentlich war die Pace des AMR23 erneut unüblich schwach, verglichen mit den bisher gezeigten Leistungen in der Saison 2023, wo Alonso immerhin gleich sechsmal in zehn Rennen auf das Podium kommen konnte. Wo ist also die Aston-Martin-Pace geblieben?

"Ich würde sagen, dass wir am Samstag und Sonntag nicht die Leistung gezeigt haben, die wir uns gewünscht haben", zieht Teamchef Mike Krack Bilanz. "Und dass wir mehr Punkte als Ferrari geholt haben, kann man, glaube ich, als Schadensbegrenzung bezeichnen."

Geht der AMR23 auf traditionellen Rennstrecken nicht?

Beim Blick auf die Daten ist schon auffällig, dass Aston Martin insbesondere auf den traditionellen Strecken Probleme hat, wo der Asphalt im Vergleich zu den Stadtkursen zu Saisonbeginn rauer ist, obwohl der AMR23 in den Händen von Fernando Alonso immer ein gutes Reifenmanagement vorweisen kann.

"Ich habe immer gesagt, dass man nicht immer auf dem Podium stehen kann", fügt Krack hinzu. "Wir hatten sechs Podiumsplätze in zehn Rennen. Ich habe immer gesagt, dass es auch Momente geben wird, in denen es etwas schwieriger wird. Und wir hatten jetzt ein Rennen, bei dem wir am Samstag eindeutig nicht die Pace hatten, die wir haben wollten."

"Ich denke, vor dem Rennen haben wir gesagt, dass wir uns heute auf unsere Stärken verlassen müssen, und das sind meiner Meinung nach Boxenstopps, Rennstarts und Ausführung und Strategie. Und das hat ganz gut geklappt. Auf all das konnten wir uns verlassen. Und ich denke, das hat es uns ermöglicht, trotzdem mit anständigen Punkten nach Hause zu kommen."

Ist also Aston Martins Formabfall nur eine Folge dessen, dass die anderen Verfolgerteams zu Saisonbeginn ihre Autos noch nicht richtig verstanden haben und mit einigen Upgrades die Kurve bekommen haben? McLaren wäre hierfür das beste Beispiel, die in Silverstone sogar gleich die zweite Kraft hinter Red Bull waren.

Krack über McLaren: "Besorgnis ist das falsche Wort"

Krack bleibt jedoch gelassen: "Besorgnis ist das falsche Wort. Ich denke, es bestätigt, was ich schon immer gesagt habe: Wir müssen vorsichtig sein, zu schnell eine Hackordnung zu definieren. Wir haben also ein Auf- und Abschwingen. Wir haben zum Beispiel in Österreich gesehen, dass Mercedes ziemlich weg war, in Barcelona waren sie aber sehr stark."

"Wir waren sehr stark in Kanada, das ist noch nicht lange her, wo wir um das Podium gekämpft haben. Deshalb sage ich immer, dass wir zwei bis vier Rennen abwarten müssen, um zu wissen, wo die Hackordnung ist. Und ich denke, wir sollten das beibehalten."


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"Klar kann [McLarens Pace] nicht unbemerkt bleiben, aber es war ein Rennen, indem man versucht, mit beiden Autos um Topplätze zu fahren, und wir haben sowieso nicht um ein Podium gekämpft. Also konzentriert man sich in solchen Situationen mehr auf sich selbst."

Ist die Erwartungshaltung an Aston Martin übertrieben?

Alles also nur eine Frage der Erwartungshaltung an Aston Martin, die von außen nach dem sensationellen Saisonstart von Fernando Alonso vielleicht übertrieben ist, wenn man bedenkt, dass das Team aus Silverstone im vergangenen Jahr noch Siebter in der Team-WM wurde?

"Die Erwartungshaltung ist mit sechs Podiumsplätzen gestiegen", so Krack. "Es ist normal, dass die Erwartungen hoch sind. Und wir werden weiter versuchen, die Erwartungen zu erfüllen. Ich denke, es ist ein Kompliment, dass wir diese Erwartungen haben, es zeigt, dass wir unsere Arbeit gemacht haben."

"Aber wir müssen bedenken, dass wir eine Menge Rennen vor uns haben, die ganz andere Eigenschaften haben als die vorherigen", erklärt der Luxemburger. "Der Kalender ist so gestaltet, dass man am Anfang Rennen mit weniger Abtrieb hat, je nachdem, wie man sie einstuft, und dann kommen mehr Rennen, bei denen wir vielleicht besser sein können. Das sind alles Dinge, die wir anhand der Analyse der nächsten drei Rennen abwarten müssen, denke ich."

Budapest wieder eine Aston-Martin-Strecke?

Möglicherweise kommt die Strecke in Budapest jetzt zum richtigen Zeitpunkt, um die Formkurve wieder in die richtige Richtung zu lenken. Das Topspeed-Defizit des AMR23 kommt auf den kurzen Geraden nicht so stark zum Tragen und neben Singapur ist der Hungaroring wahrscheinlich der Kurs im Formel-1-Kalender, der von der Charakteristik Monaco am ähnlichsten ist, wo Fernando Alonso dieses Jahr Zweiter wurde. Zudem sollen auch neue Teile ans Auto kommen.

"Wir sind Realisten, das waren wir schon immer, wir waren noch nie Träumer", dämpft Krack die Euphorie auf ein zweites Monaco. "Wir werden uns also die Strecke und unser Auto anschauen und überlegen, wie wir es darauf abstimmen können. Wenn man sich die Charakteristik der Strecke anschaut, sollte sie unserem Auto besser liegen als andere Strecken, auf denen wir bisher waren."

"Aber ich denke, wir können auf Budapest vorausschauen, wir werden ein Freies Training haben, wir werden neue Teile nach Budapest bringen und wir werden sie testen können. Spa danach wird natürlich ein bisschen schwieriger sein, weil man allein schon wegen der Strecke ein anderes Paket hat. Aber das ist für alle gleich. Auch dort müssen wir wieder unsere Hausaufgaben machen und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen."

Aston Martin will Quali-Schwäche überwinden

Allerdings wird auf dem Hungaroring, einer Strecke, auf der man historisch gesehen nur schwer überholen kann, das Qualifying umso entscheidender sein. In dieser Disziplin hatte Aston Martin jedoch bisher seine Probleme. Im Saisonschnitt fehlen auf eine schnelle Runde 0.54 Sekunden auf Red Bull, womit man dritte Kraft hinter Ferrari (+0.22) und knapp vor Mercedes (+0.55) ist.

"Das Qualifying ist der Schlüssel, vor allem auf Strecken, auf denen es schwieriger ist, zu überholen, wie auf der kommenden Strecke, obwohl es jetzt viel einfacher ist als früher", sagt Krack. "Aber ich denke, dass die Leistung im Qualifying der Schlüssel ist, um in der Formel 1 ganz vorne zu landen, egal wo man fährt. Die Statistik lügt nicht. Es ist eine generelle Verbesserung, die wir an unserem Auto vornehmen müssen. Aber es fängt damit an, dass man seine Schwächen anhand der aktuellen Ereignisse analysiert."

Krack: Das wäre eine gute Saison für uns ...

Stellt sich noch die Frage, was anhand der jüngsten Entwicklungen im Formel-1-Kräfteverhältnis ein gutes Saisonergebnis für Aston Martin wäre. Aktuell liegt das britische Team noch an dritter Stelle in der Konstrukteurswertung.

Krack antwortet: "Das ist eine Frage, die ich mir selbst noch nicht gestellt habe! Ich denke, die Saison ist bereits sehr respektabel. Wenn man sieht, woher wir kommen, haben wir sechs Podiumsplätze in zehn Rennen."

"Selbst, wenn es sechs Podiumsplätze in 22 Rennen wären, denke ich, dass es eine sehr respektable Saison ist, verglichen mit dem, wo wir herkommen und was unsere Ziele für die Saison waren, aber wir werden jetzt nicht aufgeben und es auf sich beruhen lassen."