• 18.11.2012 12:09

Howard und Lauda: "Mir sind fast die Tränen gekommen"

Regiseur Ron Howard und Niki Lauda sprechen im Doppelinterview über den Kinofilm "Rush", der im Herbst 2013 in die Kinos kommt

(Motorsport-Total.com/SID) - Sport- und Filmfans fiebern dem Kinostart von "Rush" entgegen. Abgedreht ist der Hollywood-Streifen über die Rivalität der beiden Formel-1-Weltmeister James Hunt und Niki Lauda im sporthistorischen WM-Kampf 1976 bereits. Er befindet sich in der Post-Produktion und wird im Herbst 2013 weltweit in die Kinos kommen. Am Rande des Rennens in Austin stellten sich Regisseur Ron Howard (Oscars für den Besten Film und die Beste Regie für "A Beautiful Mind") und Lauda, dessen Feuerunfall auf dem Nürburgring ein Kernthema des Filmes ist, zum Doppel-Interview.

Titel-Bild zur News: Ron Howard

Ron Howard verfilmt vor "Rush" schon Flimklassiker wie "Apollo 13" Zoom

Frage: "Herr Lauda, haben Sie schon irgendwelche Szenen gesehen?"
Niki Lauda: "Ja. Und ich muss sagen, ich bin sehr erschrocken, als ich Daniel Brühl (spielt Lauda, d. Red.) so gesehen habe, wie ich nach dem Unfall aussah. Ich war damals verletzt, mir war wurscht, was die anderen bei meinem Anblick denken, denn ich hatte genug Probleme, mit der ganzen Sache fertig zu werden. Nun, als ich Daniel so gesehen habe, habe ich zum ersten Mal beurteilen können, wie die anderen mich damals gesehen haben. Deshalb verstehe ich heute, warum ich damit so viele Menschen verschreckt habe. Darüber hatte ich mir vorher nie Gedanken gemacht."

Frage: "Was dachten Sie, als Sie hörten, dass Daniel Brühl Sie spielen soll?"
Lauda: "Ich kenne mich mit Filmen ehrlich gesagt überhaupt nicht aus. Deshalb hat mir meine Frau erst einmal erklären müssen, wer Daniel Brühl überhaupt ist. Sie hat mir einige Filme von ihm gezeigt. Anschließend ist Daniel für eine Woche zu mir nach Wien gekommen, und wir haben uns vom ersten Moment an gut verstanden."

Frage: "Sind Sie denn zufrieden damit, wie Daniel Brühl Sie darstellt?"
Lauda: "Ja, er hat das super gemacht. Er spricht sogar wie ich. So, mit den Zähnen nach vorne." (Macht es vor, Howard lacht herzhaft).
Ron Howard: "Für Daniel war es vor allem schwierig, den Akzent richtig zu treffen. Deshalb war es ganz toll, dass er Nikis Telefonnummer in der Kurzwahl gespeichert hatte. Immer, wenn er vor einem Problem stand, habe ich gesehen, wie er sich zurückgezogen hat, heimlich sein Telefon zückte und kurz darauf Deutsch gesprochen hat."

Lauda wurde gut getroffen

Frage: "Glauben Sie, dass er Lauda im Ganzen gut getroffen hat?"
Howard: "Unbedingt. Alle, die Niki kennen, sagen, es ist unglaublich, wie gut Daniel Brühl ihn verkörpert. Darüber bin auch ich erleichtert. Das ist mein fünfter Film über reale Menschen, nach A Beautiful Mind, Apollo 13, Das Comeback und Frost/Nixon. Und es ist immer ein seltsames Gefühl, wenn diese Menschen diesen Film das erste Mal sehen. Ich habe schon zu meiner Frau gesagt: Ich hatte ja zum Glück einigen Erfolg in meinem Leben. Aber ich bin froh, dass mein Leben wahrscheinlich nicht interessant genug ist, um irgendwann verfilmt zu werden. Denn das muss ein ganz seltsames Gefühl sein."
Lauda: "Das ist es natürlich auch. Aber alles, was ich bisher gesehen habe, hat mich berührt und deshalb kann ich es kaum erwarten, den ganzen Film zu sehen."

Daniel Brühl als Niki Lauda

Daniel Brühl spielt in "Rush" die Rolle von Niki Lauda Zoom

Frage: "Haben Sie auch schon Rennszenen sehen können?"
Lauda: "Ja, und ich war wirklich beeindruckt. Und auch geschockt. Nun, im Rückblick ruft das alles mehr Emotionen in mir hervor als damals. Damals hatte ich keine Angst, ich habe mein Programm abgespult, war im Tunnel und darauf fixiert, zu gewinnen und am Leben zu bleiben. Bei einigen Szenen, die ich nun gesehen habe, sind mir fast die Tränen gekommen."

Frage: "Was war Ihr erster Gedanke, als Sie hörten, dass Ihre Lebensgeschichte zum Stoff eines großen Hollywood-Films wird?"
Lauda: "Es hat mich gefreut, aber auch überrascht. Und ich musste mich erst einmal an einiges gewöhnen. So hat mir Peter Morgan (Drehbuchautor, d. Red.) zu Beginn eine Menge Fragen gestellt. Als er mir dann seinen Entwurf gezeigt hat, habe ich mich beschwert, dass es so doch gar nicht gewesen ist. Peter hat sich daraufhin an meine Frau gewandt: Niki regt sich auf, hat er gesagt, aber das ist doch ein Hollywoodfilm. Heute weiß ich, er hat Recht. Aber einige Korrekturen musste ich dann doch vornehmen."


Dreharbeiten zu "Rush" auf der Nordschleife

Frage: "Zum Beispiel?"
Lauda: "Zum Beispiel die Stelle, an der er schrieb, dass wir den Schlüssel ins Auto steckten und den Motor starteten. Da musste ich ihm erklären: Es gab nie einen Schlüssel, wir haben einen Knopf gedrückt. Aber alles in allem hatten wir eine Menge Spaß."

Howard glaubt an den Erfolg

Frage: "Herr Howard, waren Sie immer schon ein großer Formel-1-Fan?"
Howard: "Nein. Ich war immer ein Sportfan, aber Motorsport hat mich ehrlich gesagt wenig interessiert. Aber lassen sie es mich so sagen: Ich wusste vor diesem Film mehr über die Formel 1, als ich vor Apollo 13 über die Raumfahrt wusste. (lacht) Ich habe Niki Laudas Namen gekannt, aber nicht seine Geschichte. Doch es ist mein Job, mich in ein Thema reinzuarbeiten, egal ob es um Politik, Raumfahrt oder Sport geht. Meine anfängliche Unwissenheit gepaart mit meiner Neugier ist vielleicht sogar ein großer Vorteil für die Zuschauer. Ich empfinde jedes neue Detail als spannend, und dann möchte ich diese Begeisterung teilen. Mein Ziel bei diesem Film ist es, dass diejenigen, die die Formel 1 lieben, den Geist wiedererkennen. Und dass sich Menschen, die keine Freude an der Formel 1 haben, an den Charakteren begeistern."

James Hunt und Niki Lauda in Kyalami 1977

"Rush" zeichnet das WM-Duell James Hunt gegen Niki Lauda nach Zoom

Frage: "Was wird der Film am Ende in erster Linie sein? Ein Sportfilm, ein Actionfilm oder ein Drama?"
Howard: "Ein Drama, ganz klar. Es wird natürlich zahlreiche Rennszenen geben, und wir sind sehr stolz darauf, dass wir die Szenerie und damit auch die Stimmung von damals wohl sehr gut rekonstruiert haben. Aber im Mittelpunkt stehen natürlich die beiden Charaktere Niki Lauda und James Hunt. Das war auch das, was mich an diesem Stoff am meisten gereizt hat."

Frage: "Wird 'Rush' eher ein Publikumserfolg oder eher ein Kandidat für Preise?"
Howard: "Darüber mache ich mir im Moment noch keine Gedanken. Aber es ist ein besonderes Projekt. Jeder wollte dabei sein. So etwas habe ich zuvor nur bei Apollo 13 erlebt. Viele haben sogar für weniger Geld gearbeitet als üblich. Und natürlich hoffe ich, dass es ein Erfolg wird. Und er hat alle Zutaten dazu. Eine einzigartige und wahre Geschichte mit großen Charakteren, Emotionen, Humor und Action, alles was ein guter Film braucht. Ich bin stolz auf den Film, aber es ist wie immer: Das Publikum entscheidet über den Erfolg, und die Jurys entscheiden über die Preise."