• 22.02.2012 22:12

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Petrow nach Caterham-Premiere ernüchtert

Witali Petrow weiß nach seinem ersten Testtag im Caterham, dass er es 2012 deutlich schwieriger haben wir als 2010/11 bei Renault

(Motorsport-Total.com) - Nach seinem Rausschmiss bei Renault/Lotus muss Witali Petrow froh sein, für 2012 überhaupt noch ein Formel-1-Cockpit gefunden zu haben. Heute absolvierte er in Barcelona seinen ersten Testtag auf Caterham - und nach 69 Runden hatte der Russe als Neunter unter zehn Piloten knapp vier Sekunden Rückstand auf Spitzenreiter Nico Hülkenberg (Force India).

Titel-Bild zur News: Witali Petrow

Vier Sekunden fehlten Witali Petrow an seinem ersten Testtag

Ein bisschen Schadenfreude kommt beim Gedanken daran auf, dass sein Ex-Team Lotus wegen technischer Probleme schon abreisen musste, aber Petrow ist klar, dass er nicht in der Position ist, überheblich zu sein: "In die Top 10 zu fahren, ist so gut wie unmöglich", weiß er. "Im Moment ist Caterham kein großes Team, das muss einem klar sein. Es ist nicht möglich, hier einfach mal so neue Teile zu verlangen, die dann am nächsten Tag da sind. Schritt für Schritt werden sie da hinkommen, aber das dauert."

Um 15 Zentimeter größer als Kovalainen

Auch der heutige Tag lief schleppend an, weil zunächst einmal im Vordergrund stand, den 1,85 Meter großen GP2-Vizemeister von 2009 (Champion damals: Nico Hülkenberg) ins Cockpit einzupassen. Auch die Bremspedale mussten verstellt werden. Gegen Mittag bauten die Mechaniker den hinteren Querstabilisator um und veränderten das Drehmoment-Mapping des Renault-Motors. Anschließend zeigte sich Petrow zumindest etwas zufriedener.

Witali Petrow

Auf Witali Petrow kommt vermutlich eine schwierige Saison 2012 zu Zoom

Es sei "ein normaler erster Tag" gewesen, findet er im Nachhinein: "Du willst das Auto verstehen lernen, wie die Bremsen funktionieren. Es war ein positiver Tag. Das Wichtigste war, einmal zu erforschen, was mir gefällt und was ich mir vom Team in Zukunft am Auto wünsche. Morgen ist ein neuer Tag. Dann können wir anfangen, am Setup zu arbeiten, denn heute haben wir nur ein bisschen rumprobiert."

"Ich wusste nicht, was mich erwartet, denn es ist ein neues Auto, eine neue Nase, ein neues Team, ein neues KERS. Mir ist aber klar, wie alles funktioniert und wie wir das Setup verbessern können", fährt der 27-Jährige fort. "Am Nachmittag absolvierten wir ein paar Longruns, sodass wir nun Daten haben, die wir über Nacht auswerten können. Morgen ist noch ein sehr wichtiger Tag. Morgen geht der Test für mich erst so richtig los."

Erst am Freitag mit der Arbeit begonnen

Dann hoffentlich auch mit einer angenehmeren Sitzposition, denn für die Anpassung eben dieser hatten die Mechaniker seit dem ersten Kennenlernen am Freitag nur wenige Tage Zeit. "Die Position hat noch nicht ganz gepasst", gesteht Petrow. "Das Team hatte nur wenig Zeit. Unter den Umständen haben sie das Beste herausgeholt. Ich fühle mich einigermaßen wohl, nur die linke Schulter ist noch behindert. Aber daran werden wir morgen arbeiten."


Fotos: Witali Petrow, Testfahrten in Barcelona, Mittwoch


Wie generell noch viel Arbeit vor Caterham liegt: "Es ist ein anderes Team, andere Leute, ein anderer Anpressdruck. Ich möchte im Moment nicht darüber sprechen, wie gut wir sein werden oder mit welchen Teams wir es aufnehmen können. Vielmehr müssen wir einander kennenlernen und verstehen, was wir voneinander wollen. Wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen und näher an die vorderen Teams herankommen."

"Sie ziehen in eine größere Fabrik um und bekommen mehr Leute, bessere Anlagen, um die Kohlefaser-Bauteile selbst zu produzieren. Es geht in die richtige Richtung, eins nach dem anderen", gibt Petrow zu Protokoll. "Wir dürfen uns nicht unter Druck setzen, indem wir sagen, dass wir dieses Jahr den ersten Punkt holen müssen, sondern wir müssen genauso weiterarbeiten, wie sie es seit zwei Jahren tun."

Weniger Anpressdruck als im Vorjahr

"Du kannst in den Kurven nicht attackieren und du kannst keine Geschwindigkeit in die Kurve mitnehmen." Witali Petrow

Aber zwischen den Zeilen deutet der Russe an, dass es sein neues Team noch bei weitem nicht mit seinem früheren Arbeitgeber aufnehmen kann: "Der Anpressdruck ist anders, und wenn du weniger Anpressdruck hast, fährt sich das Auto automatisch anders. Du kannst in den Kurven nicht attackieren und du kannst keine Geschwindigkeit in die Kurve mitnehmen. Dieses Jahr sind die Autos sowieso anders, also habe ich auch keine zuverlässigen Anhaltspunkte."

Er selbst sei hingegen in guter Verfassung: "Körperlich fühle ich mich wirklich gut", ist Petrow zufrieden. "Es ist eine Weile her, dass ich in einem Auto gesessen bin, aber ich habe meine Fitness gehalten und hatte Spaß am Fahren." Und auch Caterham-Geschäftsführer Riad Asmat, quasi die rechte Hand von Teamchef Tony Fernandes, lobt ihn: "Für einen ersten Tag war das eine ziemlich fehlerlose Vorstellung. Genau das erwarten wir uns von ihm."

"Ein brauchbarer erster Tag", ergänzt Cheftechniker Mike Gascoyne. "Am Vormittag haben wir ihn eingepasst und dabei besonders auf die Bremsen geachtet. Er hat sich gut eingelebt und genau das getan, was wir von ihm wollten. Heute Nacht gehen wir ein paar Punkte durch - unter anderem suchen wir nach einem Setup, mit dem er sich wohlfühlt. Morgen erwarten wir dann am zweiten Tag auf der Strecke weitere Fortschritte."