• 03.10.2012 17:56

Renault stellt sich der Herausforderung Suzuka

Die abwechslungsreiche und schnelle Strecke in Suzuka stellt nicht nur die Fahrer, sondern auch Motorenlieferant Renault vor besondere Herausforderungen

(Motorsport-Total.com) - Nach einem spektakulären Grand Prix von Singapur verharrt der Formel-1-Zirkus für ein weiteres Saisonhighlight in Asien: den Großen Preis von Japan. Das Rennen auf der bei den Fahrern besonders populären Strecke von Suzuka findet am kommenden Wochenende nur sieben Tage vor dem südkoreanischen Formel-1-Lauf statt, dem zweiten Doppelschlag seit der Sommerpause. Nicht nur die Piloten freuen sich auf die besondere Herausforderung, die der fahrerisch höchst anspruchsvolle und unweit von Nagoya gelegene Suzuka International Racing Course an sie stellt.

Titel-Bild zur News: Vitantonio Liuzzi

Suzuka stellt auch an die Motoren hohe Anforderungen Zoom

Auch aus Sicht der Motoreningenieure von Renault hat der 5,807 Kilometer lange Kurs - dessen Layout eine Acht unterliegt - mit Hochgeschwindigkeitspassagen, langgezogenen Kurven, Spitzkehren und den schnellen Richtungswechseln in den sogenannten "Esses" einiges zu bieten. Die Formel 1-Strecken in Spa-Francorchamps und Monza warten zwar pro Runde mit einem höheren Vollgasanteil auf, dennoch hält auch Suzuka besonders große Anforderungen an die Grand-Prix-Achtzylinder bereit.

"Ganz gleich, ob es um das Chassis oder die Motoren geht - Suzuka fordert den Formel-1-Ingenieuren alles ab", sagt Remi Taffin, Einsatzleiter von Renault. "In puncto Topleistung stellt dieser Kurs keine höheren Ansprüche als zum Beispiel Kanada oder Valencia, doch die Vielfalt an unterschiedlichen Kurven verlangt eine gehörige Portion Vorbereitung." Auch in Suzuka kommt es auf eine möglichst hohe Maximalleistung des Renault-RS27-V8 an. Die Motoren arbeiten über lange Passagen mit voll geöffneten Drosselklappen und nahe am Drehzahlbegrenzer, der bei 18.000 Touren einsetzt. Dies gilt zum Beispiel für die imposante 130R-Linkskurve.

Schnell Richtungswechsel belasten den Motor

Das Profil der schnellen S-Kurven, die eine jede Suzuka-Runde eröffnen, erinnert direkt an den Maggotts- und Becketts-Komplex von Silverstone. Auch hier gehen die einzelnen Biegungen mit unterschiedlich geneigter Fahrbahn direkt ineinander über und bringen rasante Richtungswechsel bei sehr hoher Geschwindigkeit mit sich. "In der ersten Rundenhälfte - also von der ersten Kurve bis zur sogenannten Löffel-Kurve - gehen die Biegungen sehr schnell ineinander über. Hier steht ein ebenso sensibles wie sanftes Ansprechverhalten unserer Achtzylinder im Vordergrund", erklärt Taffin.

So lenken die Fahrer mit gut 245 km/h in Kurve 3 ein, den Beginn der "Esses", und nehmen dieses Tempo für die folgenden gut 15 Sekunden im vierten oder fünften Gang bis zum Ende dieser Passage mit. Dies ist speziell für die beweglichen Motorenteile und die Schmierung der V8-Triebwerke ein zu beachtender Faktor, denn die hohen Fliehkräfte können sowohl den Kraftstoff als auch das Öl in ihren jeweiligen Behältnissen von den Ansaugtrichtern der Pumpen fernhalten - was Motoraussetzer oder im schlimmsten Fall auch Schäden verursacht.

Auch wenn die Fahrer vor allem von den schnellen Suzuka-Kurven schwärmen: Aus Sicht der Motoreningenieure kommt auch den langsamen Streckenabschnitten eine große Bedeutung zu. In Kurve 11, der Spitzkehre, sinkt das Tempo zum Beispiel auf bis zu 65 km/h. Hier ist es besonders wichtig, dass für das Herausbeschleunigen ein möglichst großes, gut dosierbares Drehmoment zur Verfügung steht. Um dies zu gewährleisten, optimieren die Spezialisten von Renault etwa den Einspritz-Zeitpunkt und die Einspritzmenge in den einzelnen Zylindern. Auf diese Weise verbessern sie das Ansprechverhalten des Motors, was speziell bei geringen Gripverhältnissen oder auch im Regen von großer Bedeutung ist.

Wind und Wetter spielen eine Rolle

Apropos Wetter: Wechselhafte Bedingungen zählen gerade im Herbst zu den Charakteristika von Suzuka. Dies gilt auch für den Wind, der in dieser Jahreszeit gerne als Taifun über den Fernen Osten zieht und seine Richtung mitunter schnell ändert. Das kann unmittelbare Folgen für die Getriebeübersetzung mit sich bringen: Rückenwind erhöht die Höchstgeschwindigkeit und damit die Dauer, in der die Motoren in den schnellen Passagen an den Drehzahlbegrenzer stoßen.

Bläst der Wind von vorn, kommen die Monoposti eventuell erst gar nicht in diesen Geschwindigkeitsbereich - und der betroffene Fahrer wird am Ende langer Vollgaspassagen zur willkommenen Beute für ihm nachfolgende Kontrahenten. Ändert sich die vorherrschende Windrichtung zwischen Qualifying und Rennen, wenn an der aerodynamischen Grundeinstellung der Boliden nichts mehr geändert werden darf, kommt der Abstimmung der Fahrzeuge eine nochmals schwierigere Bedeutung zu.

Auch die Höhenunterschiede pro Runde wirken sich in Suzuka auf die Getriebeübersetzung aus, denn die Beschleunigung auf einem Bergaufstück unterscheidet sich deutlich von jener in einer Passage mit Gefälle. Die Anpassung an diesen Effekt reicht bis hin zu einem individuellen Timing für die optische Schaltempfehlung, damit der Fahrer stets den optimalen Zeitpunkt für den Gangwechsel trifft.

"Der Grand-Prix-Kurs von Suzuka hält praktisch jeden Typ Kurve bereit", schwärmt Lotus-Pilot Kimi Räikkönen. "Hier eine perfekte Runde zusammenzubekommen, ist besonders schwierig, denn du musst jede einzelne Passage optimal erwischen und immer genau das Limit treffen. Ein stabiles Fahrverhalten und ein Motor, der sensibel anspricht, sind für uns wichtige Hilfestellungen - sie erlauben es uns Fahrern, die volle Konzentration auf die Wahl der richtigen Linie zu richten."

"Im Rennen kommt es zudem darauf an, jede sich bietende Gelegenheit zum Überholen nutzen zu können. Und davon gibt es in Suzuka einige", weiß der Finne. "Deswegen freue ich mich auch in jeder Saison aufs Neue auf den Großen Preis von Japan. 2005 habe ich auf dieser Strecke einen meiner besten Formel-1-Siege überhaupt errungen."