Inga on Tour: Campen rund um die Formel 1
Die 'Motorsport-Total.com'-Reporterin vor dem Europa-Grand-Prix über die Aktivitäten auf und neben dem altehrwürdigen Nürburgring
(Motorsport-Total.com) - Hallo liebe Formel 1 Fans!

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Auch das gibt es: Mit Mercedes Motorsportchef Haug über die Nordschleife
Ran an den Ring! Hoffen wir, dass die Eifel uns gutes Wetter bietet, doch wie immer ist hier auch im Sommer die Regenjacke auf jeden Fall mit dabei!
Zum ersten Mal seit 1995 nur ein Grand Prix ein Deutschland - Mercedes-Tribüne, BMW Pitlane Park, dazu die Nürburgring Erlebniswelt und jede Menge Grillpartys auf den Campingplätzen bei Wind und Wetter - in der Eifel ist wirklich was geboten. Für uns Journalisten ist vor allem am Donnerstag ein vollgepacktes Vorprogramm: So bietet sich die einmalige Gelegenheit, mit Mercedes AMG Fahrzeugen von Rennprofis um die alte Nordschleife gefahren zu werden - ein sensationelles Erlebnis, vor allem durch die alte Steilkurve!
Nach Mitfahrten mit DTM-Champion Bernd Schneider dachte ich vor einigen Jahren eigentlich, es gibt keine Steigerung, doch dann hatte ich die Gelegenheit, beim Chef selbst mitzufahren: Am Nürburgring greift auch Norbert Haug ins Steuer. Und wer dachte, der Mercedes-Motorsportboss sei ein eher gemütlicher Autofahrer, der hat sich gründlich getäuscht. An ihm ist ein Rennfahrer "verloren gegangen"!
Der Wagen stand quer, die Kurven flogen nur so auf uns zu und meine Kollegen und ich hatten als Passagiere das Gefühl, dass es nicht nur noch ein bisschen mehr Action war, als bei seinen "Angestellten" mitzufahren, sondern er auch schneller unterwegs war! Ob das stimmte, konnten wir leider nicht herausfinden, denn das Erlebnis wurde dann auch noch davon gekrönt, dass uns leider irgendwo im Wald der Sprit ausging. Haug blieb cool und souverän. Schnell eilte ein Servicepilot herbei und in null Komma nix hatten wir aufgetankt. Volle Fahrt voraus.
Am Donnerstagnachmittag ist dann auch die Red Bull "Off Track"-Aktion. Und es gibt wieder den BMW Pitlane Park für alle. Das ist wenigstens Abwechslung zum alljährlichen Ringprogramm vieler Fans: Sie stehen sich jeden Morgen und Nachmittag bis Abend vor dem Streckenhotel Dorinth die Füße platt. Denn hier logieren eigentlich alle Teamchefs und Piloten. Doch auch das längste Anstehen nutzt den Wenigsten: Piloten und Teamchefs kommen am Eingang während des Wochenendes eher selten vorbei. Das Hotel hat einen direkten Zugang durch den Tunnel, der vom Fahrerlager im Innenraum der Strecke zur anderen Seite führt.
Ansonsten ist abends in Nürburg selbst auch jede Menge geboten. Bierzelte mit Musik, Grillsteaks und viel Bier, jede Menge "Fressbuden" und Stände, wo man von der aktuellen Lewis-Hamilton-Kappe bis hin zum Miniatur-BMW-Rennanzug fürs Baby fast alle bekommen kann. Einen Besuch wert ist auch immer die Pistenklause. Ich mag dort vor allem die leckere Pasta, und an den hunderten signierten Bildern an den Wänden aus Jahrzehnten Motorsportgeschichte am Ring kann man sich dann restlos satt sehen!
Eine der größten Sammlungen von Formel-1-Modellautos kann man in der Tankstelle "Döttinger Höhe" bestaunen. Tankstellenbesitzer Retti kann einem so manche Formel-1-Anekdote erzählen. Beispiel? Anno 1972 blieb Weltmeister Emerson Fittipaldi mit leerem Tank auf der Nordschleife liegen. Retti half dem Brasilianer: "Dann haben wir den Sprit eingefüllt, er hat mich vor seinem Auto fotografiert, dann hab ich ihn vorm Auto fotografiert, dann ist er eingestiegen, hat sein Auto angelassen und Richtung Start und Ziel gefahren", erzählt Retti stolz.
Wer vom Formel-1-Trubel genug hat, kann sich der Nürburg widmen. Und die Wälder rund um den Ring laden zu Wanderungen oder gemütlichen Spaziergängen ein.
Der Kurs
Leute erinnern sich gerne an die Faszination und den Mythos der alten Nordschleife, auf dem neuen Nürburgring braucht man vor allem eine sehr gute Balance und guten mechanischen Grip, um dort gut abzuschneiden.
Er hat heldenhafte Piloten gesehen, berühmte Siege und furchtbare Unfälle.
Doch das ist die Geschichte des alten Nürburgringes, auf dem 22 Grands Prix stattfanden. Der neue Ring liegt direkt neben der Originalstrecke und hat nur den Bruchteil der Originallänge. Der neue, kurze GP-Kurs wurde 1984 eingeweiht, das Rennen gewann Alain Prost. Die nach neuesten Sicherheitsstandards gebaute Strecke ist 5,148 km lang, 60 Runden werden gefahren, das ergibt eine Renndistanz von 308,863 km. Es ist eine sehr moderne Rennstrecke, schnell, mit großzügigen Auslaufzonen. Der neue Nürburgring steht allerdings im Schatten des alten Rings mit der legendären Nordschleife. Der Top Speed wird mit 286 km/h Ende der Start Ziel und vor der Veedol Schikane erreicht, Überholmanöver sind vor allem wegen der ersten beiden Kurven möglich.
Die erste Kurve erlaubt den Fahrern mehrere Linien, weshalb sie dort einiges riskieren können. Allerdings muss man die zweite Kurve richtig hinkriegen und aufpassen, dass nicht der Gegner gleich wieder an einem vorbeizieht, den man vorher überholt hat. Die meisten Kurven auf dem Nürburgring sind relativ langsam, daher liegt der Fokus auf einer guten Fahrzeugbalance mit möglichst viel Abtrieb. Der Nürburgring ist ein "high-downforce"-Kurs.
Da es kein Hochgeschwindigkeits- oder Stop-and-Go-Kurs ist, werden auch die Bremsen weitaus weniger beansprucht. Man braucht ein gut ausbalanciertes Auto, das es ermöglicht, den Scheitelpunkt exakt zu treffen, dazu gute Traktion, vor allem aus den Haarnadelkurven heraus, eine gute Balance und Stabilität, dazu den besten Kompromiss zwischen Abtrieb und Geschwindigkeit auf den Geraden. Da die Fahrer oft unter Querbeschleunigung, also erst sehr spät in der Kurve, bremsen, ist die Reifenabnutzung ziemlich hoch.
2002 Jahr wurde der Ring nochmals umgebaut. Entstanden ist die Mercedes-Arena, fast wie das Motodrom in Hockenheim. Dort können die Fans die Boliden 16 Sekunden lang live sehen, dazu kamen neue Videowände.
Geschichte/Buntes
Der Titel "Grand Prix von Europa" wurde mehrfach bereits vor Beginn der Weltmeisterschaft 1950 verwendet. So fand 1923 in Monza ein Europa-Grand-Prix statt, drei Jahre später war es das Rennen in San Sebastian in Spanien. Damals war einer der Fahrer durch das heiße Wetter so geschwächt, dass er während des Rennens ins Krankenhaus musste. Wenig später kam er zurück, stieg wieder ein und beendete das Rennen! Zwei weitere Piloten machten eine kurze Pause und wurden, genau wie ihr kranker Kollege, disqualifiziert.
1954 gewann Formel-1-Legende Juan Manuel Fangio auf Mercedes am "Ring", 1961 demonstrierte Sir Stirling Moss eine seiner fahrerischen Glanzleistungen und besiegte mit seinem Lotus die überlegenen Ferrari. Mit dem 1968er Rennen hat sich Jackie Stewart seinen Platz in den Geschichtsbüchern des Motorsports verdient, als er die tückischen Wetterbedingungen meisterte und bei strömendem Regen mit einem Vorsprung von über vier Minuten gewann.
Diese Rennen fanden jedoch auf der legendären, 22,5 Kilometer langen Nordschleife statt. Berühmt-berüchtigt ist die "grüne Hölle" vor allem auch für spektakuläre Unfälle! Mit schwarzem Humor kommentiert Niki Lauda heute noch seinen schweren Unfall 1976, will jedoch verständlicherweise nicht unbedingt darauf angesprochen werden: "Ich kann mich nicht erinnern". Das Hinterrad seines Ferrari hatte sich gelöst, sein Auto war gegen die Leitplanke geknallt und wurde wieder auf die Piste zurückgeschleudert. Zwei nachfolgende Wagen rasten direkt in ihn hinein. Der italienische Pilot Arturo Marzario rettete ihn aus den Flammen, zwei Rennen später war Lauda wieder am Start und beendete die WM als Zweiter!
Ich freu mich auf den Ring und auf ein hoffentlich spannendes Rennen!
Eure Inga Stracke von der Strecke

