Strategiewechsel: Warum brach Bottas am Ende ein?

Statt drei nur zwei Stopps: Williams geht in Singapur ein kalkuliertes Risiko ein, das mit Felipe Massa aufgeht - Warum klappte es bei Valtteri Bottas nicht?

(Motorsport-Total.com) - Auch in diesem Jahr musste beim Nachtrennen in Singapur das Safety-Car auf die Strecke geschickt werden. Da es genau zu Rennhalbzeit passierte, hatte die Neutralisation und vor allem die Länge der Safety-Car-Phase Auswirkungen auf die Strategie. Williams setzte von Beginn an mit beiden Autos auf die gleiche Strategie mit zunächst drei geplanten Stopps. Felipe Massa fuhr zum ersten Mal in Runde zehn in die Boxengasse, Valtteri Bottas einen Umlauf später.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas

Bei Valtteri Bottas waren die Reifen etwas zu früh am Ende: Platz sechs war weg Zoom

Das gleiche Bild war später zu sehen: Massa absolvierte seinen zweiten Stopp in Runde 22, Bottas kam in Umlauf 23 herein. Es war eine klare Dreistopp-Strategie, doch in Runde 31 wurde das Safety-Car losgeschickt, das bis Runde 38 auf der Strecke blieb. Viele Teams, darunter auch Williams, stellten auf zwei Stopps um und wiesen die Fahrer an, bis zum Schluss durchzufahren. "Etwa drei Runden nach dem Neustart wurde mir gesagt, dass wir durchfahren. Ich dachte, es wäre ein Witz, denn es waren noch mehr als 20 Runden zu fahren", sagt Massa.

"Ich war mir nicht so sicher, ob die Reifen bis zum Ende halten würden. Ich habe meinen Fahrstil aber komplett verändert und konnte bis ins Ziel durchfahren. Das war für mich sehr positiv", sagt der Brasilianer nach Platz fünf zufrieden. Er stellte seinen Fahrstil um, um die Reifen über die restliche Distanz zu tragen. "Ich bin wie eine Großmutter gefahren. Man muss sehr sanft fahren. Ich habe die Pace und die Reifen sehr gut gemanagt. Dafür war mein Tempo auch sehr konkurrenzfähig."

Bottas hat auch Probleme mit der Lenkung

Williams-Teamkollege Bottas drehte hinter Massa seine Runden, aber bei ihm waren die Reifen kurz vor dem Ziel am Ende. Der Finne wurde chancenlos noch auf Platz elf zurückgereicht. Warum klappte bei Bottas die Strategie im Gegensatz zu Massa nicht? "Ich glaube, dass es trotzdem richtig war, es bis zum Ende zu versuchen. Ferrari hatte am Ende eine viel bessere Pace. Wir haben es versucht, aber es hat nicht ganz geklappt", sagt Bottas. "Natürlich habe ich auch Felipe die Gegner vom Hals gehalten. Ich bin selbstverständlich enttäuscht, dass ich keine Punkte geholt habe."

Valtteri Bottas

Valtteri Bottas sieht den Strategiewechsel nicht als grundsätzlich falsch an Zoom

"Die Abstimmung war nicht stark anders, aber ich konnte die Reifen auch nicht so behandeln, wie ich wollte, denn es gab ein Problem mit der Lenkung. Wir müssen noch untersuchen, ob es an der Servobox lag, denn ich habe kein Feedback vom Auto erhalten. Deshalb konnte ich nicht perfekt fahren. Das Problem begann hinter dem Safety-Car." Das Lenkrad blieb nach einer Kurve eingeschlagen und ging nicht von selbst in die geradeaus Position.

Das war ein Mitgrund, warum Bottas am Ende keinen Grip mehr übrig hatte. "Vor der Safety-Car-Phase war der Plan noch drei Stopps. Deshalb habe ich gepusht und nicht auf die Reifen aufgepasst", sagt er über den ursprünglichen Plan. Mit drei Stopps wollte Williams ein aggressives Tempo fahren. Nach der Safety-Car-Phase stand aber Reifenschonen auf dem Programm. "Am Ende habe ich alles versucht. Es ist schade, dass es eine oder zwei Runden zu viel waren."


Fotos: Williams, Großer Preis von Singapur, Sonntag


Vor allem in der letzten Runde fiel Bottas chancenlos zurück. "Der Toro Rosso war viel schneller. Dann musste ich mich gegen Force India verteidigen, die eine höhere Pace hatten. Wenn man sich verteidigt, nutzt man die Reifen in einigen Kurven mehr. Felipe konnte die Reifen in jeder Kurve schonen. Glücklicherweise war mein Topspeed gut, das hat beim Verteidigen geholfen." Als Elfter ging Bottas zum zweiten Mal in dieser Saison leer aus.

Schadensbegrenzung für Williams

Durch Massas fünften Rang verteidigte Williams den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM gegen Ferrari. Hätte sich Bottas bis ins Ziel auf seiner Position halten können, hätte der britische Rennstall das Optimum aus Singapur herausgeholt. "Dieses Rennen war eine Schadensbegrenzung für uns", betont Massa. "Die nächsten Strecken sollten unserem Auto besser liegen. Ich hoffe, wir können konkurrenzfähiger sein und mit Ferrari kämpfen. Wir arbeiten noch an den Upgrades für das Auto. Hoffentlich werden sie auch eine Hilfe sein." Mut zieht Massa auch aus den Verbesserungen seit dem schwachen Freitagstraining: "Das Team hat nach den Problemen am Freitag wie ein Topteam gearbeitet. Sie haben es sehr gut gemacht."

Felipe Massa

Felipe Massa sammelte zehn wichtige WM-Punkte für Williams Zoom

Auch Bottas sieht Williams weiter auf Kurs für Podestplätze: "Unsere Pace vom Qualifying gibt mir Zuversicht für die nächsten Rennen. Wir werden in Japan auch Updates haben. Wir werden sehen, wie sie funktionieren werden", so der Finne. Unter dem Strich sah man bei Williams nach Rennende zufriedene Gesichter. "Bis zu den letzten Kurven, sollten wir mit unserem Ergebnis zufrieden sein", sagt Performance-Ingenieur Rob Smedley. "Wir waren auf Kurs zur gleichen Punkteanzahl wie unser Gegner (Ferrari; Anm. d. Red.)."

"Bei der Strategie sind wir ein kalkuliertes Risiko eingegangen, das sich mit Felipe ausgezahlt hat, denn er ist vor Räikkönen geblieben, der das schnellere Auto hatte. Bei Valtteri ging es sich am Ende nicht aus, denn die Reifen waren hinüber. Das hat ihm den sechsten Platz gekostet", bedauert Smedley. Vor allem der Blick auf die Rennen in Suzuka, Sotschi und Austin ist bei Williams zuversichtlich. Dort zählt neben der Antriebsleistung auch ein gut ausbalanciertes Auto, während es in Singapur kaum schnelle Kurven gibt. "Es kommen jetzt Strecken, die unserem Auto passen. Wir haben den dritten Platz in der WM gefestigt. Das war unser Ziel für das Singapur-Wochenende", sagt Smedley zufrieden.