Mercedes: Rivalität bald nur noch neben der Strecke?

Während das Mercedes-Duell die Freundschaft zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg auf die Probe stellt, könnte der Kampf auf der Strecke einseitig werden

(Motorsport-Total.com) - Es ist eine Szene mit Symbolcharakter: Nach dem beinharten Duell in Bahrain stürmte Nico Rosberg im Parc-ferme zu seinem Teamkollegen Lewis Hamilton herüber und umarmte ihn trotz der knallharten Abwehrversuche auf der Strecke. Die Szene hat gezeigt: Noch scheinen sich die Mercedes-Teamkollegen trotz aller Rivalität gut zu verstehen, doch die Betonung liegt auf dem Wort "noch", wie Ex-Weltmeister Alain Prost meint.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Lewis Hamilton

Wie lange stoßen Nico Rosberg und Lewis Hamilton noch freundschaftlich an? Zoom

Der Franzose glaubt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Freundschaft, die seit den gemeinsamen Kart-Tagen existiert, zerbricht. "Das ist ein Risiko für ihre Beziehung zueinander", sagt der "Professor" gegenüber 'Press Association'. Prost weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn zwei Teamkollegen in einem dominierenden Auto um den WM-Titel kämpfen. Über das legendäre Duell gegen Ayrton Senna bei McLaren braucht man wohl keine Worte mehr zu verlieren.

Wie sich die Situation bei den Silberpfeilen entwickeln wird, wird die Zeit zeigen, doch aktuell hält Lewis Hamilton alle Karten in der Hand. Vier Siege in Folge konnte der Brite zuletzt feiern, Rosberg musste sich dabei stets mit dem zweiten Rang zufriedengeben. Geht das so weiter, dann könnte ihn diese Ziffer auch teamintern verfolgen. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach Hamilton schon einen Nummer-eins-Status im Team besitzen soll.

Hamilton intern schon Nummer eins?

Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko glaubt jedenfalls daran, und sieht in der Barcelona-Strategie den Beweis. Der Österreicher kann nicht verstehen, wieso man Rosberg nach Hamiltons Boxenstopp noch so lange hat weiterfahren lassen, bevor er zu seinem letzten Stopp kommen durfte. Hätte man ihn früher hereingeholt, dann hätte Rosberg Hamilton noch abfangen können. Doch er vermutet, dass man das bei Mercedes gar nicht gewollt habe: "Hamilton muss einen Nummer-eins-Status haben. Sonst macht man so was nicht", urteilt er bei 'Sport Bild'.

Rosberg selbst will nicht glauben, dass sein Teamkollege einen entsprechenden Status besitzen soll. Er versucht zu erklären: "Meine Stopps müssen herausgezögert werden, damit ich Lewis am Ende mit frischeren Reifen attackieren kann." Ob das auch in der Praxis so funktioniert, steht auf einem anderen Blatt Papier. Doch es gibt noch weitere Anzeichen, dass der Weltmeister von 2008 seinem deutschen Teamkollegen in der Gunst des Teams den Rang abgelaufen zu haben scheint.


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Nach seinem Sieg in Barcelona schlich sich Aufsichtsratschef Niki Lauda im Motorhome von hinten an Hamilton ran und umarmte ihn wie einen Sohn - und wer den etwas unterkühlten Österreicher kennt, der weiß, dass diese Geste für den Dreifach-Weltmeister richtig unüblich ist. Zuletzt nahm Lauda Hamilton auch nach dem Rennen in China in seinem Privatjet mit, während Rosberg lange auf den Linienflug warten durfte. Und Urlaub auf Ibiza machte Lauda - der Urlaube im Übrigen hasst - auch nur mit dem Briten.

Prost: Duell offen bis zum Ende

Nach außen hin gibt man sich bei den Silberpfeilen aber weiter diplomatisch: "Es gibt keine Stallorder. Blödsinn!", winkt Lauda darauf angesprochen ab. Wie lange das noch der Fall sein wird, wird die weitere Saison zeigen. "Wenn sie weiter so dominieren, können sie die Fahrer bis zum Ende frei fahren lassen", überlegt Prost. "Wenn aber Red Bull stärker zurückkommt, dann können sie ein paar Rennen vor dem Ende sagen: 'Okay, wir werden eine Nummer eins und eine Nummer zwei haben.'"

Denn noch immer schwebt ja die Gefahr des Saisonfinales in Abu Dhabi über Mercedes. Dort gibt es doppelte Punkte, und ein Rennen könnte noch einmal alles auf den Kopf stellen. "Ich mag diese Regel nicht", wirft Prost ein und glaubt, dass wohl wirklich alles auf dieses eine Rennen hinauslaufen könnte, denn Hamilton werde Rosberg nicht abschütteln können. "Es gab zumindest zwei Rennen, in denen er (Rosberg; Anm. d. Red.) ein wenig schneller war als Lewis", sieht er das Duell noch komplett offen. Jetzt muss nur noch Mercedes dazu beitragen, dass es offen bleibt...