• 22.05.2013 15:21

Renault: Monaco erfordert intensivste Vorbereitung

Warum keine Strecke aus Motorensicht so viele Vorbereitungen erfordert wie Monaco und wieso die Unebenheiten die Zuverlässigkeit gefährden

(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Monaco zählt traditionell zu den Highlights der Formel-1-Saison. Das Rennen im Leitplanken-Kanal des mondänen Fürstentums an der Cote d'Azur verspricht reichlich Action. In den vergangenen drei Jahren dominierte der Renault RS27-V8 das Geschehen zwischen den berühmten Kurvenpassagen "Sainte Devote", "Mirabeau" und "Rascasse".

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Kann Red-Bull-Renault die Siegesserie in Monaco weiter ausbauen? Zoom

2010 trug sich Red Bull-Pilot Mark Webber in die Siegerliste ein, 2011 gewann sein Teamkollege Sebastian Vettel das prestigeträchtige Rennen, und in der vergangenen Saison erhielt erneut Webber den begehrten Pokal aus den Händen von Fürst Albert.

Monaco gilt zwar aufgrund der fehlenden Geraden nicht als Motorenstrecke, doch überraschenderweise verlangt das Stadtrennen den Motoreningenieuren intensivere Vorbereitungen ab als alle anderen Rennen des Jahres. "Der Kurs von Monaco stellt höchste Ansprüche an die richtige Abstimmung von Motor und Motormanagement", erklärt Renault-Einsatzleiter Remi Taffin. "Bei keinem anderen Grand Prix verwenden die Ingenieure von Renault so viel Zeit für die Vorbereitung auf diese ganz spezielle Strecke."

Überhitzungsgefahr akut

Das Setup in Monaco wird geprägt durch maximalen Abtrieb und eine gute Balance, damit die Piloten Vertrauen in ihre Boliden finden. Die Durchschnitts-Geschwindigkeit, die im Leitplanken-Kanal erreicht werden, ist mit rund 160 km/h die niedrigste der gesamten Grand Prix-Saison. Auch die Top-Speeds bleiben mit bis zu 280 km/h, die die Formel 1-Boliden am Ausgang des Tunnels erreichen, weit hinter sonst üblichen Werten zurück. In Spanien pfeilten die Teilnehmer dank flachgestellter Flügel mit bis zu 315 km/h auf das Ende der Start-Ziel-Geraden zu.

"Lediglich 35 Prozent pro Runde stehen die Fahrer in Monaco voll auf dem Gas." Remi Taffin

"Lediglich 35 Prozent pro Runde stehen die Fahrer in Monaco voll auf dem Gas - auf anderen permanenten Rennstrecken schnellt dieser Wert gut und gerne auf 70 Prozent hoch", erklärt Taffin. "Unser Fokus liegt daher auf optimaler Fahrbarkeit bei niedrigen Drehzahlen. Gleichzeitig müssen wir die Getriebeabstimmung jedoch so anpassen, dass die Fahrer zwischen den einzelnen Kurven effizient beschleunigen können."

Auch die Kühlung steht in Monaco im Fokus, denn die niedrige Geschwindigkeit sorgt für weniger Fahrtwind. "Aufgrund der zahlreichen langsamen und mittelschnellen Kurven auf dem Circuit de Monaco wird der Motor nur mit wenig Kühlluft versorgt und kann eigentlich nie wirklich 'verschnaufen'", bestätigt der Franzose. "Das erhöht die Gefahr einer Überhitzung."

Dadurch stellt sich den Motorentechnikern eine große Herausforderung: "Um ein thermisches Problem des Motors zu verhindern, können wir nicht einfach zusätzliche Kühlluft-Öffnungen oder Lüftungsschlitze in die Karosserie schneiden. Zumal selbst die langsamen Kurven maximalen Anpressdruck erfordern."

Durch Bodenwellen rasch im Drehzahl-Begrenzer

Doch damit nicht genug: Eine weitere Besonderheit, die die Ingenierue berücksichtigen müssen, sind die zahlreichen Fahrbahn-Unebenheiten auf dem Straßenkurs von Monaco. Gullydeckel, lackierte Flächen und mehrere große Bodenwellen sorgen dafür, dass die Motoren weitaus öfter in den Drehzahlbegrenzer laufen als auf permanenten Rennstrecken. Entsprechend bemüht sind die Fahrer, den übelsten Unebenheiten aus dem Weg zu gehen.

"Besonders markant für dieses Vorhaben ist der weite Schlenker, mit dem die Fahrer zwischen Casino und der 'Mirabeau'-Rechtskurve von der Ideallinie abweichen", gibt Taffin ein klassisches Beispiel. "In dieser Passage entscheiden sie sich also eher für die 'logischere' Linie. Denn würden sie einfach über die Bodenwelle fahren, wäre der Kraftschluss zwischen Reifen und Fahrbahn kurz unterbrochen."

Im schlimmsten Fall drohen Motorschäden

Genau dieses Springen über die Bodenwellen wirkt sich auch auf die Motoren aus, wie Taffin verrät. Sie schnellen "im Verlauf einer Runde immer wieder für einen kurzen Moment in den Drehzahlbegrenzer. Über die gesamte Renndistanz kann dies im schlimmsten Fall zu einem Motorschaden führen. Über den ganzen Kurs verteilt gibt es mehrere solche Fahrbahn-Unebenheiten. Allerdings können die Piloten nicht um alle Bodenwellen Slalom fahren. Daher passen wir die Schaltpunktanzeige im Cockpit entsprechend an und ermutigen die Fahrer dazu, früher hochzuschalten."

"Die Piloten können nicht um alle Bodenwellen Slalom fahren." Remi Taffin

Die Motorabstimmung erfolgt bei Renault von Team zu Team individuell. "Im Idealfall funktioniert unser RS27-V8 so gut, dass der Pilot keine Änderungswünsche äußert, weil er vollstes Vertrauen in das Triebwerk und die Motor-Mappings hat", sagt der Renault-Einsatzleiter. "Kurz gesagt: Wenn dir das gelingt, dann weißt du, dass du deinen Job perfekt erledigt hast."