• 01.11.2015 01:03

  • von Dieter Rencken & Ryk Fechner

Unendliche Gerade: Wenn es um Grip geht, ist Red Bull da

Eine Tausendstelsekunde trennte Daniil Kwjat und Daniel Ricciardo nach dem Qualifying in Mexiko - Red-Bull-Chassis lässt Stärken aufblitzen

(Motorsport-Total.com) - Zum Ende der Formel-1-Saison 2015 scheint Red Bull wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Beim Qualifying zum Grand Prix von Mexiko reichte es Daniil Kwjat und Daniel Ricciardo zu den Startplätzen vier und fünf. Nur den übermächtigen Mercedes sowie dem Ferrari von Sebastian Vettel musste man sich geschlagen geben. Dabei umrundete Kwjat den Kurs in 1:20.398 Minuten, hatte damit auf Vettel eine halbe Sekunde und auf Pole-Setter Nico Rosberg 0,918 Sekunden Rückstand. Ricciardo fehlte auf seinen russischen Stallgefährten lediglich eine Tausendstelsekunde (zur Startaufstellung).

Titel-Bild zur News: Daniil Kwjat

Daniil Kwjat rutschte sich in Mexiko vor auf Startposition vier Zoom

"Das ist ziemlich eng", sagt Kwjat mit dem Blick auf das enge Ergebnis: "Ich habe es sehr sauber von Q1 in Q2 und von dort in Q3 geschafft. Auf dieser Strecke passiert es immer sehr leicht, einen kleinen Fehler drin zu haben, der sehr schmerzvoll sein kann. Ich würde sagen, dass vielleicht niemand eine ideale Runde hatte", fällt sein Fazit über den neuen, rutschigen Belag aus, der am gesamten Wochenende für reichlich Dreher, Quersteher und Ausritte sorgte.

Bei dem glücklichen Ergebnis ist die Tatsache, dass er zu Beginn von Q1 mit sieben Kilometern pro Stunde zu viel in der Boxengasse geblitzt wurde und die Stewards ihm deswegen eine Strafe von 700 Euro aufbrummten, fast eine Randnotiz. Zwar waren die Williams-Fahrer Valtteri Bottas und Felipe Massa mit rund 0,1 Sekunden Rückstand in Lauerstellung. Kwjat ist jedoch überzeugt, dass es ohne Rutscher noch schneller gegangen wäre: "Alles in allem spiegelt das unseren Speed wider. Ich hätte vielleicht ein paar Zehntel schneller sein können."

Vier Zentimeter Unterschied

Auffällig bei dem Qualifikationsergebnis ist, dass das Red-Bull-Chassis dazu in der Lage war, im kurvenreichen zweiten und dritten Sektor der Strecke das PS-Defizit des Renault-Antriebsstrangs wettzumachen. "Wir hatten auf dieser Strecke einen ziemlich guten Rhythmus, obwohl einem die Start- und Zielgerade wie eine Unendlichkeit vorkommt", nimmt der 21-Jährige die 1,3 Kilometer-lange Gerade auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez mit Galgenhumor.

Jenen Humor bewahrte sich auch Daniel Ricciardo letztlich, als er über die umgerechnet vier Zentimeter Unterschied auf eine Runde spricht, die ihn letztlich um die zweite Startreihe brachte: "Jetzt kann ich darüber lachen, aber als ich über die Ziellinie gefahren bin und mir der Ingenieur gesagt hat, dass Daniil eine Tausendstelsekunde vor mir ist, war das schon frustrierend. Eine Tausendstelsekunde - eine Position."

Etwas Positives gewinnt der Australier Rang fünf dennoch ab, wie er gegenüber 'Sky UK' schildert: "Vom fünften Platz zu starten bedeutet immerhin die saubere Seite. Es wird ziemlich lang bis zur ersten Kurve dauern und es wird ziemlich hektisch. Man muss sicherstellen, dass man in den richtigen Windschatten kommt." Danach rechnet Ricciardo damit, dass ein Ein-Stopp-Rennen wahrscheinlich wird: "Ich denke, dass jeder versuchen wird, ein Ein-Stopp-Rennen zu fahren, da die Asphaltoberfläche neu ist, die zu den Reifen für gewöhnlich nicht zu aggressiv ist."

Strategiepoker: Der Grip kommt nicht

Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo wurmt die eine Tausendstel Sekunde Unterschied Zoom

Durch den neuen Asphalt, der laut Kwjat dem von Sotschi 2014 ähnle, sei es auch entscheidend, mit dem Team "gut zu kommunizieren" und "in der richtigen Runde die richtigen Entscheidungen zu treffen." Ricciardo ergänzt: "Der Mediumreifen sieht auf dem Longrun sehr gut aus. Es geht nur um unsere Einschätzung, wie lange er wohl halten wird. Wenn es besser ausschaut, werden wir vielleicht früh reinkommen und versuchen durchzufahren. Jeder wird vielleicht versuchen, den Weichen so lang zu fahren wie sie können und dann auf den Medium-Reifen wechseln."

Alles in allem ist Ricciardo dennoch nicht ganz zufrieden mit der Qualifikation: "Wir sahen im Freien Training ziemlich gut aus und dann war ich in allen drei Qualifikationsabschnitten nicht richtig glücklich. Sagen wir mal, dass wir Probleme damit hatten, das Griplevel zu finden, was wir am Morgen hatten." Der 26-Jährige rechnete damit, dass die noch neue Strecke in Q3 mehr Grip haben würde als im Freien Training.

Daher sei es wohl zu mehr Fahrfehlern gekommen, wie er seinen Zeitverlust gegenüber Kwjat erklärt: "Von der Strecke habe ich mehr erwartet. Daher gab es vielleicht mehr Fehler. Man erwartet, dass der Grip kommt und er kam einfach nicht. Das war definitiv kniffelig. Am Ende der Runde hatten wir nur einen Run in Q3, da wir zwei der weicheren in Q2 benutzten. Die Runde war recht brauchbar, aber es kam nicht das Gefühl auf, das wir am Morgen hatten."

Älterer Motor in Kwjats Auto

Für Sonntag hat Ricciardo leicht bessere Voraussetzungen als Kwjat, wie Teamchef Christian Horner verrät. In der Nacht musste das Team die Sperrstunde brechen, um ein technisches Problem zu beheben: "Wir mussten leider bei Daniil Kwjats Auto den Motor wechseln, daher mussten wir die Sperrstunde brechen. Es also einer der älteren Motoren im Auto." Zwar habe es auch an Ricciardos Boliden kleinere Probleme mit Sensoren gegeben, diese seien aber nichts schwerwiegendes.


Großer Preis von Mexiko

Trotz des Handicaps rechnet sich Kwjat für den Sonntag gute Chancen aus, ein moderates Ergebnis nach Hause zu fahren, nachdem er in Austin durch einen Fahrfehler ausschied. "Wir werden unsere Erwartungen für morgen nicht höher schrauben. Wir versuchen einfach, einen sauberen Start und ein sauberes, konstantes Rennen hinzubekommen. Wir müssen einfach unsere Resultate bringen. Das fehlt mir im Moment etwas", nagt er noch an seinem Ausfall beim US-Rennen. Dennoch bestätigte ihn das Team im Cockpit für 2016.

Angst davor, dass ihm Max Verstappen oder Carlos Sainz den Platz im Red-Bull-A-Team streitig machen könnten, hat Kwjat, der in der Fahrerwertung auf Position sieben zwei WM-Zähler vor seinem Stallgefährten liegt, nicht und macht eine Kampfansage: "Ich versuche immer, mich zu beweisen. Es ist nicht so, dass ich für jemand anderen fahre. Ich fahre hier für Red Bull, aber außerdem fahre ich für mich, da ich eines Tages gewinnen will. Wenn du in der Formel 1 für jemand anderen fährst, ist das nicht das Beste."