• 17.06.2023 19:18

  • von Heiko Stritzke, Co-Autoren: Adam Cooper, Matt Kew

McLaren: Motoren-Werksintegration bringt nur "Millisekunden"

McLaren wird in der Formel-1-Saison 2026 eines von nur noch drei Kundenteams sein - Wie Teamchef Andrea Stella das zu McLarens Gunsten nutzen will

(Motorsport-Total.com) - McLaren-Teamchef Andrea Stella betont, dass er keinen Nachteil darin sieht, dass das Formel-1-Team aus Woking derzeit ohne Werksmotor für die neue Ära ab 2026 dasteht. Damit widerspricht er Aston-Martin-Teamchef Mike Krack.

Titel-Bild zur News: Andrea Stella bleibt auf absehbare Zeit Teamchef eines Kundenteams

Andrea Stella bleibt auf absehbare Zeit Teamchef eines Kundenteams Zoom

McLaren wird ab 2026 eines von nur drei Teams sein, das nicht mit einem Motorenhersteller kooperiert. Die anderen sind Williams und Haas. Audi übernimmt das bisherige Alfa-Romeo-Team, Honda steigt als Partner bei Aston Martin ein und Red Bull sowie AlphaTauri erhalten Ford-Werksmotoren, die von Red Bull Powertrains entwickelt werden.

Krack betonte, dass eine enge Einbindung des Motorenpartners von größter Bedeutung sei. Als Grund nannte er die zu erwartende hohe Komplexität der Antriebseinheiten, die perfekt in das Chassis integriert werden müssen.

"Man muss auf jeden Fall darauf achten, dass man als Chassishersteller wie McLaren beim Abschluss der Verträge für 2026 genügend Spielraum hat, um das Design der Antriebseinheit zu beeinflussen, damit man nicht ins Hintertreffen gerät. Und wir freuen uns, dass wir das wahrscheinlich erreichen können", sagt Stella dazu.

"Man möchte auf jeden Fall in einer Position sein, in der man alle Parameter beeinflussen kann. Für mich gibt es zwei Kategorien. Die eine ist das Layout, also wie man die Antriebseinheit zusammen mit dem Chassis in das Auto integriert. Die andere sind die Leistungsparameter, also wie man die Antriebseinheit tatsächlich betreibt."

Warum der Motor nicht das Entscheidende ist

Der letzte Punkt ist mittlerweile fast hinfällig, denn die Motorenhersteller sind per Reglement dazu verpflichtet, alle Teams mit dem gleichen Leistungsniveau auszustatten. "Darüber bin ich sehr froh", betont Stella.


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"Was das Layout betrifft, so wird dieser Punkt, wie gesagt, in den laufenden Gesprächen definitiv berücksichtigt. Und wir sind zuversichtlich, dass wir eine starke Position erreichen können".

Die Integration von Motor und Chassis bei einem Werksteam sieht er im Millisekundenbereich: "Unsere Probleme hängen derzeit nicht mit der Antriebseinheit zusammen. Sie sind viel grundsätzlicher. Darauf möchte ich mich konzentrieren."

"Und wenn ich darüber nachdenke, was wir aus aerodynamischer Sicht oder in Bezug auf die Reifen verbessern müssen, denke ich, dass die Antriebseinheit - auch in Bezug auf das Layout, die Konstruktion und so weiter - nur eine sehr geringe Rolle spielt. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass dies eines der letzten Elemente ist, die den Unterschied machen."

"Im Idealfall ist man ein Werksauto eines etablierten Motorenherstellers." Andrea Stella

Stella räumt jedoch ein, dass die Kundensituation nur das zweitbeste Szenario ist: "Ich sehe drei Stufen: Im Idealfall ist man ein Werksauto eines etablierten Motorenherstellers. Dann gibt es die Möglichkeit, dass man Kunde eines etablierten [Herstellers] ist. Wenn man aber [Möglichkeit drei] eine neue Partnerschaft eingeht, dann ist das ein Risiko."

Ein Szenario, das er auf jeden Fall vermeiden will: "Wir wollen 2026 unbedingt bei der Musik sein. Wir wollen nicht sagen müssen: 'Okay, jetzt müssen wir Jahre warten, weil das Projekt zu unausgereift ist.' Wir wollen vom Chassis her perfekt und vom Antrieb her solide aufgestellt sein. Aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich immer dafür entscheiden, ein Werksteam zu sein."

Eigener Motor kein Thema

Vorerst bleibt das Szenario Kundenteam aber bestehen. "Wenn es um die letzten Millisekunden geht, hoffen wir, dass wir das über das Chassis und die Aerodynamik kompensieren können. Wir wissen, dass es nicht die absolut beste Situation ist, aber wir glauben nicht, dass es ein entscheidender Faktor ist, um in Zukunft erfolgreich zu sein."

McLaren fährt derzeit mit Mercedes-Kundenmotoren

McLaren fährt derzeit mit Mercedes-Kundenmotoren Zoom

Einen Vorteil hat die Situation sogar: Sollte die Leistung nicht stimmen, kann der Zulieferer jederzeit gewechselt werden. McLaren wechselte nach dem Aus als Honda-Werksteam über Renault- zu Mercedes-Motoren, die man bis heute fährt.

"Das ist auf jeden Fall Teil der Gespräche. Vertraglich will man sicherstellen, dass bestimmte Qualitätskriterien für die Wettbewerbsfähigkeit erfüllt werden. Und wenn diese Kriterien nicht erfüllt werden, gibt es sogar die Möglichkeit, aus dem Vertrag auszusteigen. Wie in jeder guten Verhandlung ist das ein Kriterium."

Eine Möglichkeit, die Stella nicht erwähnt, ist die eines eigenen Motors. Als Automobilhersteller verfügt McLaren über eine Motorenabteilung. Doch Andrea Stella winkt ab: "Das ist für uns auf absehbare Zeit kein Thema."

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