Testfahrten als Überlebensversicherung
Testfahrten dienen in der Formel 1 nicht nur der Suche nach mehr Leistung, sondern auch der Sicherheit aller Beteiligter
(Motorsport-Total.com) - Wenn es um Sicherheit und Technik geht, wird in der Formel 1 nichts dem Zufall überlassen. Dazu steht für die Teams zu viel auf dem Spiel. Um beim Einsatz neuer Teile und Materialien auf der sicheren Seite zu sein und die Weiterentwicklung der Reifen voranzutreiben, wird das ganze Jahr über mit großem Aufwand getestet. Für eine bessere Performance und ein Plus an aktiver Sicherheit.

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Schon in den 80er Jahren war der Testaufwand in der Formel 1 von den Rennställen nur noch mit speziellen Testteams zu bewältigen. Dabei ging es nicht nur um die Technik, sondern zunehmend auch um die Sicherheit der Boliden.#w1#
Obwohl sich die Computertechnik inzwischen rasant weiterentwickelt hat und die Ingenieure mit Hilfe leistungsfähiger Simulationsprogramme komplette Autos im Windkanal testen können, wurde die Testarbeit auf der Rennstrecke dadurch nicht weniger. Im Gegenteil: Mit zwei der wichtigsten Faktoren für die Performance eines Rennautos tun sich nämlich selbst die leistungsfähigsten Computer immer noch schwer - mit den Reifen und dem Fahrer.
"Wenn das Handling des Autos nicht gut ist, kann der Fahrer das durch die Wahl einer anderen Linie kompensieren und kommt trotzdem noch auf eine schnelle Rundenzeit", erklärt Frank Dernie von WilliamsF1. "Der Computer weiß nicht, wie das geht."
Auch bei den Reifen kommen die Ingenieure mit Simulationsprogrammen allein nicht weiter. Dazu hängt die Performance der Gummis, die naturgemäß einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit in der Formel 1 leisten, von zu vielen Faktoren ab.
Im Windkanal kann man noch so viele Informationen über die Aerodynamik seines Autos sammeln - so lange man nicht exakt voraussagen kann, wie sich das alles auf die Reifen auswirkt, führen diese Erkenntnisse nicht zu den erhofften Ergebnissen. Kein Wunder, dass die meiste Testzeit für die Reifen verwendet wird.
Die Formel-1-Teams verfolgen mit den Tests, abgesehen von der Weiterentwicklung der Reifen, zwei Ziele: Zum einen werden die Performance und das Setup der Autos überprüft, zum anderen die Zuverlässigkeit. Die wird immer wichtiger, da in Zukunft nicht zuletzt aus Kostengründen vermutlich immer mehr Komponenten immer länger eingesetzt werden müssen. Dadurch sind Tests - für 2006 haben sich die Teams auf 36 Testtage verständigt - auch ein wesentlicher Sicherheitsfaktor.
Eine Schlüsselrolle im Testteam, das im Fall von WilliamsF1 rund 40 Leute umfasst, kommt dem Fahrer zu. Der Druck und die Anforderungen sind extrem hoch, junge Neueinsteiger deshalb oft überfordert. Die Spitzenteams sind schon vor Jahren dazu übergegangen, diesen Job an Piloten zu vergeben, die es von der Erfahrung und vom Speed her mit den Stammpiloten aufnehmen können. So hat Alexander Wurz, seit dieser Saison Testfahrer bei WilliamsF1, bereits 53 Grand-Prix-Einsätze hinter sich.
"Grundsätzlich will man bei Tests dasselbe erreichen wie im Rennen, nämlich möglichst schnell sein", sagt der Österreicher. Seine Eindrücke und Rückmeldungen sind für die Ingenieure der Schlüssel zur Verbesserung der Performance und der Sicherheit des Autos. Das geht nur bei vollem Einsatz.
Alexander Wurz: "Beim Testen bewegst du dich die ganze Zeit hundertprozentig am Limit. Da gibt es keine taktischen Spielchen. Jedes Mal, wenn du die Boxen verlässt, gibst du alles, um die schnellste Rundenzeit zu fahren."
Der Austausch von Erfahrungen und Daten zwischen dem Testteam, der Fabrik in Grove und dem Rennteam erfolgt bei WilliamsF1 auf dem kurzen Dienstweg. So ist Frank Dernie, wenn WilliamsF1 irgendwo auf der Welt testet, via Laptop und Standleitung in seinem Büro live über jede gefahrene Runde informiert.

