Mercedes: Brawn und Lowe vertragen sich
Die Gerüchte um eine mögliche Ablösung von Ross Brawn als Mercedes-Teamchef bestätigen sich nicht: Paddy Lowe als Ergänzung - vorerst
(Motorsport-Total.com) - Mit der Bekanntgabe der Verpflichtung von McLaren-Technikchef Paddy Lowe gerieten in Zusammenhang mit Mercedes-Teamchef Ross Brawn schnell Gerüchte in Umlauf. Das anerkannte "Superhirn" der Formel 1 müsse dem Neuzugang aus Woking bald weichen, hieß es. Lowe sei der Nachfolger von Brawn. Diese Spekulationen bestätigen sich nicht. Beim aktuellen Silverstone-Wochenende ist Lowe erstmals im Mercedes-Einsatz an der Strecke. Die Zusammenarbeit verläuft harmonisch und klar strukturiert.

© xpbimages.com
Silverstone: Paddy Lowe erstmals im Mercedes-Dress an der Rennstrecke Zoom
Lowe selbst stellt seine etwaigen Ambitionen nicht zur Schau. Er habe seit seiner Ankunft bei Mercedes Anfang Juni ein optimales Verhältnis zu Brawn. "Der erste, der mich begrüßt hat und mit dem ich eine Stunde beim Kaffee zusammensaß, war Ross Brawn. Er hat sich sichtlich über meine Ankunft gefreut und mich sogleich in das Geschäft eingeführt", sagt der britische Neuzugang. "Das zeigt doch deutlich, dass er sich wegen meiner Position keinerlei Sorgen macht."
"Ich hatte noch nie Angst um meinen Job, das war noch nie ein Faktor meines Denkens", stellt Brawn im Gespäch mit der 'FAZ' klar. "Ich habe immer das getan, wonach ich mich gefühlt habe. Wenn das nicht zu den Vorstellungen anderer Menschen passt, dann ist das schade. Aber ich werde mich deshalb nicht verändern. Mir war immer bewusst, dass das Leben in der Formel 1 wie eine Achterbahnfahrt ist." Und so könnten auch mal Gerüchte um einen möglichen Rückzug entstehen.
"Ich spüre jede Menge Motivation in mir, ich liebe diesen Nervenkitzel einfach. Mercedes hat eine schwere Zeit hinter sich, aber wir befreien uns gerade aus diesem Tief - und wir werden noch besser", sagt Brawn, der das Team 2008 von Honda übernommen hatte und Jenson Button im Folgejahr zum Champion machte. Anschließend verkaufte er an Mercedes. "Mit Nico und Lewis haben wir zwei der besten Rennfahrer der Welt, wir haben ein unglaublich starkes Team von Ingenieuren zusammen. Alles, was wir in den vergangenen achtzehn Monaten verändert haben, zahlt sich inzwischen aus.
Die Silberpfeile bedienten sich ausgiebig auf dem Markt für hochrangige Techniker. Man engagierte unter anderem Aldo Costa, Bob Bell und Geoff Willis - allesamt ehemalige Technikchefs von Formel-1-Teams. Und nun Paddy Lowe. "Die Konstellation ist perfekt, jeder von uns hat eine eindeutige Aufgabe", sagt Brawn. "Im Moment kümmert sich Bob um das diesjährige Auto, Aldo betreut das 2014er-Auto, und Geoff kümmert sich um das, was 2015 wichtig ist. Wir sind sehr gut aufgestellt."
Und was macht Lowe seit seiner Ankunft? "Ross ist im Moment Teamchef. Wir wissen nicht, wie lange er Teamchef bleiben möchte. Diese Pläne sind noch nicht geschmiedet. Ich bin gekommen, um das Team in seiner derzeitigen Konstellation zu verstärken. Es gibt viel zu tun und ich habe bereits damit begonnen. Was die Zukunft dann bringt, wird man sehen", sagt der langjährige McLaren-Techniker. "Ich kenne Ross seit mehr als 20 Jahren, ich hatte immer riesigen Respekt vor ihm. Auch wenn er leider oft derjenige war, der unser Team geschlagen hat."
Ob er Brawn als Teamchef beerben mag? "Es wäre okay für mich, wenn es so käme", gibt Lowe offen zu. "Ich bringe das mit, was man dafür braucht. Wir haben a auch noch Toto, der ein wichtiger Faktor im Team ist. Ich werde die Zusammenarbeit mit Toto genießen. Er hat eine erfrischende Herangehensweise. Er ist sehr gut in kommerziellen Dingen und er respektiert meine Fähigkeiten auf der technischen Seite. Auf dieser Basis ergänzen wir uns sehr gut."
"Eines Tages muss ich meine Karriere beenden, aber ich will erst aufhören, wenn wir an der Spitze stehen", erklärt Brawn. "Dann wird es den Tag geben, an dem ich feststelle, dass ich dem Team weniger geben kann, weil die Gruppe weiter wächst. Paddy hat jetzt seine Arbeit früher als erwartet begonnen, er muss sich erst einarbeiten, aber er wird viel Verantwortung tragen, und womöglich ändert sich meine Rolle dann noch einmal. Aber ich möchte es genießen, wenn wir in den nächsten Jahren für all die harte Arbeit mit Erfolg belohnt werden."

