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Theissen: "Rückstand gegenüber Vorjahr in etwa halbiert"
Der BMW Motorsport Direktor im Interview über die erste Saison des BMW Teams, bereits erfolgte und noch geplante Verbesserungen auf dem Weg an die Spitze
(Motorsport-Total.com) - Das BMW Sauber F1 Team war der Aufsteiger der vergangenen Saison. Dem neuen Eigentümer BMW, der im Juni 2005 die Mehrheit am Sauber-Team übernommen hatte, war es gelungen, innerhalb einer Rekordzeit aus zwei Teams eine Einheit zu schmieden. Prompt verbesserte man sich vom achten auf den fünften Gesamtrang. BMW Motorsport Direktor Mario Theissen gegenüber dem 'emagazine' über die Hintergründe.

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Mario Theissen blickt der Zukunft optimistisch entgegen
Frage: "Gratulation zum fünften Rang in der Teamwertung. Hätten Sie Anfang Saison damit gerechnet?"
Mario Theissen: "Wir haben das natürlich gehofft. Unser Saisonziel war der sechste Platz. Doch im Saisonverlauf haben wir erkannt, dass noch mehr drin liegt. Mit diesem fünften Rang haben wir von allen Teams den größten Sprung nach vorne gemacht, worauf ich besonders stolz bin."#w1#
Frage: "Liegt das Geheimnis in den größeren Ressourcen?"
Theissen: "Tatsächlich fiel es dem vormaligen Team von Sauber Petronas schwer, mit seinen begrenzten Ressourcen das Entwicklungstempo der andern Teams mitzugehen."
"Mehr Mittel allein garantieren aber noch keinen Erfolg. Hinter unserem Steigerungslauf steckt ein ganzes Spektrum von Maßnahmen, die wir seit dem Sommer 2005 auf Kiel gelegt haben - vom Aufbau eines separaten Testteams bis hin zur Umstellung des Windkanals auf einen 24-Stunden-Betrieb mit drei Schichten."
Frage: "Haben Sie auch ein paar intelligente Köpfe an Bord geholt?"
Theissen: "Die meisten davon hatten wir schon. Der Mehrheitserwerb von Sauber war ja vor allem deshalb zustande gekommen, weil wir hier ein fähiges Team gesehen haben, das einfach nur zu klein war."
"Wir haben aber auch einige Schlüsselfiguren ins Team geholt: Auf der Technikseite sind dies insbesondere der Chef der Aerodynamikabteilung, William Toet, und der Chief Designer Jörg Zander, die beide jetzt unter Willy Rampf die Aerodynamik und das Fahrzeugdesign vorantreiben werden."
Frage: "Die gute Performance ist ein Indiz dafür, dass die Integration der beiden Firmen gut vorankommt. Kann man schon von einer einzigen Firma sprechen?"
Theissen: "Noch nicht ganz. Doch der gemeinsame Spirit ist schon weit gediehen. Wir haben in der Zwischensaison noch eine komplette Entwicklungsphase vor uns. Im nächsten Frühling sollten wir dann als vollintegriertes Team aufgestellt sein."
Frage: "Wie gut harmoniert die bayerische Mentalität mit der zürcherischen?"
Theissen: "Grundsätzlich gut, wobei es hier nicht so sehr auf die Nationalkulturen ankommt, sondern mehr auf die Firmenkulturen. Und hier kann ich sagen: Die sind kompatibel. Da haben wir In der Vergangenheit auch schon andere Situationen erlebt."
"Wenn die Kulturen jedoch zusammenpassen, dann gelingt es auch, aus zwei unabhängigen Einheiten eine gemeinsame zu schmieden. Das geht natürlich auch in so einem Fall nicht ganz schmerzfrei, denn dazu muss sich jeder Einzelne verändern."
Frage: "Im Moment klafft in Hinwil ein großes Bauloch. Wie viele Leute werden dereinst in der vergrößerten Fabrik arbeiten?"
Theissen: "Bis Ende 2007 werden es 430 Mitarbeiter sein, gegenüber den 275, die vor dem Einstieg von BMW bei Sauber hier arbeiteten. Wir liegen derzeit bei knapp 400, sind also schon sehr weit vorangekommen."
Frage: "Zusammen mit den 300 Mitarbeitern in München kommt man auf eine stattliche Zahl..."
Theissen: "Ja, doch in der Formel 1 bewegen wir uns damit nur im Mittelfeld. Es ist auch gar nicht unser Ziel, das Rossiter Formel-1-Team zu werden. Ich glaube, mit der Effizienz, die man bei Sauber stets vorgelebt hat, werden wir dennoch in der Lage sein, zu den großen Teams vorzustoßen."
Frage: "Wie groß ist derzeit der Abstand auf die Spitze?"
Theissen: "Das war in diesem Jahr unterschiedlich, je nach Strecke. In Monza beispielsweise fuhren wir bereits komplett auf Augenhöhe mit den Top Teams. Insgesamt wurde der Rückstand auf die Spitze gegenüber dem Vorjahr in etwa halbiert."
Frage: "Haben sie die richtigen Fahrer, um die verbleibende Lücke zu schließen?"
Theissen: "Davon bin ich überzeugt. Mit Nick Heidfeld als dem erfahrenen Mann im Team und den beiden Nachwuchsfahrern Robert Kubica und Sebastian Vettel haben wir für die Zukunft ein ganz starkes Trio."
Frage: "Mit dem Wechsel von Jacques Villeneuve zu Robert Kubica haben Sie sich nicht überall Sympathien geholt. Würden Sie wieder gleich handeln?"
Theissen: "Ja, ganz klar. Wie hatte doch schon Niki Lauda treffend formuliert: 'Der Teamchef ist nicht dazu da, den Friedensnobelpreis zu holen, sondern Rennen zu gewinnen.'"
Frage: "Seit seinem fulminanten Einstand wird Robert Kubica bereits als künftiger Champion gehandelt. Zu Recht?"
Theissen: "Ich halte nicht viel von voreiligen Prognosen. Die Anlagen dazu hat er auf jeden Fall. Ich stelle bei ihm eine außergewöhnliche Fokussierung auf seine Rolle als Rennfahrer fest. Und deswegen ist mir um ihn überhaupt nicht bange."
Frage: "Täuscht der Eindruck oder hat auch Nick Heidfeld mit dem jungen Polen im Nacken einen Zacken zugelegt?"
Theissen: "Mit Kubicas Einstieg ins Renncockpit ist durchs ganze Team ein Ruck gegangen, Nick Heidfeld eingeschlossen. Nick fuhr insbesondere in den letzten Grand Prix auf einem sehr hohen Niveau."
Frage: "Das klingt aber jetzt sehr harmonisch. Zeitweise gab es aber auch Momente von erbitterter Konkurrenz."
Theissen: "Absolut. Da herrscht nicht die pure Harmonie. Die Formel 1 ist ein knallharter Wettbewerb zwischen den elf besten Teams und den 22 besten Fahrern der Welt. Davon werden auch unsere beiden Fahrer nicht verschont. Diese Konkurrenz ist gesund, denn sie führt zu guten Leistungen."
Frage: "Kann es aber auch ein Übermaß an Rivalität geben?"
Theissen: "Ja, die kann es immer geben. Das ist dann Aufgabe des Teams, das zu kanalisieren. In dieser Saison haben wir die eine oder andere Situation erlebt, die wir künftig vermeiden wollen. Ich setze da auf den Lerneffekt (schmunzelt)."
Frage: "Wann wird man den ersten Sieg ihres Teams bejubeln können?"
Theissen: "In unserem Fahrplan ist das für 2008 vorgesehen."
Frage: "Eine Katastrophe, falls es schon früher passieren sollte?"
Theissen: "Ich glaube, wir würden es verkraften."

