• 11.04.2006 15:51

  • von Adrian Meier

Mateschitz: Werksmotoren zukünftig weniger entscheidend

Der Red-Bull-Erfinder glaubt, dass eine Kooperation mit einem Hersteller ab 2008 weniger wichtig ist - keine Anzeichen für F1-Einstieg von VW/Audi

(Motorsport-Total.com) - Bereits kurz nach dem Einstieg in die Formel 1 durch den Kauf von Jaguar hatte Red-Bull-Boss Didi Mateschitz klargestellt, dass er gerne Ferrari-Motoren verwenden würde, die man auch tatsächlich in dieser Saison einsetzt. Die 2006 neu dazugekommene Scuderia Toro Rosso verfügt dagegen noch über einen Vertrag mit Cosworth. Beide Abkommen laufen noch bis Ende 2007. Für die Zeit danach wäre laut Mateschitz ein Werksvertrag zwar wünschenswert, jedoch nicht zwingend erforderlich.

Titel-Bild zur News: Dietrich Mateschitz

Didi Mateschitz meint, dass die Rolle von Werksmotoren geringer werden wird

"Eine Kooperation mit einem Motorenhersteller ist immer hilfreich und gut", erklärte der Österreicher in einem Interview mit der 'Motorsport aktuell'. "Doch in den Jahren 2008, 2009 und 2010 wird sie weniger wichtig sein als in der jüngsten Vergangenheit. Weil das Reglement sinnvollerweise zu Verbilligung führt, was von allen begrüßt wird", spricht Mateschitz die geplante Einschränkung der Motorenentwicklung an.#w1#

Red Bull Racing als attraktiver Partner

"Um vorne mitzufahren, ist eine Partnerschaft nicht mehr absolut notwendig." Didi Mateschitz

Der Motor mache damit zukünftig nur noch etwa zehn Prozent des Budgets aus, "es ist also nicht so entscheidend, ob man ihn kauft oder in einer Partnerschaft bekommt. Um vorne mitzufahren, ist eine Partnerschaft nicht mehr absolut notwendig. Sie bleibt aber sinnvoll. Wird sie uns angeboten, ist es gut. Wird sie uns nicht angeboten, ist es auch gut, weil es keinen dramatischen Unterschied mehr macht."

Sein Team sieht er jedoch nach wie vor als einen sehr attraktiven Partner für einen Automobilhersteller, schließlich habe man die Performance, sei finanziell gut aufgestellt, betreibe ein erfolgreiches Nachwuchsprogramm und habe das notwendige langfristige Denken. "Wenn wir uns offen für eine Partnerschaft zeigen, tun wir das nicht als Bittsteller. Wir haben ein gutes Team zu bieten. Wir sind offen für alle Gespräche."

Derzeit keine Planung mit VW/Audi

Vor einiger Zeit wurde das schweizerische Sauber-Team immer wieder mit einem möglichen Einstieg von VW/Audi in die Formel 1 in Verbindung gebracht. Seit einiger Zeit gibt es nun hin und wieder Gerüchte, der Konzern könnte mit Red Bull zusammenspannen. Bereits in einigen anderen Motorsportbereichen, wie beispielsweise in der DTM oder der Rallye Dakar, ist Red Bull als Sponsor des deutschen Konzerns aktiv.

"Das Thema Audi hat inflationiert." Didi Mateschitz

Von einem Formel-1-Einstieg bei seinem Team will Mateschitz jedoch nichts wissen: "Das Thema Audi hat inflationiert. Ich kann mir vorstellen, dass Audi das Thema, ob es ein F1-Engagement gibt oder nicht, bisher nicht mal auf dem Fragenkatalog hat. Kurz- oder sogar mittelfristig ist das auszuschließen. Weil es für den Konzern vordringlichere Aufgaben gibt."

Jedoch erklärte der Red-Bull-Erfinder weiter, dass der Konzern womöglich in Auftragsarbeiten einzelne Teile, wie Getriebe oder Elektronikbauteile, entwickeln und produzieren könnte, und sich so in der Formel 1 engagieren könnte, ohne sich komplett zu einem Einstieg entscheiden zu müssen. Mateschitz will jedoch einfach abwarten, wie sich die Situation bei VW/Audi entwickelt und anschließend sehen, ob man über eine eventuelle Zusammenarbeit berät. "Für uns sind VW oder Audi nicht Bestandteil mittel- oder langfristiger Planung."

Meistens aktuelle V8-Motoren für Red Bull Racing

Red Bull Racing sei außerdem bislang mit den Ferrari-Motoren zufrieden, auch wenn Teamchef Christian Horner nach den Problemen mit der Zuverlässigkeit in Malaysia den Motorenpartner noch kritisiert hatte und sich beschwerte, dass die "Roten" sein Team als Versuchskaninchen missbrauchen würden. Bei der Kritik sei Horner möglicherweise falsch interpretiert worden, meinte Mateschitz. Im Gegenteil würde Ferrari neue Teile zunächst testen, und die Motoren dann nur an Red Bull Racing ausliefern, wenn die Neuentwicklungen für gut befunden wurden.

"Es stimmt nicht, dass wir immer eine Entwicklungsstufe hinter Ferrari liegen." Didi Mateschitz

Außerdem sichere der Vertrag mit den Italienern Red Bull Racing "völlig gleichwertige Motoren zu. Es stimmt nicht, dass wir immer eine Entwicklungsstufe hinter Ferrari liegen. Aber natürlich kommt zuerst Ferrari mit Michael Schumacher und Massa und vielleicht noch das Reserveauto." Wenn die Kapazität ausreiche, würde man jedoch gleichwertig bedient. "Wenn die Zeit nur für einen Motor der neuesten Ausbaustufe reicht, kann es passieren, dass wir keinen vergleichbaren Motor haben."

Einstufung des V10 der Scuderia Toro Rosso ist richtig

Unterdessen zeigte sich der Chef des österreichischen Energydrink-Konzerns erfreut darüber, dass die "hysterischen oder voreilig geäußerten Vermutungen über die Konkurrenzfähigkeit des Zehnzylindermotors" verklungen seien. Es habe sich gezeigt, dass die durch den Automobilweltverband FIA vorgenommenen Restriktionen richtig gewählt wurden.

Scott Speed vor Rubens Barrichello

Laut Mateschitz hat sich die Einstufung des V10-Motors als richtig erwiesen Zoom

"Die Teams müssen sich einfach daran gewöhnen, dass es Minardi nicht mehr gibt. Und dass nirgends geschrieben ist, dass sich der V10 am Ende aller V8 einreihen muss. Es steht nirgends, dass Minardi immer Letzter werden muss. Das ist ein Gewöhnungsprozess", erklärt Mateschitz, dass alle Diskussionen um einen möglichen Vorteil der V10-Motoren übertrieben seien. Außerdem sei unbestritten, dass die neuen hochdrehenden V8-Triebwerke stärker seien als der beschränkte Zehnzylindermotor, der von der Scuderia Toro Rosso nach wie vor eingesetzt wird.

Umrüstung während der laufenden Saison ist nicht möglich

Auch Forderungen, Red Bull hätte das entsprechende Geld, um sich einen neuen V8-Motor leisten zu können und müsse deshalb umrüsten, findet der 61-Jährige absurd: "Wir hätten gar keine Möglichkeit gehabt, einen V8 zu nehmen. Wir haben einen bestehenden Vertrag übernommen, den Minardi-Vorbesitzer Paul Stoddart mit Cosworth-Eigentümer Kevin Kalkhoven gemacht hat. Wir hätten lieber heute als morgen den V8-Cosworth", erläutert Mateschitz.

"Wir hätten gar keine Möglichkeit gehabt, einen V8 zu nehmen." Didi Mateschitz

Eine Umrüstung während der Saison, wie von der Konkurrenz ebenfalls teilweise vorgeschlagen, wäre zwar bezüglich der Kapazität Cosworths möglich, jedoch hält der Energydrink-Erfinder einen solchen Schritt trotzdem für nicht durchführbar, da man dazu eine komplett neue Motoraufhängung konstruieren müsste, und dazu "besteht keine Veranlassung".

Da die Liefervereinbarung bis Ende 2007 läuft, sei auch der Einsatz eines V8 in der nächsten Saison nicht sicher: "Wenn wir für nächstes Jahr den V8 bevorzugen, müssen wir mit Kalkhoven abklären, ob er uns die gleiche Entwicklungsstufe anbietet wie Williams, ob es genug Produktions-Kapazität gibt und so weiter." Außerdem werde es 2007 aufgrund der bisher starken Leistung des Achtzylindermotors der privaten Motorenschmiede wahrscheinlich noch einige andere Teams geben, die sich für die Aggregate interessieren. Deshalb sei es momentan noch zu früh, um über einen derartigen Schritt nachzudenken, sagte Mateschitz abschließend.