Konstruktion, Gewicht: Das ist an den Pirelli-Reifen wirklich neu

Mario Isola erklärt, was an den Pirelli-Reifen in Silverstone wirklich neu ist - Über die weitere Entwicklung sagt er, man könne nicht alle Wünsche der Fahrer erfüllen

(Motorsport-Total.com) - Beim Formel-1-Rennen in Silverstone kommt an diesem Wochenende erstmals eine neue Reifenkonstruktion von Pirelli zum Einsatz. Die neuen Pneus wurden zuvor bereits im Training in Barcelona getestet und werden ab sofort ganz regulär verwendet.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso möchte seine Heizdecken offenbar nicht hergeben ... Zoom

"Neu ist nur das Material, das wir 2024 einführen wollten", erklärt Mario Isola von Pirelli in diesem Zusammenhang. Die neue Konstruktion führte man bereits jetzt ein, weil die Autos in diesem Jahr einen Leistungssprung machten, der größer als erwartet ausfiel.

"FT1 entsprach unseren Erwartungen. Man darf nicht vergessen, dass [die Teams] die Reifen bereits in Barcelona getestet haben und das Feedback gut war", erinnert Isola, der betont, dass die Fahrer "keinen Unterschied" zur alten Konstruktion spüren.

Einen Unterschied gibt es allerdings beim Gewicht. "Ein Satz ist 400 Gramm schwerer als die vorherigen, also glaube ich nicht, dass es einen großen Unterschied macht", erklärt Isola, der betont, die FIA sei bereits seit einiger Zeit über neues Gewicht informiert gewesen.

"Es wurde beschlossen, das gleiche Mindestgewicht für die Autos beizubehalten", so Isola, der erklärt, dass das nicht die Entscheidung von Pirelli gewesen sei. Dafür verrät er, dass das Gewicht bei unterschiedlichen Reifensätzen durchaus etwas abweichen könne.

"Die Reifen können leicht unterschiedlich sein, denn beim Gewicht haben wir eine Toleranz von 100 Gramm. Wenn man also alle Reifen am Gewichtslimit hat, können sie 600 Gramm schwerer sein oder 650 Gramm. Aber andere Sätze sind etwas leichter", so Isola.

2024: Wichtiger Reifentest am Dienstag und Mittwoch

"Das war in der Vergangenheit immer so, das ist auch jetzt so", betont er. In dieser Hinsicht ändere sich also auch nichts. Während die Neuerungen in Silverstone demnach überschaubar bleiben, soll es 2024 deutlich größere Veränderungen bei den Reifen geben.

Aktuell sieht der Plan vor, die Heizdecken im kommenden Jahr komplett abzuschaffen. Dazu wird es am Dienstag und Mittwoch in Silverstone einen weiteren Test geben. Isola verrät: "Es ist nicht der letzte Test, denn für den Rest der Saison sind weitere Tests geplant."

"Aber nach diesem Test wird die Formel-1-Kommission entscheiden, ob wir die Heizdecken für 2024 verbieten oder nicht", so der Italiener. Es handelt sich also um einen wichtigen Test, nach dem es von Pirelli "eine Zusammenfassung" für die Teamchefs geben soll.


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"Natürlich werden wir auch alle Daten an die Reifenexperten der Teams weitergeben. Es geht also nicht nur um die Zusammenfassung", betont Isola, der mit einem Grinsen erklärt, für die Teamchefs werde man alles auf drei Seiten zusammenfassen, "damit sie nicht 40 oder 50 Seiten lesen müssen."

"Und dann hoffe ich, dass sie auf der Grundlage der Daten entscheiden werden. Wenn wir ein weiteres Jahr mit Heizdecken fahren wollen, werden wir das tun", zeigt sich der Italiener offen. Er gesteht nämlich, dass es noch immer einige offene Fragen gebe.

"Die Reifen, die ohne Heizdecken funktionieren, unterscheiden sich von den aktuellen Reifen. Man kann also nicht erwarten, dass die Aufwärmphase genau der Aufwärmphase der aktuellen Reifen entspricht, die auf 70 Grad erhitzt werden", erklärt er.

Noch offene Fragen bei Heizdeckenverbot

Das Problem: "Wir hatten nicht die Möglichkeit, die Reifen unter allen Bedingungen zu testen." Bislang sei man fast nur bei wärmeren Bedingungen gefahren, so Isola. Zwar habe es auch einen Mercedes-Test in Le Castellet bei etwas kühleren Verhältnissen gegeben.

Das sei aber noch in der Frühphase der Entwicklung gewesen. "Es war zu Beginn der Saison mit Mischungen, die nicht die endgültige Version der Mischungen waren", betont Isola und erklärt: "Wir müssen verstehen, welche Auswirkungen auf die Rennstrategien es gibt."

Denn wichtig sei, dass die neuen Reifen, der Show nicht schaden. "Aber die Richtung, auf die wir uns mit allen Interessenvertretern der Formel 1 geeinigt haben, ist, die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern und den Sport nachhaltiger zu machen. Und das tun wir auch", betont er.


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Trotzdem steht das Verbot der Heizdecken aktuell (wieder einmal) auf der Kippe. Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur sagt dazu, dass es noch "etwas zu früh" für eine finale Meinung sei. Denn zwar sei der eigene Test in Bahrain mit den Reifen "ziemlich gut" gelaufen.

Die Frage sei aber, was bei "extremen Bedingungen" passiere? Als Beispiel nennt der Ferrari-Teamchef Las Vegas. "Wenn man dort in der Nacht bei 4 Grad fährt, was könnte dann passieren? Ich denke, bei 95 Prozent der Bedingungen wird es okay sein", betont er.

Denn grundsätzlich habe Pirelli "gute Arbeit" geleistet, stellt er klar. Trotzdem bleiben Fragen, zumal sich in der Vergangenheit viele Fahrer gegen ein Heizdeckenverbot aussprachen. "Ich denke, wenn man der einzige Hersteller ist, dann ist es ganz normal, dass es Kritik gibt", erklärt Isola.

Warum Pirelli nicht alle Wünsche erfüllen kann

Konstruktive Kritik sei immer "willkommen", betont er und erklärt: "Ich verstehe, dass die Fahrer manchmal mit der Leistung oder dem Verhalten des Reifens nicht zufrieden sind. Aber manchmal gibt es auch einige seltsame Situationen."

So habe es 2022 noch viel Lob für die Reifen gegeben, erinnert er. "Dieses Jahr kritisieren sie wieder das Überhitzen. Und wir haben die gleichen Reifen wie vergangenes Jahr", betont er und erklärt: "Wir sollten also immer das Gesamtpaket betrachten, nicht nur die Reifen."

"Wir können uns natürlich noch verbessern, aber wir müssen jetzt einen Reifen entwickeln, der auch ohne Heizdecken funktioniert. Darauf konzentrieren wir uns also. Wenn wir an einem Reifen mit weniger Überhitzung arbeiten müssen, ist das eine andere Richtung", stellt er klar.

"Wir können das machen und tun das auch gerne. Aber wir müssen uns auf eine Richtung einigen", betont er. Und bei nur 25 Testtagen im Jahr könne man eben nicht alles haben, so Isola, der erklärt: "Wir können von den Teams nicht mehr verlangen als das, was sie im Moment tun."

"Ich verstehe den Aufwand, den sie betreiben, um uns das Auto für die Tests zur Verfügung zu stellen." Trotzdem sei Pirelli in seinen Möglichkeiten noch immer "ziemlich limitiert", betont er und erklärt, es sei daher nicht immer einfach, die Fahrer glücklich zu machen.

Zumindest im Hinblick auf die neuen Reifen an diesem Wochenende gab es bislang aber noch keine Kritik.

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