• 08.09.2006 16:21

  • von Inga Stracke

Stewart: "Die Sache wird nicht professionell gehandhabt"

Formel-1-Legende Jackie Stewart spricht über Michael Schumachers Entscheidung sowie über die Vor- und Nachteile der heutigen Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Jackie Stewart, dreifacher Formel-1-Weltmeister, hat seine eigene Karriere nach dem Tod seines Freundes François Cévert beendet. Nun versucht er im Interview mit 'F1Total.com', sich in die Lage von Michael Schumacher hineinzuversetzen, der seine eigene Entscheidung am Sonntag bekannt geben wird.

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart trat direkt nach seinem dritten und letzten Titel im Jahr 1973 ab

Frage: "Jackie, für Michael Schumacher ist es das Wochenende der Entscheidung. Ich bin sicher, du kannst nachvollziehen, wie er sich jetzt fühlt, nicht wahr?"
Jackie Stewart: "Ich denke, er bewahrt einen kühlen Kopf, denn die Entscheidung ist gefallen. Niemand kann eine Entscheidung dieser Dimension spontan treffen. Das Herz sollte nicht über den Verstand herrschen, sondern der Verstand über das Herz. Er muss entscheiden, was er mit seiner Zukunft machen will, ob er weiter Rennen fahren oder sich anderen Dingen zuwenden will."#w1#

Stewart kritisiert die Art und Weise der Bekanntgabe

"Ich glaube nicht, dass er sich in einer Zwickmühle befindet. Ich glaube aber, dass die mediale Komponente unterschätzt wurde. Das ist im Moment auf globaler Ebene das hervorstehende Thema im Sport. Ich denke, dass er es - wenn er auf das Podium kommt - in der Pressekonferenz oder wahrscheinlich nach dem Grand Prix in der Boxengasse bekannt geben wird. Das verrät mir zwei Dinge: Erstens wird die Sache nicht professionell gehandhabt, und zweitens bedeutet es wahrscheinlich, dass er weitermachen wird. Er ist sehr professionell, also müsste er das in einer großen Pressekonferenz oder in einem Medienzentrum bekannt geben. Die Frage, ob er sich zurückzieht oder nicht, sollte auf höchster Ebene diskutiert und nicht nur einem Grüppchen von Rennsportjournalisten gegenüber bekannt gegeben werden. Diese Geschichte geht über den Motorsport hinaus."

"Erstens wird die Sache nicht professionell gehandhabt, und zweitens bedeutet es wahrscheinlich, dass er weitermachen wird." Jackie Stewart

Frage: "Ist es schwer, vom Rennsport loszukommen?"
Stewart: "Überhaupt nicht! Ich habe es überhaupt nicht bereut. Ich bin eigentlich sehr glücklich. Ich habe mich zum richtigen Zeitpunkt zurückgezogen, aber ich bin immer noch mittendrin. Ich liebe den Sport immer noch, doch ich will nicht mehr fahren."

Frage: "Vermisst du das Fahren?"
Stewart: "Überhaupt nicht. Ich war immer mit dem zufrieden, was ich hatte."

Stewart sieht keine Krise in der Formel 1

Frage: "In der Formel 1 gibt es im Moment viele Regeländerungen. Was denkst du über den Sport, wie er sich im Moment darstellt?"
Stewart: "Die Formel 1 ist immer noch extrem stark. Ich denke nicht, dass sie jemals stärker war. Schau dir die großen Herstellerfirmen an: Mercedes-Benz, BMW, Renault, Toyota und Honda, Ferrari. Dann haben wir Michelin, Bridgestone und nicht zu vergessen die großen Sponsoren. Daran erkennt man den Wert, den die Formel 1 auf der gesamten Welt hat. Und die Zuschauerschar ist immer noch sehr groß."

"Die Formel 1 ist immer noch extrem stark." Jackie Stewart

Frage: "Siehst du dir die Rennen an?"
Stewart: "Die Überholvorgänge im vergangenen Rennen waren sehr spannend. Generell sollte wieder mehr überholt werden. Die Leistungsfähigkeit der Teams sollte sich auch angleichen, aber ich weiß nicht, wie man das erreichen könnte. Um dafür die richtigen Regeln zu finden, mangelt es an technischer Expertise."