• 23.11.2006 18:18

  • von Marco Helgert

Renault muss alles und jeden beachten

Renaults Spitzeningenieure lassen ihre Gedanken schweifen und versuchen bereits jetzt, mögliche Entwicklungen für 2007 vorherzusehen

(Motorsport-Total.com) - Jede Formel-1-Saison erhält einen Teil der Würze auch durch die Verschiebungen hinter den Kulissen: Fahrer wechseln, scheiden aus, kommen neu hinzu, aber auch die Technikabteilungen der Teams unterliegt ständigen Veränderungen. Besonders hochkarätige Ab- und Zugänge werden heiß diskutiert, doch oftmals wechseln der Öffentlichkeit wenig bekannte Leute die Seiten, was einem Team mittel- und langfristig durchaus auch schaden kann.

Titel-Bild zur News: Bob Bell

Bob Bell, Renaults Technischer Direktor, beobachtet die Konkurrenz aufmerksam

Nur weil Renault zwei Jahre lang beide WM-Titel in der Formel 1 einfuhr, blieben nicht auf einmal alle Mitarbeiter. "Wir haben in diesem Jahr Leute verloren, sogar viele sehr gute Leute", erklärte der Technische Direktor Bob Bell gegenüber 'autosport.com'. Dabei spiele das Geld bei den Abwanderungen nicht immer eine Rolle. "Es ist interessant, dass in den meisten Fällen im vergangenen Jahr das Scheckbuch gar keine so große Rolle spielte."#w1#

Abgänge müssen verkraftet werden

Vielmehr sei der Wunsch nach persönlicher Entfaltung die häufigste Triebfeder. "Wir haben viele Leute, die den nächsten Schritt machen wollen", fuhr Bell fort. "Aber bis die Leute ganz oben nicht aufhören oder andere Wege gehen, ist kein Platz frei. Oft sind Leute gegangen, um eine Position anzunehmen, die wir nicht bieten konnten."

Wichtig sei, dass man Abgänge verkraften kann, denn das Verhindern gelinge nicht. "Wir versuchen eine Philosophie aufzubauen, in der die Organisation gestärkt wird", fuhr er fort. "McLaren hat sich, was den Bau des Autos betrifft, um Adrian (Newey; Anm. d. Red.) herum gruppiert. Das ist nur natürlich, aber nach seinem Abgang haben sie nicht Gleiches mit Gleichem ersetzt und einen neuen Adrian gesucht."

"Ich verstehe ihre aktuelle Struktur nicht, ich kenne sie ja nicht einmal", erklärte er weiter. "Ich denke, sie sind von einem Extrem in das andere gefallen, und ich denke nicht, dass das so furchtbar gut funktioniert. Wir sind da irgendwo in der Mitte und sind wohl weniger anfällig für Abgänge von Einzelpersonen."

Überraschungen sind immer möglich

Doch McLaren ist nicht das einzige Team, das für Renault bezüglich der Veränderungen Fragen aufwirft. Die Neugruppierung bei Ferrari wird ebenfalls aufmerksam beobachtet. "So wie ich das verstehe, gibt es dort seltsame Umstellungen, es wird alles wieder etwas italienisch", so Renaults Chefingenieur Pat Symonds.

Große Umwälzungen erwartet man für 2007 aber noch nicht. "Sie haben die Saison sehr, sehr stark beendet", warf Motorenchef Rob White ein. "Wenn sie die Saison mit einem ebenso guten Auto beginnen, dann werden wir sehen, wie die Organisation zusammenhalten wird. Wenn das Auto nicht so gut ist und man aufholen muss, während man noch am Funktionieren der Organisation arbeitet, dann wird eine Vorhersage schwierig."

Letztlich ließe sich Ende 2006 nicht sagen, was 2007 passieren wird. "Es kann immer Überraschungen geben", so Symonds. "Es gibt die Top-Liga - Ferrari, McLaren und wir -, aber jeder von uns kann etwas abfallen, wie McLaren in diesem Jahr. Und es kann unerwartete Aufstiege geben. Wer weiß schon, wie stark Honda im nächsten Jahr sein wird."