• 08.05.2009 21:29

  • von Marco Helgert

Reglement-Wirren schlagen hohe Wellen

Zu schnell, zu große Unterschiede, zu viel Konfrontation, zu wenig Konsens - die Zweiklassengesellschaft der Formel 1 stößt auf breite Ablehnung

(Motorsport-Total.com) - Die Verwunderung und das Erstaunen über das, was bei der letzten Sitzung des FIA-Weltrates passierte, stehen vielen Formel-1-Machern in den Rennställen noch in die Gesichter geschrieben. Die FIA ließ über das Reglement für 2010 abstimmen und sorgte dabei für mehr als nur ein wenig Unruhe. Im Grunde könnte das Feld für das nächste Jahr geteilt werden: Teams mit einem 45-Millionen-Euro-Budget und technischen Freiheiten und Teams mit mehr Geld, aber weniger Freiheiten.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds (Chefingenieur), Patrick Head (Teammitbesitzer), Ross Brawn (Teamchef), Aldo Costa

Die Freude über den FIA-Regelvorstoß hielt sich in Grenzen

"Es ist keine angenehme Position, wenn Regeln geändert werden können, ohne dass es eine Anhörung gibt oder sie durch die Technische Arbeitsgruppe gehen", so Williams-Teilhaber Patrick Head, dem es ohnehin zu viele Änderungen in der Formel 1 gibt, "die durch Konfrontation statt durch Konsultation entstehen".#w1#

Dabei sei das nicht notwendig, denn auch die Teams wollen Geld sparen. "Es ist nicht so, als ob die unbedingt Geld ausgeben wollen", fuhr er fort. "Sie wollen weniger Geld ausgeben, der Trend geht ganz klar zu einer weniger kostenintensiven Formel 1. Ich glaube aber, dass es niemanden gibt, der eine zweigeteilte Meisterschaft als eine gute Idee ansieht."

Nein zur Zweiklassen-Formel-1

"Die haben ohnehin in keiner Serie funktioniert", warf Renaults Leitender Chefingenieur Pat Symonds ein, "weder bei den Touren- noch bei den Sportwagen. Dort wird versucht, Diesel- und Benzin-Motoren zu vereinen. Auch in der Formel 1 versuchte man es mit Turbos und Saugern - es hat einfach nicht funktioniert."

Pat Symonds (Chefingenieur)

Pat Symonds macht sich Gedanken, wie man den Prozess bremsen kann Zoom

Dabei unterstrich auch Symonds einen gemeinsamen Teamwillen, Kosten zu sparen. "Es gibt unterschiedliche Meinungen bezüglich des Zeit- und Kostenplans", fügte er an. "Wichtig ist besonders der Zeitfaktor, denn es ist wichtig, dass wir in eine günstigere Formel 1 hineingleiten. Es ist schwierig, mit großen Organisationen die Position zu verändern, wenn es schnell gehen muss. Aber mit ein paar Jahren können wir das schaffen."

Auch Ross Brawn ist kein Freund einer zweigeteilten Formel 1. "Das würde die Öffentlichkeit verwirren", erklärte er. "Tatsache ist doch, dass Stabilität der günstigste Weg vorwärts ist, denn dann kann man planen und sich selbst organisieren." Doch die Formel 1 habe sich auf das Kleinklein konzentriert und konzentrieren müssen. "Die Regeln wurden immer starrer, man konnte sich nicht auf grundlegende Konzepte verlagern."

So wurden im engen Regelrahmen Feinheiten für Teile entwickelt, die für viel Geld nur einen kleinen Zeitgewinn versprachen. "Es sollte schon Beschränkungen geben", so Brawn weiter, "entweder eine Beschränkung der Freiheit, was man tun darf, oder eine bei den Kosten. Wenn man Geld sparen kann, indem man nicht mehr ausgeben darf, dann stellt das für mich eine aufregendere Formel 1 dar."

Punkte der Einigkeit

"Wir möchten keine Schwierigkeiten in der Formel 1, wir möchten mit der FIA arbeiten, auch mit allen anderen Teams, und eine Lösung finden." Ross Brawn

"Wir wollen als Team eine gemeinsame Lösung mit den anderen Teams finden", fuhr er fort. "Wir möchten keine Schwierigkeiten in der Formel 1, wir möchten mit der FIA arbeiten, auch mit allen anderen Teams, und eine Lösung finden. Aber wir gehen mit der Formel 1 den Weg, als ob wir Schweizer Uhrmacher wären. Ich glaube nicht, dass die Formel 1 so sein sollte."

Insgesamt gibt es einen Konsens unter den Teams, der jedoch noch nicht umfassend formuliert ist, doch mit einigen Teilen der neuen Regeln kann man durchaus leben. "Einige Dinge kennen wir ja", so Symonds. "Die Rennen sind weiter 305 Kilometer lang und während der Rennen dürfen wir nicht mehr auftanken. Nur in der Garage dürfen wir noch tanken, es ist also nicht wie früher, als wir in der Startaufstellung aufgetankt haben."

Nur über diese Punkte herrschte auch kaum Uneinigkeit. "Das hat auch die FOTA so unterstützt - schon im Dezember", machte Head klar. Insgesamt sei aber auch das Regelwerk für die Teams innerhalb des Budgetlimits ein zu großer Schuss. "Selbst, wenn man nur den Heckflügel verstellen könnte, wäre das eine große Sache. Auf Basis einer voll verstellbaren Flügelebene sind das geschätzt eineinhalb bis zwei Sekunden pro Runde. Das kann kein Geld wieder wettmachen."