• 23.11.2018 19:27

  • von Dominik Sharaf, Co-Autor: Oleg Karpow

Sergei Sirotkin: Was steckt wirklich hinter seinem Formel-1-Aus?

Zog sich sein Geldgeber SMP wegen Williams' Talfahrt zurück, wie der Russe selbst behauptet? Oder wurden Sirotkin vielmehr sportliche Leistungen zum Verhängnis?

(Motorsport-Total.com) - Dass Sergei Sirotkin für die Formel-1-Saison 2019 aus seinem Cockpit geschmissen wird und für Rückkehrer Robert Kubica Platz machen muss, ist seit Donnerstag amtlich. Wieso die Rochade stattfindet, ist hingegen nicht abschließend geklärt. Der Russe behauptet, dass sein Geldgeber - die Moskauer SMP-Bank - keine Lust mehr gehabt hätte, den kriselnden Rennstall zu unterstützten.

Titel-Bild zur News: Sergei Sirotkin

Sirotkin könnte sich 2019 mitd der Rolle als Williams-Tester anfreunden (müssen) Zoom

"So überraschend kam es nicht", meint Sirotkin, der von der Kubica-Bekanntgabe am Mittwochabend erfuhr - von Technikchef Paddy Lowe. Teamchefin Claire Williams suchte erst kurz vor der Verkündung am Donnerstagmorgen das Gespräch. Sirotkin ahnte zu diesem Zeitpunkt längst, was ihm blüht: "Wir hatten in der vergangenen Woche analysiert, wie sich die Dinge entwickeln. Es war danach ziemlich klar, dass sie nicht mehr mitmachen wollen." Gemeint ist sein Förderer SMP.

Nach Informationen von 'Motorsport-Total.com' pumpte die Bank des Oligarchen Boris Rotenberg bisher zwischen 12 und 15 Millionen US-Dollar pro Jahr in Sirotkins Formel-1-Karriere. "Lassen Sie es mich so ausdrücken: Unter dem Strich hat es sich nicht gerechnet", sagt er diplomatisch. Im Klartext: Zu viel Geld für ein Team, das sich als "modernes Minardi" verspotten lassen muss.

Klingt plausibel, aber es gibt Zweifel an Sirotkins Version. Wie im Paddock zu hören ist, verlangte Williams von Sirotkins Wettbewerbern Esteban Gutierrez und Artjom Markelow 20 Millionen US-Dollar. Zumindest der Mexikaner, der mit Mobilfunk-Milliardär Carlos Slim im Bunde ist, hätte das Geld wohl aufbringen können. Den Zuschlag erhielt aber Kubica - obwohl er höchstens zehn Millionen Euro an Sponsorengeldern (von einem polnischen Mineralöl-Unternehmen) in petto hat.

War Geld also nicht der Grund, sondern sportliche Leistungen? Sirotkin, der im Qualifying-Duell mit Lance Stroll 11:9 führt, winkt ab: "Wie ich mich unter solchen Bedingungen geschlagen habe - damit kann ich zufrieden sein", spielt er auf die Williams-Krise an, zeigt sich allerdings auch selbstkritisch. "Wie immer im Leben hätte ich in einigen Punkte noch mehr leisten können. Ich habe das Gefühl, dass ich in der Formel 1 nicht alles geschafft habe, was ich hätte schaffe können."


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Schließlich heißt es hinter vorgehaltener Hand auch, dass in Sirotkins aktuellem Vertrag eine Klausel für eine automatische Verlängerung um ein Jahr enthalten wäre, die aktiviert worden wäre, wenn er zum Singapur-Grand-Prix mindestens gleich viele WM-Punkte wie Stroll auf dem Konto gehabt hätte. Tatsächlich stand es Mitte September aber - wie jetzt auch - 1:6 im teaminternen Zweikampf.

Dass Sirotkin im Freitagstraining in Abu Dhabi abgeschlagen 20. und Letzter war - mit 3,699 Sekunden Rückstand auf die Spitze und 0,889 Sekunden auf Stroll als 19. -, lässt sich wohl mit Frustration erklären. Er sei "sehr, sehr traurig", meint er, streitet aber ab, dass sein erzwungener Formel-1-Abschied sich auf seine Leistung ausgewirkt hätte: "Daran habe ich überhaupt nicht gedacht."

Dass er Williams 2019 als Testfahrer unterstützt, scheint eine Option zu sein - zumal die Teamleitung über eine Messlatte für Neuling George Russell und den leistungstechnisch mit Fragezeichen versehenen Kubica wohl glücklich wäre. "Darüber habe ich nie nachgedacht", kommentiert Sirotkin, "aber wenn es die Möglichkeit und Hoffnung für die Zukunft gäbe, dann würde ich es mir sicher überlegen.

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