Ratzenberger-Teamkollege: "Man fühlt sich einfach nur leer ..."

David Brabham erinnert sich an den tödlichen Unfall seines Teamkollegen Roland Ratzenberger vor 26 Jahren und seinen eigenen Imola-Grand-Prix im Anschluss

(Motorsport-Total.com) - 26 Jahre ist es mittlerweile her, dass Ayrton Senna und Roland Ratzenberger in Imola ihr Leben ließen. Neben dem Tod des dreimaligen Formel-1-Weltmeisters wird der Rookie aus Österreich gerne vergessen, doch einer erinnert sich noch genau an das fatale Wochenende: David Brabham, der damals gemeinsam mit Ratzenberger für das neue Team Simtek fuhr.

Titel-Bild zur News: David Brabham, Roland Ratzenberger

David Brabham und Roland Ratzenberger waren 1994 Teamkollegen Zoom

"Das war eines dieser Szenarien, bei dem du nicht weißt, was du tun sollst oder wie du damit umgehen sollst", erzählt Brabham im Podcast 'Beyond the Grid'. Auch für sein Simtek-Team war der tödliche Unfall Ratzenbergs ein großer Schock. Denn für den Rennstall war es erst der dritte Grand Prix in der Formel 1 und kaum ein Teammitglied hatte zuvor den Tod eines Rennfahrers verkraften müssen.

Als die Nachricht vom Ableben seines Teamkollegen kam, habe es Brabham innerlich schon gewusst, wie er sagt. Denn der Australier war gerade auf der Strecke unterwegs, als Ratzenberger mit einem gebrochenen Frontflügel abflog und die rote Flagge herauskam.

"Als ich an die Unfallstelle kam, habe ich jemand an der Strecke arbeiten sehen und überall lagen lilafarbene Teile. Ich wusste, dass es Roland war", erzählt Brabham. "Und als ich um die Haarnadelkurve gefahren bin, habe ich kurz hochgeschaut. Was ich da gesehen habe, war schon genug, um zu denken, dass er es nicht geschafft hat."

Als er wieder an die Box gefahren war, fragte ihn sein Simtek-Team nach seiner Meinung. Doch obwohl Brabham mit dem Schlimmsten rechnete, konnte er das seinem Team nicht sagen. "Ich wusste es ja nicht, von daher wäre das nicht gut gewesen", sagt er. Doch die Nachricht trudelte im Laufe des Tages ein.

Roland Ratzenberger in Brasilien 1994

Ratzenberger fuhr in Imola sein drittes Formel-1-Wochenende Zoom

"Für die Formel 1 war das natürlich ein großer Schock. Aber auch für ein kleines Team wie Simtek. Wie zur Hölle sollten wir so weitermachen?", erzählt Brabham.

Team stellte Brabham frei zu fahren

Die Teamgründer Max Mosley und Nick Wirth sowie Formel-1-Boss Bernie Ecclestone stellten dem Australier am Abend frei, ob er am nächsten Tag zum Rennen würde antreten wollen. Zwar verspürte er keinen Druck zu fahren, doch Brabham wusste nicht so recht, was er tun sollte.

"Roland hätte nicht gewollt, dass ich dasitze und aufhöre, nur weil ihm etwas passiert ist. Und ich habe entschieden, dass ich das Warm-up fahren würde, um zu sehen, wie ich mich fühle", erinnert er sich. "Das haben sie akzeptiert."

Das Team habe ihn zudem überzeugen müssen, dass so ein Schaden nicht noch einmal auftritt. Schließlich war es ein technischer Fehler, der zum Abflug von Ratzenberger geführt hatte. Doch nach einer unruhigen Nacht trat Brabham schließlich zum Großen Preis von San Marino an.


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Am Limit sei er dabei aber nie gewesen. "Die Ereignisse des Vortages nehmen dir etwas", sagt er. "Du denkst, du gibst dein Bestes und bist am Limit. Aber wenn ich so zurückblicke, dann denke ich nicht, dass ich es war", sagt er.

Normalerweise habe er das Thema Sicherheit nicht im Kopf gehabt, doch an diesem Tag musste er an Ratzenberger denken und an seine Frau, die gerade schwanger war. "Aber ich habe mich okay gefühlt, von daher bin ich das Rennen gefahren. Ich hatte selber einen Schaden, aber glücklicherweise an einem sicheren Ort. Ich fühlte mich glücklich, dass ich lebend aussteigen konnte."

Vom Senna-Tod zuhause erfahren

Ayrton Senna hatte dieses Glück an diesem Tag nicht. Wenige Runden vor Brabham war auch der Brasilianer abgeflogen und wie Ratzenberger tödlich verunglückt. Und wie am Tag zuvor musste der Simtek-Pilot an dem Wrack vorbeifahren. Dass es Senna war, wusste er jedoch nicht, bis die Autos in der Startaufstellung gestoppt wurden.

Erst zuhause erfuhr er dann, dass auch Senna nicht überlebt hatte. "Das war ein weiterer Schock. Man fühlt sich einfach nur leer wegen des gesamten Wochenendes. Zwei Fahrer sind tot, ein Teamkollege. Da gehen einfach so viele Emotionen in dir vor", sagt er. "Ich erinnere mich, dass ich einfach nur dagesessen und geweint habe."

Ratzenberger selbst hatte Brabham bis dahin erst kurz gekannt - schließlich waren sie erst das dritte Rennen Teamkollegen in der Formel 1. Doch sie waren gerade dabei, sich besser kennenzulernen. "Es war seine große Chance", meint Brabham. Doch der Traum von der Formel 1 dauerte für Ratzenberger nur kurz.


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Wenn er heute noch über das Wochenende nachdenkt, kommen die Emotionen nicht mehr hoch. "Es ist viel Zeit vergangen", sagt er. "Und ich glaube, dass Dinge aus einem Grund passieren. Für mich persönlich sehe ich es als Teil des Lebens." Sein Vater Jack war den Tod im Rennsport aus seiner aktiven Zeit ohnehin gewohnt.

Für das Simtek-Team war die Zeit damals nicht einfach. Man hatte ohnehin kaum Geld und wusste nie, ob man es zum nächsten Rennen schaffen würde. In Monaco trat Brabham als einziger Fahrer für den Rennstall an, danach hatte er insgesamt vier weitere Teamkollegen.

In Spanien, dem Rennen nach Monaco, erwischte es seinen neuen Teamkollegen Andrea Montermini schon im Training ebenfalls schwer. "Ich erinnere mich, dass Nicks (Wirth) Beine wie Wackelpudding wurden und er zusammenbrach, weil er dachte: Nicht schon wieder", erinnert sich Brabham. Doch der Italiener brach sich bei seinem Unfall "nur" die linke Ferse und den rechten Fuß.

Roland Ratzenberger, David Brabham

Ratzenberger und Brabham kannten sich damals erst seit kurzer Zeit Zoom

"Es war aus vielen Gründen eine harte Saison", sagt Brabham. Der Große Preis von Spanien ein Jahr später sollte der letzte Grand Prix des Simtek-Teams werden.

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