Überholmanöver in der Formel 1: Wer braucht das wirklich?

2017 wird in der Formel 1 deutlich weniger überholt, aber ist das wirklich schlimm? Aber: "Wenn du die Formel 1 nicht magst, schau halt was andres!"

(Motorsport-Total.com) - Das Thema Überholen hat in der Formel 1 schon oft Glaubenskriege ausgelöst. Die einen, angeführt vom ehemaligen FIA-Präsidenten Max Mosley, sagen, dass es nicht viele Überholmanöver braucht; wichtiger sei, dass die wenigen Überholmanöver etwas Besonderes sind. Andere hingegen finden, dass Prozessionsfahrten wie zuletzt beim Grand Prix von Australien in Melbourne einschläfernd sind und niemanden vom Hocker reißen.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen, Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen und Max Verstappen Rad an Rad in der ersten Kurve in Melbourne Zoom

Im Albert Park gab es 2017 nur noch fünf Überholmanöver (statt 37 im Vorjahr, zumindest laut Zählung von 'auto motor und sport'). Aber bevor Panik geschoben wird, sollte man laut Max Verstappen erst einmal abwarten: "In Australien ist das Überholen immer ganz schwierig. In China, mit der langen Gerade, müsste es besser sein."

Prinzipiell gelte aber: "Wenn die Kurvengeschwindigkeiten höher sind und die Reifen weniger abbauen, ist das Überholen normalerweise schwieriger", weiß der Red-Bull-Fahrer. Nur: Ist das wirklich schlimm? Daran, dass in den vergangenen Jahren nur noch das DRS-Knöpfchen gedrückt werden musste und schon konnte man mühelos am Vordermann vorbeifahren, haben sich ohnehin viele Fans gestört.

Eddie Irvine fand Melbourne jedenfalls "ganz cool. Es wurde nicht so viel überholt, aber ich finde nicht, dass das zwingend notwendig ist. Ich wünsche mir einfach überraschende Ergebnisse. Dann und wann ein außergewöhnliches Überholmanöver ist fantastisch, aber die Überholmanöver der vergangenen paar Jahre, wo du nur den Knopf drückst und am Vordermann vorbeifährst, die ergeben für mich nicht viel Sinn."

Diese seien nämlich wegen DRS "zu künstlich" gewesen, erklärt er in der aktuellen Folge unserer Video-Interviewserie "Ein Drink mit Eddie Irvine", die seit Sonntag im Videobereich auf unserer Desktop-Website und auf YouTube on demand verfügbar ist. Irvine betont darin: "Sie müssen diesen ganzen Mist loswerden, der nur designt wurde, um Leuten zu gefallen, die die Formel 1 nicht mögen. Wenn du die Formel 1 nicht magst, schau halt was andres!"

Im Gegensatz zu einer Mehrheit der Fans ist der ehemalige Ferrari-Teamkollege von Michael Schumacher übrigens nicht vollends zufrieden mit der aggressiveren Optik der neuen Formel-1-Boliden: "Die Autos sind ein bisschen hässlich. Der Frontflügel ist zu weit vorne, die große 'Haifischflosse' ist hässlich", kritisiert Irvine.

"Wenn man sie aus der Nähe betrachtet, sind sie schöner als von weiter weg", räumt er ein. "Aber im Fernsehen sieht man nur das Profil. Die Reifen sind optisch ein großer Fortschritt. Alleine deswegen sehen die Autos viel aggressiver aus. Ich halte nur den ganzen Mist für überflüssig, die ganzen aerodynamischen Helferlein. Obendrein führt das auch noch zu höheren Kosten, denn diese Dinge zu entwickeln, kostet Geld. Dieses ganze Zeug könnte man ohne weiteres loswerden, finde ich."

Ein Ziel hat die Formel 1 mit den Regeländerungen aber ohne jeden Zweifel erreicht: Das Fahren ist wieder spektakulärer und anstrengender geworden. Das führt dann auch dazu, dass die Herren Verstappen & Co. im Cockpit mehr Freude am Fahren empfinden: "Es macht viel mehr Spaß als letztes Jahr. Die Geschwindigkeit in den Kurven ist viel höher, und das ist das, was ein Fahrer liebt", unterstreicht der Red-Bull-Pilot, beim Auftakt in Melbourne Fünfter.

Und auch auf die höheren körperlichen Belastungen musste er sich gezielt vorbereiten: "Ich habe im Januar und Februar viel trainiert, bin dadurch viel kräftiger geworden. Im Rennen in Australien war alles okay. Singapur ist immer ganz schwierig, aber das war auch letztes Jahr so", sagt Verstappen. Gewicht hat er dabei nicht abgenommen: "Ich bin gleich schwer wie 2016. Und das ist gut, denn ich bin kräftiger geworden."