powered by Motorsport.com
  • 29.09.2019 08:05

  • von M. Reyer, Co-Autoren: A. Cooper, S. Mitchell, V. Chorunschi

Nach "Bullshit"-Kommentar: Formel-1-Bosse gehen auf Fahrer zu

In Russland besuchten zwei ungewöhnliche Gäste das Fahrermeeting: Ross Brawn & Chase Carey haben nach Kritik der Fahrer offen mit ihnen über 2020/2021 diskutiert

(Motorsport-Total.com) - Als "Bullshit", "Unsinn" oder auch "Pflaster" wurde die Idee von Qualifying-Experimenten mit gestürzter Startreihenfolge 2020 von den Formel-1-Fahrern betitelt. Die überwiegende Mehrheit der Piloten lehnt den Vorschlag von Liberty Media ab. Nun sind die Formel-1-Verantwortlichen einen Schritt auf die Fahrer zugegangen.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn, Chase Carey

Ross Brawn und Chase Carey haben sich in Sotschi mit den Fahrern getroffen Zoom

Sportchef Ross Brawn und Formel-1-Boss Chase Carey haben am Rande des Russland-Grand-Prix ein Fahrermeeting besucht, um über die Bedenken der GPDA, verschiedene Ideen und potenzielle Regeländerungen zu diskutieren. Diese Geste wurde wohlwollend aufgenommen.

Die Fahrer hatten zuvor besonders kritisiert, dass sie in die Gespräche über mögliche Ideen nicht eingeweiht wurden. Der Vorstoß, Sprintrennen anstatt eines Qualifyings bei ausgewählten Rennen 2020 mit umgekehrter Startreihenfolge einzuführen, hat besonders die Weltmeister verärgert.

Carey: Vergleich mit dem Videobeweis im Fußball

Obwohl die Fahrervereinigung GPDA Vertreter zu Meetings mit den Schlüsselakteuren entsendet, stieg die Frustration unter den 20 Fahrern. Um die Gemüter zu beruhigen und abseits der Kameras und Mikrophone über gewisse Vorschläge zu diskutieren, haben Brawn und Carey am Freitagabend das Fahrermeeting besucht.

Die beiden haben keine spezifischen Details zu den Plänen des Formel-1-Managements bekannt gegeben, sondern vor allem betont, dass sich Ideen wie das Sprintrennen erst im Anfangsstadium befinden. Als "Experiment" bezeichnete der Sportchef bereits zuvor eine mögliche Implementierung an ausgewählten Rennwochenenden 2020.

Carey betonte außerdem, dass Innovation in jeder Sportart üblich sei und nannte den Videobeweis als ein Beispiel im Fußball. Die Fahrer haben das Gespräch hinter verschlossenen Türen mehrheitlich begrüßt. Max Verstappen verrät: "Sie wollen vielleicht ein paar Experimente durchführen", so der Red-Bull-Pilot.

Er betont aber auch: "Sie haben nicht gesagt, dass sie Samstagsrennen einführen werden." Der 21-Jährige hat sich gefreut, dass Brawn und Carey sich Zeit genommen haben, um viele Ideen zu erklären. "Darum ging es hauptsächlich im Meeting, und nicht: 'Wir werden dies und jenes machen'."


Grand Prix von Russland

Liberty Media sei vielmehr auf Augenhöhe in die Diskussion mit den Piloten eingestiegen: "Das sind die Ideen und wir erklären euch jetzt, was vielleicht passieren wird. Denn wir wollen, dass ihr wisst, dass wir den Sport besser machen wollen."

Der Toppilot begrüßt diese Ansage und findet: "Wir Fahrer spüren, was im Auto passiert oder wo es fehlt. Daher wäre es gut, wenn wir involviert werden." Valtteri Bottas bestätigt, dass die beiden Vertreter des Rechteinhabers einige Ideen gemeinsam mit den Fahrern besprochen haben.

Viele Entscheider "noch nie im Rennauto gesessen"

"Wir als Fahrer haben gebeten, dass mit uns mehr gesprochen wird, weil wir eine sehr gute Sichtweise haben." Das hat anscheinend Gehör gefunden, denn Brawn und Carey hätten laut dem Mercedes-Piloten versprochen, Rücksprache mit der GPDA zu halten, bevor etwas beschlossen wird.

Kevin Magnussen stimmt zu, dass die Fahrer in ihrer Rolle sehr viel zur Diskussion beitragen können. Er spürt außerdem eine Einheit in der Fahrervereinigung: "Wir als Fahrer rücken näher zusammen und haben ein gemeinsames Interesse an der Zukunft des Sports."

Der Haas-Pilot unterstreicht, dass schließlich nur die 20 Fahrer wirklich wissen würden, wie es sich im Auto anfühlt. "Viele Kerle, die die Entscheidungen treffen, sind noch nie in einem Rennauto gesessen", bemängelt er. "Daher war es schön zu sehen, dass Ross und Chase mit uns offen gesprochen haben."

Die beiden Formel-1-Bosse haben sich umgekehrt aber auch Feedback eingeholt. "Hoffentlich passiert das in Zukunft öfter", wünscht sich der Däne. Die Meinungen der Top 20 seien schließlich frei zu haben: "Sie müssen uns nichts zahlen dafür", schmunzelt er, "und wir sagen ihnen unsere Meinung." Diese Expertise sollte nicht ignoriert werden, fordert er.

Neueste Kommentare