• 03.11.2016 09:23

  • von APJ-Motorsports

Vandoorne: "Hoffentlich findet McLaren etwas Magisches"

Interview mit dem neuen McLaren-Fahrer: Was er an Japan vermissen wird und welche Ziele er sich für die erste Saison in der Formel 1 setzt

(Motorsport-Total.com) - Stoffel Vandoorne hat in Suzuka sein letztes Rennen in der japanischen Super Formula gewonnen und beginnt seine Formel-1-Karriere am 26. März 2017 in Melbourne somit als Rennsieger. Für den Meistertitel reichte es aber nicht ganz: Der designierte McLaren-Pilot sicherte sich in der Gesamtwertung der Saison 2016 den vierten Platz.

Titel-Bild zur News: Stoffel Vandoorne

Stoffel Vandoorne stellte sich in Suzuka einem Interview über seine Saison 2016 Zoom

Die Super Formula ist eine spektakuläre japanische Formelserie, mit 550 PS starken Motoren und Formel-1-ähnlichen Dallara-Chassis, allerdings weitgehend ohne technischen Schnickschnack. In der Serie treten teilweise klingende Namen an, die man auch in Europa kennt: Andre Lotterer zum Beispiel, Kazuki Nakajima oder Narain Karthikeyan, ebenso wie James Rossiter und Bertrand Baguette.

Im Rahmen des letzten Rennwochenendes in Suzuka stellte sich Vandoorne einem Interview, das mit freundlicher Genehmigung von 'APJ-Motorsports' in voller Länge auf 'Motorsport-Total.com' veröffentlicht wird und nun nachgelesen werden kann.

Frage: "Stoffel, am Wochenende hatten Sie Ihr letztes Rennen in der Super Formula. Jetzt wartet eine neue Herausforderung auf Sie. Wie haben Sie Ihre Zeit in Japan erlebt?"
Stoffel Vandoorne: "Meine Zeit in Japan war eigentlich ziemlich gut. Für mich war es eine völlig neue Erfahrung, aus Europa zu kommen und die japanische Kultur und auch die japanischen Rennserien zu entdecken. Außerdem konnte ich eine Beziehung zu Honda aufbauen, was für mich ziemlich gut war."

Sieg zum Abschluss, aber nicht Meister

"Wenn man auf die Ergebnisse blickt, war es für mich vielleicht nicht das beste Jahr, trotzdem gab es auch einiges Positives: Ich habe eine Pole-Position, zwei Siege und ein weiteres Podium geholt und war bis zum letzten Wochenende im Titelkampf dabei. Aus meiner Sicht ist das okay, zumal das Jahr für mich ohnehin eine Vorbereitung auf 2017 dargestellt hat."

"Mein Hauptfokus lag definitiv darauf, einen Platz in der Formel 1 zu bekommen und bei allen Grands Prix sehr hart im Simulator von McLaren zu arbeiten. Das Rennprogramm in Japan war dazu da, damit ich in Form bleibe und etwas zu fahren habe, was sicherlich gut war. Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Meisterschaft gefahren bin."


Super Formula: Stoffel Vandoorne onboard in Suzuka

Frage: "Was werden Sie an Japan am meisten vermissen?"
Vandoorne: "Das Essen. Es ist lustig, denn am Anfang ist Japan so weit weg von allem, was man kennt. Als ich zum letzten Wochenende gekommen bin, war es ein wenig traurig, weil ich wusste, dass es das letzte Mal sein würde. Aber gleichzeitig bin ich natürlich auch glücklich, weil ich jetzt in die Formel 1 wechseln werde."

"Es gibt viele Dinge, die ich hier vermissen werde. Das Racing war gut, das Auto und hier zu fahren auch - und natürlich das Essen. Außerdem habe ich gute Freunde kennengelernt. Das Jahr war definitiv ein gutes für mich."

Keine Überraschungen in der Vorbereitung

Frage: "Wie bereiten Sie sich auf Ihre erste vollständige Formel-1-Saison vor?"
Vandoorne: "Bislang lief eigentlich alles ganz normal. Seit Beginn der Saison war ich bei jedem Grand Prix, und seit der Verkündung verbringe ich auch mehr Zeit mit den Ingenieuren und dem Management von McLaren-Honda."

"Jetzt, wo meine Super-Formula-Saison beendet ist und sich auch die Formel-1-Saison dem Ende zu neigt, verbringe ich mehr Zeit mit den Ingenieuren in der Fabrik und in den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens. Ich werde sehen, wie der Fortschritt mit dem Auto für das kommende Jahr vorangeht, und werde mehr im Simulator sitzen und versuchen, das Auto für 2017 ebenfalls noch zu entwickeln."


Fotostrecke: Glorreiche Sieben: Alle McLaren-Champions

"Ich komme gerade in meine neue Rolle rein. Eigentlich fühlt es sich schon recht normal an, weil ich alle Leute im Team schon ein wenig kenne. Ich absolviere die gleiche Vorbereitung wie Jenson und Fernando im vergangenen Jahr. Im Grunde habe ich die gleiche Vorbereitung zuvor schon gemacht, nur dass ich an den Rennwochenenden nicht Rennen gefahren bin. Jetzt steige ich endlich ins Auto."

Frage: "Mit Fernando Alonso bekommen Sie einen der erfahrensten und talentiertesten Piloten als Teamkollegen. Sorgt das für zusätzlichen Druck?"
Vandoorne: "Nein, ich finde es positiv, Fernando an meiner Seite zu haben. Er ist zweimaliger Weltmeister und jeder weiß, wie gut er ist und was für Qualitäten er besitzt. Ich bin sehr glücklich, ihn neben mir zu haben und von ihm lernen zu können. Selbst in dieser Saison habe ich viel von ihm und auch von Jenson gelernt. Ihn als Teamkollegen zu haben, wird eine gute Sache sein, denn wenn ich gegen ihn gut aussehe, dann hilft es auch meiner Karriere."

Keine Gedanken über Buttons Rolle im Team

Frage: "Jenson Button besitzt trotzdem einen Vertrag bis 2018. Musst du irgendwelche Ziele erfüllen, um dein Cockpit auch über 2017 hinaus zu behalten?"
Vandoorne: "Nein, daran denke ich im Moment gar nicht. Ich bereite mich auf meine erste Formel-1-Saison vor und kann einfach nur mein Bestes geben. Das werde ich machen, und das habe ich in den vergangenen Jahren in jeder Serie gemacht. Im Moment müssen wir als Team Gas geben, um gemeinsam zurück an die Spitze zu kommen, denn die derzeitigen Ergebnisse sind nicht das, was wir wollen. Im Moment ist die Priorität daher, sehr hart zusammenzuarbeiten und wieder zu gewinnen."

Frage: "Werden Sie Zeit haben, vor der Saison im Simulator zu üben?"
Vandoorne: "Ja, ich habe schon viel Zeit im Simulator verbracht. Derzeit ist es allerdings nicht wirklich viel, weil ich immer nach Japan und zu allen Formel-1-Rennen reise. In diesem Winter werde ich allerdings da sein und eine Menge Zeit haben."

Fernando Alonso

McLaren befindet sich langsam, aber sicher auf dem Weg zurück an die Spitze Zoom

Frage: "McLaren verbessert sich von Rennen zu Rennen - zuletzt gab es für Fernando Alonso einen fünften Rang in Austin. Glauben Sie, dass Sie 2017 um die Weltmeisterschaft kämpfen können?"
Vandoorne: "Das ist schwierig zu sagen, und außerdem ist es noch ziemlich früh, weil wir noch weit davon entfernt sind. Das ist uns bewusst, aber wir haben in den vergangenen eineinhalb Jahren große Fortschritte gemacht."

"Zu Beginn der Zusammenarbeit von McLaren und Honda war es ziemlich schwierig. Gute Resultate zu bekommen, war hart, aber die vergangenen Rennen waren ziemlich positiv für uns. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg an die Spitze. Hoffentlich können die neuen Regeln im kommenden Jahr eine Möglichkeit für uns sein, um die Lücke zur Spitze zu schließen. Viele Dinge werden sich verändern, doch für alle ist es eine Unbekannte."

"Ich denke, dass wir bis zum ersten Test abwarten müssen und dann sehen werden, wer gute Leistungen zeigt. Trotzdem sollte es für uns eine Möglichkeit darstellen, und ich denke, dass wir im kommenden Jahr näher dran sein werden."

Keine konkreten Ergebnisziele für 2017

Frage: "Wie sieht Ihr persönliches Ziel für das kommende Jahr aus?"
Vandoorne: "Im Moment ist es schwierig, ein persönliches Ziel zu setzen. Ich werde wie immer mein Bestes geben und versuchen, die bestmögliche Arbeit abzuliefern. Was in Sachen Ergebnissen möglich sein wird, ist schwierig vorherzusehen. Viele Dinge verändern sich in der Formel 1, wie gesagt. Derzeit liegt mein Hauptaugenmerk darauf, das Team nach vorne zu bringen."

Frage: "Was halten Sie von den Regeländerungen für 2017?"
Vandoorne: "Es wird definitiv ein großer Schritt werden. Es sieht so aus, als würden die Autos deutlich schneller werden, was für uns Fahrer natürlich gut sein wird. Mit jeder Regeländerung verändert sich auch das Kräfteverhältnis. Wir wissen nicht, wer stark sein wird oder ob ein Team etwas Besonderes herausfinden und dann wieder unschlagbar sein wird."

"Hoffentlich findet McLaren etwas Magisches, um zurück an die Spitze zu kommen. Wir werden sehen. Es ist auf jeden Fall gut, dass sich die Dinge im kommenden Jahr verändern und ich freue mich zu sehen, wie die Autos sein werden."

Frage: "Wenn Sie eine Regel in der Formel 1 ändern könnten: Was wäre das?"
Vandoorne: "Das ist eine schwierige Frage. Darüber müsste ich wirklich nachdenken..."

Frage: "Werden die neuen Reifen eine große Herausforderung für Sie sein?"
Vandoorne: "Es wird definitiv anders sein. Sie werden größer sein, aber am Ende des Tages sind es immer noch Pirelli-Reifen. Durch die GP2-Serie und die Formel-1-Testfahrten besitze ich bereits viel Erfahrung mit ihnen. Im Moment weiß ich wirklich nicht, wie sie sein werden. Ich bin vermutlich auch der falsche Ansprechpartner dafür, weil andere Fahrer sie getestet haben. Sie haben vermutlich einen besseren Einblick."

21 Rennen für Vandoorne nicht zu viel

Frage: "2017 wird es 21 Rennen geben. Zu viel für eine Saison?"
Vandoorne: "Für mich ist das okay."

Frage: "Was halten Sie vom Halo-System und Cockpitsicherheit?"
Vandoorne: "Die FIA macht sicherlich einen guten Job, um die Sicherheit im Cockpit zu verbessern. Das Halo-System haben wir uns jetzt eine Weile angeschaut, doch im kommenden Jahr wird es nicht am Auto sein. Ich denke, dass sie es 2018 definitiv einführen wollen."

Ron Dennis, Stoffel Vandoorne

Stoffel Vandoorne mit dem (vermutlich) scheidenden McLaren-Boss Ron Dennis Zoom

"Im Moment befinden wir uns noch an einem Punkt, an dem wir alles Positive und Negative evaluieren und versuchen, das System zu verbessern. Vielleicht kommt die FIA in ein paar Monaten mit einem anderen System. Schließlich kann man ja nicht wirklich nein zu einem System sagen, das den Rennsport sicherer macht."

Frage: "Was würden Sie machen, wenn Sie kein Rennfahrer wären?"
Vandoorne: "Das weiß ich nicht. Das Problem bei diesen Fragen ist, dass sie für uns schwierig zu beantworten sind. Wir sind von klein auf Rennen gefahren und kennen nichts anderes. Vielleicht ein Geschäftsmann."

Frage: "Wie genießen Sie Ihre Freizeit, wenn Sie nicht fahren?"
Vandoorne: "Ich versuche hauptsächlich zu entspannen und mit Freunden abzuhängen, weil der Rennsport viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn ich zu allen Formel-1-Rennen fahre und auch in Japan bin. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, um in Kontakt mit Familie oder Freunden zu bleiben. Wenn ich zu Hause bin, ist es für mich daher am Wichtigsten, das nachzuholen."