• 05.06.2004 09:55

  • von Fabian Hust

Hubbert: "Katastrophale Entwicklung"

Jürgen Hubbert, Vorstandsmitglied der DaimlerChrysler AG, spricht über den derzeit blamablen Formel-1-Auftritt seiner Marke

(Motorsport-Total.com) - Halb so wenig WM-Punkte wie das Sauber-Team, die wenigsten Rennkilometer überhaupt - das McLaren-Mercedes-Team erlebt die schlechteste Formel-1-Saison überhaupt. Mittendrin im Schlamassel steckt Mercedes. Die unglaublich unzuverlässigen Mercedes-Motoren, von denen am Nürburgring erneut drei ihren Dienst verweigerten, kratzen am Image der bekanntesten Marke der Welt.

Titel-Bild zur News: Coulthard, Dennis und Hubbert

Jürgen Hubbert übernimmt Verantwortung für das schwache Abschneiden von McLaren-Mercedes

"Das ist meine Gesamtverantwortung. Ich bin für den Misserfolg verantwortlich, ich muss das Projekt gegenüber den Vorstandskollegen verantworten. Die sagen zu mir: 'Bring deinen Laden in Ordnung'.", so Jürgen Hubbert, Vorstandsmitglied der DaimlerChrysler AG, in einem Gespräch mit der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung'.#w1#

Hubbert kann derzeit über das Formel-1-Programm nichts Positives berichten: "Das ist sicher eine Entwicklung, die man nur als katastrophal bezeichnen kann. Tests auf dem Prüfstand haben deutlich gemacht, dass wir den Motor zwar in guter Absicht verändert, aber nicht so umfangreich getestet haben wie notwenig. Die Simulationsergebnisse stimmten mit der Realität nicht überein. Eine veränderte Kolbenspezifikation hat dazu beigetragen, dass die Motoren letztlich nicht funktionieren konnten."

Bei den kommenden Rennen muss man aus diesem Grund wieder auf die alte Kolbenspezifikation zurückgreifen. Dies wird dazu führen, dass der Motor vielleicht ein wenig zuverlässiger sein wird, aber er wird auch an Leistung einbüßen. "Wir werden, davon gehe ich aus, von Schäden, wie wir sie am Nürburgring erlebt haben, verschont bleiben. Aber wir werden auch nicht um Siege mitfahren", so Hubbert.

Im Winter dachte man bei McLaren-Mercedes, dass man konkurrenzfähig ist. Plötzlich realisierte man, dass einem mehr als eine Sekunde auf die Konkurrenz fehlt. Auch der Motor erwies sich als zu schwach: "Auf der Motorenseite haben wir versucht, zu Beginn fehlende Leistung auszugleichen", erklärt Hubbert. "Das hat zwar funktioniert, aber leider auf Kosten der Zuverlässigkeit. Wenn man am Anfang nicht das Paket beieinander hat, dann kommt es besonders unter einem solchen Rennprogramm wie in diesem Jahr zu solchen Entwicklungen."

Auch die kommenden Rennen werden für das Team hart werden, denn man muss mit dem anfälligen und zu schwachen Paket auf die Strecke gehen. Frühestens in drei Rennen steht der neue MP4-19B zur Verfügung. Im Heck hat dieser aber den alt bekannten Mercedes-Motor. Kann sich Mercedes weitere Motorenschäden überhaupt leisten? "Ich kann keinen Imageschaden erkennen. Tatsache ist, dass qualmende Motoren keine Auszeichnung sind. Da dies im Rennen vor rund 300 Millionen Fernsehzuschauern geschieht, kann das nicht förderlich sein."

Für den Mercedes-Boss steht aber fest, dass nicht nur der Motor Schuld daran hat, dass man derzeit keine Chance hat, mit der Konkurrenz mitzuhalten. Den Fahrern würde es auch am Vertrauen in das Auto fehlen, aus diesem Grund würden sie manchmal vom Gas gehen, statt auf ihm stehen zu bleiben: "Wir haben technische Lösungen angestrebt und umgesetzt, die sich in der Realität als nicht so gut erwiesen haben wie in der Theorie."

Hubbert nimmt absichtlich das Wort "wir" in den Mund: "Wir haben zwar nur eine Beteiligung von 40 Prozent an McLaren. Aber es gibt keine wesentliche Entscheidung in Grundsatzfragen, die nicht gemeinsam getroffen wird. Es besteht eine große Abhängigkeit voneinander. Ron Dennis, der am Mittwoch bei mir war, trifft keine einsamen Entscheidungen. Auf der anderen Seite haben wir inzwischen die Mehrheit an Ilmor, wir können also durchgreifen. Nur gebe ich nicht Herrn Newey und Herrn Illien Anweisungen, weil ich es nicht kann. Ich gebe ihnen die Möglichkeit dazu, halte ein Schutzschild über sie."