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Toro-Rosso-Technikchef Key: "Neue Regeln ein Jahr zu früh"
James Key im Interview: Wieso er das neue Reglement gerne auf 2015 verschieben würde und welche Gefahren und Chancen der Technikchef für Toro Rosso sieht
(Motorsport-Total.com) - Im Sommer des Vorjahres übernahm James Key bei Toro Rosso das technische Kommando. 2013 zeigte das Team positive Anzeichen, der große Durchbruch blieb dem Team aber versagt. In der kommenden Saison bricht nun eine neue Zeitrechnung für die kleine Red-Bull-Mannschaft aus Faenza an. Neben der Reglement-Revolution, die derzeit alle Teams beschäftigt, wird Toro Rosso von Ferrari- auf Renault-Motoren wechseln und hat damit den gleichen Motorenpartner wie das A-Team Red Bull.

© Toro Rosso
Stress pur: Key muss derzeit Überstunden machen, um die Chance 2014 zu nutzen Zoom
Zudem wird mit dem Russen Daniil Kwjat ein 19-Jähriger im Cockpit sitzen. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt Technikchef Key, wie sein Team auf das Jahr 2014 vorbereitet ist, welche Chancen und Gefahren er sieht und was das Engagement von Kwjat für das Team bedeutet.
Frage: "James, Welche Stärken und Schwächen siehst du bei deinem Team, was die Reglementänderungen 2014 angehen?"
James Key: "Es handelt sich um so ein kompliziertes Thema. 2014 ist für uns eine Gelegenheit, die es uns erlauben sollte, Red Bull und Toro Rosso hinsichtlich des Antriebsstrangs näher zusammenzubringen. Das ist für beide Seiten gut. Es erlaubt uns außerdem, einige Unterschiede, die die Performance negativ beeinträchtigen, zu eliminieren und die Arbeitslast, die wir sonst hätten stemmen müssen, zu verringern."
"Es ist ein guter Schritt, dass wir die gleiche Hydraulik und das gleiche Getriebe wie Red Bull verwenden, das gilt natürlich auch für den Motor. Davor konnten wir auf diese Weise nicht arbeiten, jetzt schon - das stärkt uns."
"Zudem gab es dieses Jahr ein paar Entwicklungen mit viel Potenzial, die wir in das kommende Jahr mitnehmen können. Diesbezüglich gibt es in manchen Bereich bei uns Kontinuität, obwohl sich so viel ändert. Das ist wahrscheinlich eine Stärke. Das Reglement 2014 kommt meiner Meinung nach für unser Team wahrscheinlich ein Jahr zu früh. Wir befinden uns in einer Art Übergangsjahr, um dem Team eine Richtung zu geben. Darauf wollen wir dann aufbauen."
Frage: "Ihr seid in einem Erweiterungsprozess."
Key: "Es gibt viele Aktivitäten. Ich möchte das Team auf ein gutes Niveau bringen, wo wir konstant konkurrenzfähig sind und uns im vorderen Mittelfeld etablieren können. Dieses Jahr gab es viel auf und ab, was unglaublich frustrierend war. Manchmal hatten wir das Potenzial, aber wir haben es vergeigt, wie in Japan. Ein anderes Mal haben wir die Rundenzeiten nicht erreicht."
"Wir müssen in meinem zweiten Jahr einen Schritt vorwärts machen - ich glaube also, dass das Timing für uns eine Schwäche darstellt. Wir sind einfach nicht groß genug, um wirklich gute Arbeit bei beiden Autos abzuliefern. Für uns ist das ein wirklich schwieriger Kompromiss."
Kwjats Vorteil: keine vorgefassten Meinungen
Frage: "Ihr verliert mit Ricciardo einen wirklichen guten Mann und bekommt mit Kwjat einen Rookie, worunter auch die Kontinuität leidet. Eine Schwäche?"
Key: "Schwer zu sagen. Unsere Fahrer lernen immer noch. Daniel hat einen großen Schritt vor sich, wenn er kommende Saison Teamkollege von Vettel sein wird. In der dritten Formel-1-Saison ist man aber kein Rookie mehr. Grundsätzlich will man immer bei dem bleiben, was man kennt."
"Der Fahrer, den wir bekommen, hat großartiges Potenzial, was er als GP3-Meister bewiesen hat. Außerdem hat er keine vorgefassten Meinungen über ein Formel-1-Auto. Das ist also nicht wirklich ein Nachteil, denn kommende Saison wird das Fahren anders sein. Wenn es ausschließlich um Erfahrung und die Fähigkeiten geht, das Maximum ab dem ersten Rennen herauszuholen, dann ist es ein Nachteil."
Frage: "Er muss sich aber nicht umstellen, denn er kannte die alten Autos nicht."
Key: "Genau, er muss sich nicht anpassen und wird keine vorgefertigten Abläufe haben, wie er sich verhalten sollte."
Frage: "Welche Möglichkeiten siehst du für 2014?"
Key: "Auf jeden Fall, dass es sich da draußen um ein neues Rennen handeln wird. Die Hackordnung spielt sich ganz automatisch irgendwann ein, wenn man eine Zeitlang stabile Regeln hat. Das kommende Jahr gibt uns die Möglichkeit, aus diesem Muster auszubrechen. Es bietet sich also allen eine großartige Gelegenheit, einen Schritt nach vorne zu machen. Wir müssen uns ansehen, ob die Rennen dadurch viel durchgemischter werden - 2009 war das Starterfeld nach den großen Reglementänderungen unglaublich knapp beisammen. Das könnte der Fall sein, dass alles durchgemischt wird."
Frage: "Könnte es sein, dass sich die Zuverlässigkeitsprobleme negativ auf die kleinen Teams auswirken werden?"
Key: "Ja, die Zuverlässigkeit wird möglicherweise für alle ein Problem darstellen. Wir müssen uns mit völlig neuen Dingen auseinandersetzen. Die Möglichkeit besteht also - es ist bei ihnen weniger wahrscheinlich, dass sie es nicht hinkriegen als bei einem kleinen Team. Es gibt aber auch unterschiedliche Arbeitsweisen."
"Ich glaube, dass sich die Teams in Hinblick auf die Entwicklung für 2014 in unterschiedlichen Stadien befinden. Manche befassen sich schon lange damit, andere haben etwas später begonnen. Es ist also schwer zu sagen. Außerdem wissen wir nicht, wie die Performance der unterschiedlichen Motoren aussieht - was die pure Leistung, aber auch den Spritverbrauch angeht, die Strategie und all diese Dinge."
Angst vor dem Doppeldiffusor-Szenario
Frage: "Welche Bedrohungen gibt es für euch durch das neue Reglement?"
Key: "Ich würde sagen, dass das neue Triebwerk eine Bedrohung darstellt, weil wir nicht wissen, ob irgendwer eine sehr clevere Lösung gefunden hat, was die Kühlungstechnologie anbelangt. Die anderen Bedrohungen könnten sein, dass andere Teams, die eine andere Größe haben, das Aerodynamik-Reglement anders interpretiert haben."
"2009 war da ein sehr gutes Beispiel, und das sorgte schließlich dafür, dass das Team (Brawn mit dem Doppeldiffusor, Anm. d. Red.) die WM gewonnen hat. Wird es wieder so etwas Ähnliches geben? Ich vermute, dass wir ein paar sehr unterschiedliche Lösungen sehen werden."
"Was haben wir noch? Schwierig, denn ich bin eigentlich ein optimistischer Mensch. Ich denke nicht so viel über die Nachteile nach. Ich versuche, es zu vermeiden. Mir fallen keine weiteren Bedrohungen ein, die speziell uns betreffen, außer der Tatsache, dass kleinere Teams schlechter ausgestattet sind als größere."
Frage: "Die Motorenhomologation hängt in der Schwebe. Siehst du da irgendwelche Schwierigkeiten?"
Key: "Nein, aber natürlich ist das eine Debatte, die weitergeht. Wir werden die Sichtweise von Renault unterstützen. Man muss vorsichtig sein, wenn man Dinge so spät noch ändert. Wenn etwas wirklich getan werden muss, dann muss es genau kontrolliert werden."

