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  • 11.03.2014 14:44

Lauda: Mercedes-Motor ist "das Maß aller Dinge"

Vor dem Saisonstart in Australien setzt alle Welt auf Mercedes-Power - So auch Niki Lauda, der im ausführlichen Interview über die Saison 2014 philosophiert

(Motorsport-Total.com) - Die Favoritenrolle schimmert beim diesjährigen Saisonauftakt in Melbourne silbern. Selbst wenn Mercedes seine guten Testeindrücke am kommenden Wochenende nicht sollte bestätigen können, stehen in der Warteschlange an erster Stelle die Kundenteams des Stuttgarter Konzerns. Das sieht zumindest Niki Lauda so. Im 'RTL'-Interview spricht der Aufsichtsratschef der Silberpfeile über die anstehende Saison und die gleichen Voraussetzungen der drei Motorenhersteller.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Logo

Mercedes reist als Favorit zum ersten Saisonrennen nach Australien

Frage: "Mercedes hatte in der Vorbereitungsphase eindeutig die Nase vorn. Ist das Team auch in Ihren Augen der natürliche Favorit auf den WM-Sieg 2014?"

Niki Lauda: "Ich bin froh, dass wir bei Mercedes mit Brixworth eine Motorenschmiede haben, die auf dem höchsten Level arbeitet - in der Vergangenheit genauso, wie jetzt auch bei diesem Motor. Deswegen sind wir im Moment, was den Motor angeht, das Maß aller Dinge."

Frage: "Wie sehr hinken die Motorenhersteller Ferrari und Renault hinterher?"

Lauda: "Ferrari ist für mich möglicherweise - das weiß man erst, wenn die ersten drei Rennen vorbei sind - immer noch ungefähr gleichauf mit Mercedes. Die Einzigen, die richtig schwanken im Moment, sind die Renaults. Sie bringen keine Kilometer zustande, weil sie nicht die Standfestigkeit von Ferrari und Mercedes haben, die einfach einen besseren Job gemacht haben. Das hat aber nichts mit Geld zu tun."

"Ferrari ist für mich möglicherweise immer noch ungefähr gleichauf mit Mercedes." Niki Lauda

Die gleichen Voraussetzungen beim Motorenbau

Frage: "Es hatte aber schon in der vergangenen Saison den Anschein, dass Mercedes bei der Entwicklung der neuen Antriebseinheit tatsächlich weit mehr in Personal und Technik investiert hat..."

Lauda: " "Nein, das ist immer die gleiche Mannschaft dort gewesen, die Investitionen sind für alle drei Motorhersteller die gleichen. So eine Motorentwicklung kostet eben Geld, aber da hat sich ja vom Grundaufbau der drei Firmen gar nichts verändert. Mercedes war immer Motorlieferant, Ferrari und Renault auch. Da wurde nicht zusätzlich in Manpower oder andere Dinge investiert, die sinngemäß gleiche Mannschaft hat parallel einen neuen Motor entwickelt."

"Die Investitionen sind für alle drei Motorhersteller die gleichen." Niki Lauda

Frage: "Wie hoch ist Ihr persönlicher Anteil an der derzeit guten Performance von Mercedes?"

Lauda: "Ich bin der Chairman on the Board. Ich bin in beiden Boards drinnen, beim Motor genauso wie beim Auto. Alles, was ich versuche zu machen, ist die Koordination herzustellen. Und ich muss sagen, die Koordination zwischen Brixworth und Brackley hat sich in den letzten eineinhalb Jahren, als ich dort begonnen habe, absolut perfekt entwickelt. Es ist eine tolle Zusammenarbeit da, auch mit unseren drei Kundenteams. Mit dieser Aufstellung und Kooperation bin ich sehr zufrieden."

Niki Lauda

Niki Lauda überwacht seit anderthalb Jahren die Prozesse bei Mercedes Zoom

Frage: "Was kann man von Mercedes beim Auftaktrennen erwarten?"

Lauda: "Ich würde mich auf Grundlage der Testfahrten zu der Aussage verleiten lassen, dass die ersten Drei bei der Startaufstellung in Melbourne mit Mercedes-Motoren fahren können. Allerdings, und das ist das Risiko wie bei allen anderen Teams auch, sind diese Motoren noch nie Rennen gefahren. Kinderkrankheiten kann also noch keiner behoben haben."

Turbo-Sound? Keine Bedenken!

Frage: "Wird der neue, leisere Turbomotor das Formel 1-Kribbeln kaputt machen?"

Lauda: "Wem ein Turbogeräusch, das genauso erregend und aufregend ist wie ein 8-Zylinder, zu leise ist, der soll die Ohropax herausnehmen. Ich sehe da überhaupt kein Handicap für die Zuschauer. Wenn in Melbourne die 20 Autos losfahren, wird das Bauchkribbeln genau so groß sein wie vorher. Diese ganzen Diskussionen sind nur Unkenrufe, die sich beim ersten Rennen alle in Wohlgefallen auflösen werden."

"Wenn in Melbourne die 20 Autos losfahren, wird das Bauchkribbeln genau so groß sein wie vorher." Niki Lauda

Frage: "Und wie stehen Sie zu der doppelten Punktzahl beim Saisonfinale in Abu Dhabi?"

Lauda: " "Ich bin grundsätzlich dagegen, weil das ein Gambling erzeugt. Aber Bernie Ecclestone wollte das, um die Zuschauerinteressen zu erhöhen und Spannung bis zum letzten Rennen zu haben. Und nun ist es eben so, damit können wir alle leben."

Frage: "Kann Serienweltmeister Sebastian Vettel den WM-Titel 2014 schon abschreiben?"

Lauda: "Dass Vettel nicht so starten wird wie in den letzten Jahren, ist vollkommen logisch, weil Renault mit seinem Motorkonzept nicht so weit ist. Aber wir wissen alle, dass in der Formel 1 schnelle Entwicklungssprünge möglich sind. Und wenn Renault nur Softwareprobleme hat, kann das ruck zuck gehen. Ich gehe davon aus, dass nach fünf Rennen alle von der Motorenleistung her wieder gleich unterwegs sein werden."

"Dass Vettel nicht so starten wird wie in den letzten Jahren, ist vollkommen logisch, weil Renault mit seinem Motorkonzept nicht so weit ist." Niki Lauda

Vielleicht fünf bis sechs Rennen Vorteile für Mercedes

Frage: "Aber müsste Mercedes nicht einen einmal erzielten Entwicklungsvorsprung über die Saison halten - ähnlich wie das Red-Bull-Team in den vergangenen Jahren?"

Lauda: "Die Motoren sind derzeit eingefroren, du kannst jetzt überhaupt nichts mehr tun. Wenn die Renaults und in abgeschwächter Form auch die Ferraris noch nicht ihre volle elektrische Leistung abrufen können, weil sie mit ihren Softwareproblemen beschäftigt sind, dann ist das ein temporäres Problem. Wenn sie aber die Software und das Aufladen der Batterie in den Griff kriegen, dann können sie über Nacht mit der gleichen Leistung fahren. Wenn sie keine weiteren Probleme haben, könnte der Entwicklungsvorsprung Mercedes in den ersten fünf bis sechs Rennen einen Vorteil verschaffen."

Frage: "Also heißt es für Mercedes, möglichst schnell einen Punktevorsprung herauszufahren?"

Lauda: "Das Wichtigste für uns alle ist, dass wir die ersten Rennen ins Ziel kommen müssen mit den maximalen Punkten. Die Testergebnisse zeigen, dass wir die Standfestigkeit am meisten getestet haben. Wir müssen unsere Leistung voll auszunutzen und gleichzeitig hoffen, dass die anderen vielleicht noch nicht ganz so weit sind."

Frage: "Die Vorgabe an Ihre Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton kann demnach nur heißen: Siegen..."


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts: Australien

Lauda: "Logisch, das ist das absolute Ziel! Aber auch, wenn du 4.000 Kilometer getestet hast, heißt das nicht, dass du keine Fehler mehr hast. Und dann spielen auch die unterschiedlichen Wetterbedingungen eine Rolle. Jetzt sind in Australien gerade über 33 Grad, am Samstag werden es vielleicht nur 29 Grad und am Rennsonntag haben wir plötzlich Regen. Wir sind mit diesen Turbo-Motoren noch nie im Regen gefahren, da können neue Probleme auf uns alle zukommen."

"Auch, wenn du 4.000 Kilometer getestet hast, heißt das nicht, dass du keine Fehler mehr hast." Niki Lauda

Frage: "In der aktuellen Diskussion um Sanktionen gegen Russland wegen der Krim-Krise kam bereits der Vorschlag auf, das Rennen in Sotschi zu boykottieren. Was halten Sie davon?"

Lauda: "Das ist völlig sinnlos, weil die Verantwortlichen - in dem Fall Bernie Ecclestone und die FIA - entschieden haben, dass dort gefahren wird. Und in diesem Fall hat jeder auch die Verpflichtung, dort zu fahren."

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