Lotus fürchtet: Montreal entlarvt Schwächen des E22

Bei Lotus fürchtet man, dass Montreal nicht zum E22 passt - sogar ein Rückbau der Radaufhängung auf die 2013er-Variante wird in Erwägung gezogen

(Motorsport-Total.com) - Der Knoten will bei Lotus diese Saison nicht so recht platzen. Seit dem Grand Prix von Spanien ist der E22 - zumindest verglichen mit den Überseerennen - konkurrenzfähig, doch technische Probleme verhageln dem Team aus Enstone stets die Grands Prix. Beim Klassiker im Fürstentum kam Pastor Maldonado wegen eines Defekts an der Benzinpumpe gar nicht in Fahrt, während Romain Grosjean nach einer Kollision in der Startphase mit Platz acht noch Schadensbegrenzung betrieb.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Romain Grosjeans Leistungen werden diese Saison nur bedingt belohnt Zoom

Somit hält Lotus in der Konstrukteurs-WM nach sechs Rennen bei mickrigen acht Pünktchen. In Kanada soll sich das nun deutlich ändern, obwohl die Vorzeichen nicht unbedingt günstig sind, denn auf dem Kurs auf der Ile de Notre Dame in Montreal zählt wegen der langen Geraden Motorleistung - und das ist nicht gerade die Stärke des Renault-Antriebsstrangs. Auch die langsamen Kurven sind dem E22 nicht unbedingt auf den Leib geschneidert.

"Wir wissen, wo wir das Auto verbessern müssen", sagt Grosjean. "Es ist nicht schnell genug in den langsamen Kurven. Außerdem versuchen wir, für Kanada mehr Leistung zu bekommen." Der Grand Prix von Kanada ist für den Franzosen eigentlich ein guter Boden: 2012 sicherte er sich dort den ersten zweiten Platz seiner Formel-1-Karriere.

Lotus plant Rückbau auf Vorjahresaufhängung

"Ich bin gespannt, wie viel Grip wir dieses Jahr auf diesem Kurs haben werden", spielt er auf den geringeren Abtrieb durch das neue Reglement an. Vor allem die Bodenhaftung in den langsamen Kurven bedarf aber seiner Meinung nach einer Verbesserung: "Wir konzentrieren uns jetzt auf die Aufhängung. Im Vorjahr war unser Auto diesbezüglich sehr gut, also werden wir den E22 mit dem E21 vergleichen. Vielleicht bauen wir unser Auto auf einen früheren Stand zurück, damit wir in den langsamen Passagen besser werden."

Die Aerodynamik macht ihm keine Sorgen, und auch bei der Antriebseinheit erkennt er Fortschritte. Dennoch stellt ihn das Team dieses Jahr auf eine Geduldsprobe, denn im Vergleich zum Vorjahr, wo man das Auftaktrennen gewann, gibt es dieses Jahr selbst nach dem sechsten Rennen deutlichen Verbesserungsbedarf.

"Es ist immer einfach, schnell zu sein, wenn das Auto gut ist", sagt Grosjean. "Man muss sich nur auf das Fahren konzentrieren. Wenn das Auto aber etwas kniffliger ist, dann muss man über das Fahren und das Fahrverhalten nachdenken, denn das Auto könnte unberechenbar reagieren. Und dann müssen wir noch all die unterschiedlichen Systeme kontrollieren, wodurch man mental richtig auf die Probe gestellt wird."

Maldonados Durchhalteparolen

Mental auf die Probe wird dieses Jahr auch Teamkollege Maldonado gestellt. Der Venezolaner sprach von der "besten Entscheidung" seines Lebens, als er von Williams zu Lotus wechselte, nun steht er aber mit null Punkten in der Fahrer-WM auf dem letzten Gesamtrang - eine schallende Ohrfeige, die aber auch auf die vielen technischen Probleme bei seinem Auto zurückzuführen ist.

Obwohl der Grand Prix von Monaco für ihn zu Ende war, bevor er beginnen konnte, gibt er sich weiter zuversichtlich: "Wir müssen härter arbeiten, um all die kleinen Probleme zu lösen und bei jedem Rennen besser zu werden. Diese sind zwar frustrierend, aber wir werden mit jedem Mal, wo das Auto auf die Strecke geht, stärker und stärker."

"Wir werden mit jedem Mal, wo das Auto auf die Strecke geht, stärker und stärker." Pastor Maldonado

Hoffnungen vor Montreal halten sich in Grenzen

Auch er sieht den Schwachpunkt des Autos in den langsamen Kurven. "In den mittelschnellen und schnellen Kurven wie in Barcelona waren wir sehr konkurrenzfähig", erinnert er sich. "Nur im letzten Sektor in Spanien haben wir im Vergleich zu den anderen etwas Zeit verloren, denn es handelt sich um den langsamen Teil der Strecke."

Da auch die Höchstgeschwindigkeit in Kanada eine große Rolle spielt, rechnet er mit einem "schwierigen Wochenende für das Team". Bei Lotus glaubt man vor dem Grand Prix von Kanada laut Maldonado "nicht an Spitzenplatzierungen - einfach wegen des Layouts der Strecke, der Stärken und Schwächen unseres Autos, und der Art und Weise, wie wir unser Auto verstehen." Trotzdem könne "alles passieren, und unsere Jungs arbeiten sehr hart, um das Auto anzupassen, um mehr Traktion in den langsamen Kurven zu finden und etwas mehr Höchstgeschwindigkeit herauszuholen."

Der einfache Grand-Prix-Sieger gibt sich geduldig, dass es bei Lotus bald aufwärts geht: "In schwierigen Zeiten ist es unerlässlich, absolut fokussiert zu sein und zu versuchen, die Probleme zu lösen. Ich versuche, es von meiner Seite besser zu machen und den Ingenieuren dabei zu helfen, das Auto zu verbessern. Wir befinden uns in einer entscheidenden Phase, da die Hälfte der Saison bald vorüber ist. Wir müssen hart attackieren, um den Rückstand aufzuholen, den wir uns zu Beginn der Saison eingehandelt haben. Es gibt keinen Zweifel daran, dass wir die Fähigkeit dazu haben."

Pastor, der Philosoph

Dass es sich auszahlt, geduldig zu sein, untermauert Maldonado mit einem Sprichwort: "'Zu lohnenden Zielen gibt es keine Abkürzung'. Das ist ein cooles Sprichwort, das ich gehört habe. Darin steckt viel Wahrheit."

Der Test in Barcelona nach dem Europaauftakt-Grand-Prix hat Maldonado "gezeigt, wozu das Team unter normalen Umständen in der Lage ist. Alles lief gut. Ich habe mich im Auto alleine wegen der Kilometer wohler gefühlt. Monaco hat nicht gezeigt, inwiefern sich das Team verbessert hat. Jetzt freue ich mich auf die Gelegenheit, zu zeigen, wie stark wir wirklich geworden sind."

"Zu lohnenden Zielen gibt es keine Abkürzung - das ist ein cooles Sprichwort, das ich gehört habe. Darin steckt viel Wahrheit." Pastor Maldonado

Dafür besonders geeignet seien die Strecken in Silverstone, Budapest oder Hockenheim: "Auf diesen Kursen benötigt man viel Abtrieb - das passt zu unserem Auto." Doch was rechnet er sich in Kanada aus? "Es wäre schön, ein problemloses Wochenende zu erleben und das Rennen mit einer starken Punkteplatzierung abzuschließen. Da das Wetter in der Vergangenheit immer sehr wechselhaft war, kann alles passieren. Es wird hart, weil es sich um eine sehr knifflige Strecke für uns handelt, wenn wir aber eine solide Performance zeigen und das Maximum aus dem Auto herausholen, dann sollten wir in einer guten Position sein."