• 20.09.2012 21:16

Renault: Nur der dauernde Dialog führt zum Erfolg

David Mart, bei Renault als Motorentechniker für das Partnerteam Red Bull zuständig, erklärt die technischen Abläufe im Verlauf eines Rennwochenendes

(Motorsport-Total.com) - An diesem Wochenende gastiert die Formel 1 in Singapur. Das 14. Rennen der Saison findet auf dem Marina Bay Street Circuit statt - einem spektakulären Stadtkurs, der ganz besondere Herausforderungen bereit hält. Denn der Grand Prix von Singapur wird bei Nacht ausgetragen. Darüber hinaus wartet der Kurs durch die Häuserschluchten der Metropole mit zahlreichen Besonderheiten auf. Die Mehrzahl der insgesamt 23 Kurven durchfahren die Piloten mit relativ niedrigen Geschwindigkeiten.

Titel-Bild zur News: Renault-RS27-V8-Motor

Der Renault RS27 treibt unter anderem die Boliden von Red Bull an

Daher ist in Singapur ein eher neutrales Setup gefordert, damit die Fahrer das Maximum aus ihren Boliden herausholen können. Die Abstimmung des Fahrzeugs gestaltet sich dabei als ein komplexes Puzzle: Nur wenn jedes Teammitglied in seinem jeweiligen Bereich das Optimum erreicht, verfügt der Pilot am Ende exakt über jenes Setup, das er für eine schnelle Rundenzeit benötigt. Dabei kommt den Motoreningenieuren eine besonders bedeutende Rolle zu, wie der für Red Bull zuständige Renault-Motorentechniker David Mart erklärt.

"Die Informationen, die wir in Viry generieren, fassen wir wie vor jedem Grand Prix in einem kurzen Report zusammen, der auch die entsprechenden Abläufe an der Rennstrecke skizziert", so Mart. "Eine Woche vor dem Rennen schicken wir diesen Bericht an unsere Partnerteams. Natürlich beziehen wir dabei auch Informationen und Daten mit ein, die wir im Rahmen des letztjährigen Grand Prix auf dem entsprechenden Kurs generiert haben - aber eben auch Rückschlüsse aus den bisherigen Rennen in dieser Saison. Somit können wir zum Beispiel den Benzinverbrauch und die spezifische Motorcharakteristik für die jeweilige Strecke vorausberechnen."

"Eine wichtige Rolle spielt zudem die Motortemperatur", so Mart weiter. "Anhand unserer Daten ziehen wir Rückschlüsse auf den Kühlluftbedarf des jeweiligen Fahrzeugs. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um sowohl den RS27-Motor als auch das Getriebe mit der nötigen Frischluft zu versorgen. Die Daten ermöglichen uns darüber hinaus, bereits im Vorfeld die passende Getriebeabstimmung zu berechnen. Die Abstimmungen testen wir dann zum ersten Mal im Rahmen der Freien Trainings auf der Strecke."

Im Anschluss werden die auf dem Kurs gesammelten Daten während des gesamten Rennwochenendes in zahlreichen Briefings und Meetings innerhalb der Teams besprochen und analysiert. So können die Ingenieure auf neue Gegebenheiten reagieren und wenn nötig Veränderungen vornehmen. "An diesen Briefings nehmen alle Teammitglieder teil, die in die Abstimmung des Fahrzeugs involviert sind - angefangen beim Fahrer über dessen persönlichen Fahrzeugingenieur bis hin zu den Motoreningenieuren von Renault. Jeder lässt seine Erkenntnisse einfließen. Auf dieser Basis legen die Techniker die Aerodynamik, das Motoren-Mapping, die Getriebeabstimmung sowie den Einsatz von KERS fest. Dabei entscheiden wir gemeinsam, ob beispielsweise die aktuell verwendeten Kühlluftöffnungen an der Karosserie ausreichen oder ob wir noch Veränderungen vornehmen müssen", so Mart.

Da Testfahrten während der Saison nicht mehr erlaubt sind, kommt den Computer-Simulationen eine enorme Bedeutung zu. Das Resultat: Wenn die Teams an die Strecke kommen, haben sie im Hinblick auf das jeweils passende Setup bereits eine recht genaue Vorstellung. Die Vorhersagen sind mittlerweile so genau, dass im Laufe eines Grand-Prix-Wochenendes nur marginale Veränderungen vorgenommen werden müssen. "Die Realität weicht nur höchst selten von den in der Simulation erzielten Erkenntnissen ab. Im Grunde geht es an der Strecke lediglich noch um Feintuning", erläutert Mart. Daher ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Motoren- und den Fahrwerksingenieuren an einem Rennwochenende von essenzieller Bedeutung. Es ist eine perfekte Symbiose, in der jeder seinen Teil zum bestmöglichen Ergebnis beiträgt. "Darin liegt der Schlüssel für ein erfolgreiches Rennwochenende", betont der Motorentechniker von Renault.

"In einigen Bereichen überschneidet sich die Arbeit der Motoren- und der Fahrwerksingenieure", hält Mart fest und präzisiert: "Beispielsweise ist das Feedback des Fahrers für alle Beteiligten sehr wichtig, denn er spürt, wie sich die Veränderungen an Motor und Chassis auf der Strecke auswirken. Auf Motorenseite versuchen wir vor allem, das Ansprechverhalten des Motors auf Gaspedalbefehle exakt so anzupassen, dass der Pilot über maximale Power und bestmögliche Traktion verfügt."

"Im Umkehrschluss reagieren wir als Motoreningenieure natürlich auch auf Änderungen der Fahrwerksabstimmung. Daher müssen wir ständig über sämtliche vorgenommenen Veränderungen im Bilde sein. Denn davon hängt ab, wie wir die Power des Motors auf die Straße bringen. Eine andere Aero-Abstimmung bringt zwangsweise Modifikationen am Getriebe mit sich. Weniger Abtrieb erfordert zum Beispiel eine veränderte Übersetzung. Dabei müssen wir in Betracht ziehen, welche Drehzahl der Motor am Ende einer Geraden erreicht und wie er sich mit der neuen Getriebeübersetzung beim Herausbeschleunigen aus Kurven verhält."

"Daraus wiederum könnte sich die Notwendigkeit ergeben, die Gaspedalkennlinie anzupassen. Nur so können wir sicherstellen, dass die Veränderungen an Fahrwerk und Aerodynamik im Zusammenspiel mit der passenden Motorcharakteristik zu einem optimalen Ergebnis führen. Die Abstimmung von Triebwerk und Auto ist ein interaktiver Prozess: Nur wenn alle Räder innerhalb des Teams perfekt ineinander greifen, kann der Fahrer dies auf der Strecke in eine sehr gute Rundenzeit umsetzen", weiß Mart.

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