• 13.03.2014 14:57

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

"Immerhin wissen wir nicht, wer das erste Rennen gewinnt..."

Die Formel 1 auf dem Weg in ein neues Zeitalter: Wie die Piloten ihre neuen Arbeitsgeräte beschreiben, was sie sich von den Grands Prix versprechen

(Motorsport-Total.com) - "Ich freue mich auf die neue Saison", sagt Lewis Hamilton. Und das ist auch keine Überraschung. Schließlich brennen die Formel-1-Fahrer zu dieser Jahreszeit stets regelrecht darauf, endlich wieder ins Lenkrad zu greifen. Doch der vermeintliche Standardsatz, den vor dem Großen Preis von Australien in Melbourne nicht nur Hamilton geäußert hat, gewinnt 2014 nochmals an Bedeutung.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Pastor Maldonado, Sergio Perez

Formel 1 unter Palmen: In Melbourne beginnt das neue Zeitalter der Meisterschaft Zoom

Denn vieles ist anders in der Formel 1, vor allem die Technik, aber nicht nur. Und so zeigt sich Hamilton gespannt darauf, wie die Meisterschaft in ihr neues Zeitalter startet. Der Mercedes-Pilot versteht dies als Chance für die Königklasse, aber "nicht nur als Fahrer, sondern auch als Fan". Aus seiner Sicht scheinen die Weichen nämlich gestellt zu sein, um 2014 für reichlich Action zu sorgen.

"Als Fans willst du im ganzen Feld Überholmanöver sehen, verschiedene Rennsieger und dass die Titelentscheidung erst im letzten Rennen fällt. Ich hoffe, die Regeländerungen erlauben das", sagt Hamilton vor dem Formel-1-Saisonauftakt (Trainings, Qualifying und Rennen im Formel 1 Live-Ticker verfolgen!). "2014 ist, glaube ich, also das Jahr, in dem man unbedingt die Formel 1 verfolgen sollte."

Wie groß sind die Veränderungen wirklich?

Weil noch viele Fragen offen sind, wie Sauber-Fahrer Adrian Sutil betont. Er sagt: "Wenn du zum Beispiel gerade im Spritspar-Modus bist und sich hinter dir eine Schlange bildet, wie schnell werden dich deine Hintermänner überholen? Bedeutet es, dass du nach ein paar langsamen Runden zu Beginn am Ende einen Vorteil haben wirst? Die Rennen dürften also sehr interessant werden."

Auch er rechnet "mit vielen Überholmanövern" und einer gewissen strategischen Komponente, die vielleicht über das bisherige Maß hinausgeht. "Aber da haben wir jetzt natürlich noch keinerlei Erfahrungswerte", meint Sutil. "Da ist Spontaneität gefragt. Und dann schauen wir mal. Ich bin in jedem Fall sehr gespannt, wie sich die Rennen gestalten werden." Ob wirklich so viel anders ist?

Hamiltons Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg hat da seine Zweifel. Er glaubt: "Es ist nicht anders wie in den vergangenen Jahren in der Formel 1: Mit etwas Mitdenken kann man sich schon ein paar Vorteile verschaffen. Das war bisher schon so. In diesem Jahr kommen vielleicht noch einige Kleinigkeiten dazu. Es gibt aber nicht nur einen Weg zum Erfolg, sondern viele", so der Deutsche.

Wenn der Simulator an seine Grenzen stößt...

Und wo viele Wege sind, da gibt es natürlich auch viele Wege, die nicht zum Ziel führen. Diese Erfahrung haben die Teams bei den Wintertests gemacht. Weltmeister Sebastian Vettel und Red Bull können ein Lied davon singen, denn bei den Titelverteidigern lief es alles andere als rund. Und so sagt Vettel: "Erst einmal muss das Auto richtig programmiert sein. Das ist das große Stichwort."

Was übrigens auch, zumindest in gewisser Weise, für die Bedienung, also den Fahrer gelte. "Es gibt sehr viel Neues, auch was das Fahren angeht. Das muss man verstehen. Und dann kommt da noch unheimlich viel in einer Rennsituation, das man schwerlich simulieren kann." Auch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg stellt sich darauf ein: "Im Cockpit werden wir schon einiges zu tun haben", meint er.


Großer Preis von Australien

Seine Rolle als Rennfahrer habe sich dadurch aber nur bedingt verändert. Oder "im Grundsatz nicht", wie er es formuliert. "Das Auto hat immer noch vier Räder und ich muss dieses Auto möglichst schnell bewegen - zumindest im Qualifying, im Rennen gilt das nicht ganz so", erklärt Hülkenberg. Kollege Sutil verweist darauf, dass es sich in jedem Fall lohnen wird, das Auftaktrennen live zu verfolgen.

Ein Formel-1-Auto "tänzelt" wieder mehr

Denn für die Piloten ist die Formel 1 der Generation 2014 wieder mehr ein Ritt auf der Rasierklinge, wie McLaren-Fahrer Jenson Button andeutet: "Das Auto verzeiht weniger, weil einfach so viel Drehmoment anliegt. Man kommt gern mal mit überhitzten Reifen in die nächste Ecke. Du musst daher so dermaßen vorsichtig sein und bist nie sicher, wie viel Power du gerade einsetzen kannst."

Dafür scheint anderes einfacher geworden zu sein, wie Sutil anmerkt. "Die Drehzahlen sind nicht mehr so hoch. Das macht es einfacher, in den Kurven den richtigen Gang zu finden. Es ist nun nicht mehr so entscheidend, ob du jetzt den dritten oder vierten Gang nimmst. Es ist immer genug Leistung und Drehmoment da", erklärt der Formel-1-Routinier, der noch weitere interessante Beobachtungen gemacht hat.

"Als Fahrer wünschst du dir natürlich, dass dein Auto in jedem Jahr schneller ist. In diesem Jahr ist es langsamer, aber das ist nur eine Momentaufnahme", sagt Sutil. "Und das betrifft auch nur die Kurven. Auf den Geraden fühlt es sich sogar schneller an. Ich finde das gut." Kritiker werfen der Formel 1 aber vor, dass der charakteristische Lärm weggefallen ist. Nun fehle gewissermaßen das "Markenzeichen".

Okay, der Sound ist nicht mehr so der Hit...

Das will Hamilton jedoch nicht so stehen lassen. Er relativiert: "Der Sound ist jetzt nicht mehr so beeindruckend wie in der Vergangenheit. Aber wenn erst mal alle Autos in der Startaufstellung stehen, dann bin ich sicher, wird das noch immer beeindruckend sein für die Fans." Zumal die Motoren - oder besser: die Antriebsstränge - in diesem Jahr eine viel bedeutendere Rolle spielen als in der jüngeren Vergangenheit.

Jean Todt

FIA-Präsident Jean Todt plädiert dafür, dem neuen Formel-1-Reglement Zeit zu geben Zoom

Ferrari, Mercedes oder Renault: Wer hat das beste Paket entwickelt? "Das ist noch ein Fragezeichen", meint Williams-Fahrer Valtteri Bottas. Er wünscht sich daher ein Auftaktrennen im Trockenen, sodass mögliche Motoren-Unterschiede gleich offenbar werden. "Das könnte sehr interessant werden", meint er. "Und die unterschiedlichen Strategien dürften das Rennen ebenfalls sehr spannend gestalten."

Einen im Starterfeld scheint all dies indes völlig kalt zu lassen: Kimi Räikkönen. Der Ferrari-Rückkehrer glaubt nicht, "dass es so viel anders sein wird", wie er in Melbourne erklärt. "Da wir bisher aber keine Rennen gefahren sind, ist es schwer zu sagen. Warten wir es also einfach ab." Dafür plädiert übrigens auch der Präsident des Automobil-Weltverbands (FIA), Jean Todt, nochmals nachdrücklich.

Nur eines ist sicher: Alles ist offen!

Der frühere Ferrari-Teamchef gilt als großer Fan des neuen 1,6-Liter-V6-Turbomotor-Konzepts der Formel 1. "Die Zeiten ändern sich eben. Das müssen wir akzeptieren", sagt er im 'Daily Telegraph'. "Natürlich ist das auch eine emotionale Geschichte. Doch da muss man einfach ruhig bleiben, rational sein und die Situation objektiv bewerten. Es ist aber nur menschlich, Dinge gleich zu kritisieren."

Auch Weltmeister Vettel macht Werbung für Zurückhaltung: "Ich glaube, wir müssen jetzt erst einmal ein paar Rennen abwarten. Im Moment wird einfach zu viel geredet." Allerhöchste Zeit also, dass die Protagonisten Taten sprechen lassen. Und da hakt FIA-Präsident Todt nochmals ein: "Bernie Ecclestone sagte mir vor ein paar Tagen: 'Immerhin wissen wir nicht, wer das erste Rennen gewinnen wird.'"