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  • 03.11.2013 12:29

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Venezuela: Der Geldhahn im Fokus

Die Unterstützung für Motorsportler aus Venezuela steht auf dem Prüfstein: Haben einige Fahrer die Möglichkeiten zum Devisentausch missbraucht?

(Motorsport-Total.com) - Venezuela gilt seit Jahren als das Paradies für Motorsportler, die sich für ihre Rennaktivitäten finanzielle Unterstützung vom Staat erhoffen. Unter dem ehemaligen Staatspräsidenten Hugo Chavez sprudelte das Geld aus diversen Quellen fast ebenso reichhaltig wie das Öl aus den venezolanischen Bohrlöchern. Unter anderem Williams-Pilot Pastor Maldonado profitiert seit der Saison 2011 von der besonderen Förderung. Der Ex-GP2-Champion bringt jedes Jahr rund 30 Millionen Britische Pfund von der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA mit.

Titel-Bild zur News: Pastor Maldonado

Pastor Maldonado bekommt vom Ölkonzern PDVSA viel Unterstützung Zoom

Nun hängt die Fortführung dieser Förderung am seidenen Faden. Die venezolanischen Behörden haben bis auf Weiteres alle Zahlungen an Rennfahrer in internationalen Serien eingefroren. Hintergrund sind Ermittlungen im Rahmen eines möglichen Korruptionsskandals. Im Zentrum der Nachforschungen stehen dabei nicht die Zahlungen an sich, sondern die Möglichkeit von Sportlern, die heimische Währung Bolivar bei der staatlichen Agentur Cadivi zu günstigen Konditionen in harte US-Dollar, Britische Pfund oder Euro zu wechseln.

In den vergangenen Monaten sei aufgefallen, dass einige Nutznießer des Wechselsystems bei ihren Währungstransfers falsche Angaben gemacht haben könnten. "Die Vorhaben waren entweder fiktiv oder überteuert", wird der venezolanische Justizminister Miguel Rodriguez von der Agentur 'AP' zitiert. In den Fokus der Ermittlungen rückte unter anderem E.J. Viso, der nach Aufflammen des Skandals plötzlich aus der IndyCar-Serie verschwand und nicht mehr erreichbar war. Angeblich war er krank.

Wie Sportministerin Alejandra Benitez erklärte, geht es in der Unterstützung für Motorsportler um hohe Millionenbeträge. Allein ein Pilot habe umgerechnet 66 Millionen US-Dollar für seine Aktivitäten im Ausland kassiert. War dies IndyCar-Pilot Viso? Möglich. Waren es Grand-Am-Fahrer Alex Popow oder WEC-Mann Enzo Potolicchio? Unwahrscheinlich. War es Formel-1-Pilot Pastor Maldonado? Angeblich nicht. "Davon habe ich gehört. Mich betrifft das aber nicht", sagt der Williams-Fahrer.

Maldonado sicher: PDVSA zahlt weiter

"Ich habe schließlich nie Geld vom Staat Venezuela oder von der Regierung bekommen. Das angesprochene Geld kommt ja nicht gratis. Die Fahrer müssen dafür bezahlen. In Venezuela gibt es aber ein Programm für Sport, genauso wie für Bildung und dergleichen mehr. Dort kannst du zu günstigen Konditionen Geld wechseln. Einige Fahrer haben wohl Geld zu günstigen Konditionen getauscht und es dann weiterverkauft. Es ist traurig, davon zu hören", schildert Maldonado, der befürchtet, dass der Staat jegliche Förderung einstellen könnte.

"Ich hoffe wirklich, dass dieses Problem nicht die junge Generation betrifft. Sie brauchen das Geld wirklich, um Rennen zu fahren und außerhalb von Venezuela anzutreten", so der Ex-GP2-Champion. "Die Regierung nimmt das nun ernst. Das ist gut. Zum Wohle des Sports muss man aber festhalten, dass nicht alle Fahrer darin verstrickt sind. Es wird nicht nur der Motorsport-Bereich untersucht, sondern der gesamte Sport. Eben sämtliche Athleten, die den vergünstigten Geldwechsel nutzen."

"PDVSA unterstützt derzeit nur einen Rennfahrer. Das bin ich. In der Vergangenheit waren drei bis vier Fahrer ein Teil des Programms. Nun ist es eben nur noch einer", erklärt Maldonado. "Manche Piloten nutzen zwar das Logo des Unternehmens auf ihren Autos, werden aber nicht direkt von PDVSA unterstützt. Viele Fahrer versuchen daher über den vergünstigten Geldwechsel, weiter Rennen zu fahren. Das ist normal. Nicht normal ist, mit dem Geld dann weiter Handel zu treiben, um Profit daraus zu schlagen."


Red-Bull-Showrun auf dem Burj-Al-Arab

Maldonado betrachtet die aktuellen Untersuchung entspannt, aber auch mit Interesse. Es dürfe nicht sein, dass der Staat wegen einiger Betrüger die gesamte Sportförderung hinterfrage. Der Venezolaner fühlt sich sicher. Das Geld von PDVSA werde weiterhin kommen. "Wir haben einen Vertrag mit PDVSA", äußert sich Claire Williams zu dem Thema. "Soweit wir wissen, haben diese Ermittlungen in Venezuela nichts mit uns zu tun."